Savannah
Ich fühle mich wie eine Verräterin, als ich meine Beine aus dem hohen Jeep schwinge und endlich wieder auf festem Boden stehe. Diese Autofahrt war die reinste Hölle, obwohl ich angefangen habe, mich allmählich in Tylers Gegenwart wohlzufühlen. Okay, ich würde es nicht direkt als wohlfühlend bezeichnen, eher als weniger qualvoll. Er konnte mir den ganzen Sauerstoff rauben, indem er einfach nur neben mir saß und Auto fuhr. Seine Worte konnten den Jeep nicht verlassen, sie befanden sich alle im inneren und vernebelten mir die Sicht. Gott, ich fühle mich echt erbärmlich in seiner Nähe. Denn egal, was für einen Mist Tyler von sich gibt, ich kann einfach nicht abschalten und weghören. Es geht nicht. Er zieht mich in einen Bann, aus dem ich keinen Ausweg finde. Mein gesamter Körper kribbelt und das, seit ich ihn am Straßenrand meines Hauses gesehen habe. Und dieses Gefühl bestärkt sich bei dem Gedanken, dass ich die Nacht mit verbringen werde. Ich korrigiere: Ich muss die Nacht mit ihm verbringen, da er mir schlichtweg keine andere Wahl lassen wird. Er ist ein Monster und man weiß ganz genau, dass diese in der Nacht am bissigsten sind. Ich sollte mich also auf die Hut begeben und nichts dem Zufall überlassen. Ich möchte alles, aber nicht Tyler als Feind.
Das Autokino ist voller als ich erwartet habe, was vermutlich an dem warmen Wochenende liegt. Die Touristen wimmeln sich hier noch herum, obwohl die Ferien zu Ende sind und der Sommer langsam abnimmt. Nur gibt es hier in Santa Maria keinen großen Temperaturen Fall nach den Sommermonaten. Auch im September kann es bis zu fünfundzwanzig Grad werden.
Ich liebe den Platz hier, da er ein Teil meiner Kindheit ist. Damals, als Mom und Dad sich noch verstanden haben, sind wir in den Ferien öfters hergefahren um einen Film anzuschauen. Dad liebte die Architektur, da das Autokino zu den altmodischsten Drive-In-Theaters in den gesamten USA gehört. Mom kam wegen des leckeren Popcorns, genau wie Lenny. Ich hingegen liebte es einen Film mit vielen anderen Leuten zu schauen, die in ihren eigenen Autos saßen. Ich fand ein Autokino schon immer besser, als ins Kino zu gehen. Damals als Kind schlich ich mich öfters weg, um zwischen den Autoreihen rumzulungern. Ich liebte es mir eine Familie auszusuchen, zu der ich meine eigene Geschichte erfinden konnte. Man sieht das Gesamtbild einer Familie, einer Freundesgruppe, oder eines Pärchens. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber ich fühlte mich mit den Menschen auf eine Weise verbunden, die sich nicht erklären lässt. Sie alle führen ihre eigenen Leben, doch so ein Film ließ alle zusammenkommen. Alle sitzen in ihrer eigenen Blase, hören aber den gleichen Sound, die gleiche Geschichte aus den Lautsprechern. Das gab mir Hoffnung und ließ mich in andere Geschichten eintauchen. Es gibt einfach so viel zu erleben. Jeder einzelne Mensch hat eine eigene Geschichte zu erzählen, jedem Menschen, den man begegnet, hat einen einzigartigen Werdegang.
Tyler parkte den Jeep gezwungenermaßen weiter hinten, da die meisten Autos bereits vor uns da waren und sich die besten Plätze geschnappt haben. Zum Glück ist die Leinwand riesig, sodass wir ohne Probleme dem Film folgen können, ohne eine Lupe zu brauchen. Nicht, dass ich besonderen Wert darauf lege, ausgerechnet aus diesem Jeep den Film schauen zu müssen. Ich würde mich liebend gerne in ein wildfremdes Auto setzen und zwei Stunden lang keinen Mucks mehr von mir geben. Doch ich bezweifle stark, dass Tyler mich von der Angel lässt. Und leider Gottes, zieht mich ein winziger Teil in mir selbst, in seinen Jeep hinein. Es ist wie eine unsichtbare Leine, die an mich und an seinen Jeep gebunden ist.
Das zuschlagen einer Autotür lässt mich zusammenzucken und wieder in die Realität schlüpfen. Während ich darauf warte, dass Tyler neben mir erscheint, werfe ich mir den Cardigan über und platziere den Gurt meine kleinen Tasche über der Schulter. Es ist doch frischer, als ich angenommen habe. Dabei sind wir mehr vom Strand entfernt als von uns zuhause aus. Ich hebe mein Kinn und schaue mir die ganzen Beleuchtungen an. Um das gesamte Geländer sind Balken aufgestellt, die allesamt mit farbenfrohen Lichterketten umschlungen sind. Die Lichter ragen von einem Balken zum anderen und bieten ein Meer voller romantischer Lichter. Ganz rechts stehen die ganzen Buden, wo sämtliche Snacks und Getränke verkauft werden. Es ist wie damals, es kommt mir wie eine Zeitreise vor. Nur jetzt wirkt die Leinwand kleiner als früher, der Zauber meiner Kindheit scheint verschwunden zu sein. Vielleicht liegt es daran, dass ich erkannt habe, dass zu jeder Geschichte eine düstere und dunkle Seite gehört.
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A sweet taste of love
DragosteEr versucht alle menschlichen Gefühle zu unterdrücken- Sie wird zu seiner Schwachstelle Liebe kann Wunden heilen, oder sie auch verursachen. Um sich selbst zu schützen, hält Savannah sich bei den Jungs zurück. Nicht ohne Grund haben ihre Eltern eine...