Kapitel 44

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Tyler

Was mache ich hier eigentlich? Diese Frage stelle ich mir schon zum zehnten Mal, seitdem ich auf meine Wanda gestiegen bin. Als ich an einem Supermarkt vorbei gefahren bin, habe ich sogar kurz überlegt, ob ich noch etwas Kleines besorgen sollte. Pralinen, oder vielleicht einen kleinen Strauß Blumen. Immerhin wurde ich zu einem besonderen Menschen eingeladen und es gehört sich, dass man sich für die Gastfreundschaft bedankt. In der gleichen Sekunde während diesem Gedankengang setzte meine vernünftige Seite des Gehirns wieder ein und ich gab mehr Gas. Ich kann nicht fassen, wie unterschiedlich mein Denken geworden ist. Hat mich vielleicht jemand mit einem Fluch, oder einem Zauber belegt? Anders kann ich mir diese Veränderung nämlich kaum erklären. An einem einzigen Tag habe ich es geschafft Savannah zu hassen und sie zu begehren, als wäre sie meine Hauptnahrungsquelle. Ich habe es wirklich versucht sie aus dem Kopf zu bekommen, aber die bittere Wahrheit ist leider, dass ich gerne in ihrer Gegenwart bin. Ich genieße es mit ihr zu diskutieren, aber auch die ruhigen und freundlichen Gespräche lassen mein Herz schneller klopfen. Wenn ich in ihrer Nähe bin, lädt sich meine soziale Batterie wie von selbst auf. Ich muss mich nicht in meinem dunklen Schlafzimmer verschanzen und darauf warten, dass ich wieder genug Laune habe, um anderen Menschen zu begegnen.

Trotz all den schönen Momenten und die guten Aussichten, bin ich auf der Hut. In meinem Leben ist noch nichts so geblieben, wie es ist, wenn ich mich bei jemanden wohlfühle. Ich bin es gewohnt nie zu bekommen, was ich mir wünsche. Und wenn ich Savannah einmal bei mir habe, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie mir jemand oder etwas wieder wegnimmt. Das ist auch einer der Gründe gewesen, weshalb ich unbedingt Distanz wahren wollte. Ich musste schon viel durchmachen, aber wegen einem Mädchen am Boden zerstört zu sein, kam noch nie vor. Und da das Schicksal ein Wichser ist, fehlt mir dieser Punkt sicherlich noch bei meinen Erfahrungen. Tja, mich von ihr fernzuhalten hat jedenfalls nicht sonderbar funktioniert. Verdammt, ich bin gerade auf dem Weg zu ihr, obwohl ich noch gestern Abend versucht habe mich mit einem anderen Mädchen abzulenken. Vor drei Stunde bin ich durch die Wohnung getigert und habe eine gottverdammte Pro und Kontraliste gemacht. Natürlich in meinen Gedanken. So geisteskrank, dass ich per Hand eine Tabelle anfertigen würde, bin ich noch nicht. Aber wie gesagt, das alles ist nur eine Frage der Zeit.

Um mich vor meinen eigenen Gedanken zu schützen, suchte ich mir ein leeres Blatt Papier und kramte in Maxwells Schreibtisch nach irgendwelchen Stiften. Ich fand einige Buntstifte, aber nicht in allen Farben. Rund eine Stunde verbrachte ich an seinem Schreibtisch, ließ meinen Gedanken freien Lauf und brachte es auf Papier. Es befreite mich nicht mit Worten zu denken, sondern mit Farben und Zeichnungen. Wie von selbst füllte sich das Blatt, es entstand ein Kunstwerk. Ein Kunstwerk, welches all die Wörter in meinem Kopf aufsaugte und in die Welt brachte. Zunächst dachte ich, Savannahs blaue Augen würden mich in dem Bild anlächeln, aber meine Fantasie hatte andere Pläne. Es entstand eine blühende Rose, mit allen Farben, die ich finden konnte. Eine bunte Rose, die alle Betrachtungsweisen meiner Hingabe zu Savannah ausdrücken. Nach der Vollendung meiner Kunst, stopfte ich das Bild in die unterste Schublade in Maxwells Schreibtisch und machte mich für das Treffen bereit.

Und jetzt bin ich hier. Angekommen in ihrer Straße und kurz davor in ihre Welt zu treten. Ich war noch nie bei ihr zuhause. Eigentlich war ich bei noch keinem Mädchen im Haus. Nur bei Stacey, aber das zählt kaum. Der Ort war für eine Zeitlang mein zuhause, ich kam mir nie wie ein Außenstehender vor.

Ich parke Wanda am Straßenrand, schalte den Motor ab und nehme den Helm runter. Instinktiv fahre ich mir durch die Haare, um sie etwas ordentlicher zu gestalten, dann schwinge ich mich vom Sitz. Den Helm lasse ich hier, ich laufe zur Haustür und merke erst jetzt, wie absurd das alles ist. Und trotzdem fließt Adrenalin durch meinen Körper, als ich meine Hand zur Klingel hebe. Die Sonne ist bereits hinter dem Horizont verschwunden, es kühlt eindeutig ab. Ich trage eine helle Jeans mit dem schwarzen T-Shirt, welches ich heute Morgen bereits in der Schule getragen habe. Meine Handflächen sind etwas feucht, was unmöglich vor Nervosität sein kann. Hallo? Warum sollte ich nervös sein? Immerhin kenne ich Savannah doch, verdammt. Dieses Mädchen stellt echt alles auf den Kopf. Kurzerhand überwinde ich mich und drücke auf die Klingel. Es dauert keine zwei Sekunden, bis die Tür aufgezogen wird und eine schüchtern lächelnde Savannah erscheint. Mein Mundwinkel schweift wie von selbst in die Höhe, was ihr verrät, dass es mich freut, sie zu sehen. Verräter seid ihr, ihr unkontrollierbaren Mundwinkel!

A sweet taste of loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt