Kapitel 27

1.8K 84 7
                                    

Tyler

Ich saß noch nie mit einem Mädchen in einem Auto und habe ihre Präsenz so stark wahrgenommen. Es scheint, als hätte Savannah mir beim Einsteigen sämtlichen Sauerstoff gestohlen und durch ihren bezaubernden Geruch ausgetauscht. Ich rieche und fühle sie überall in diesem Jeep, der davor nach Öl und Werkzeuge gestunken hat. Immerhin benutzt Charlie den Jeep hauptsächlich zum Arbeiten. Ich habe eine ganze Stunde gebraucht, um den ganzen Kleinkram wegzuräumen, zu Staubsaugen und zu wischen. Verdammt, ich weiß auch nicht, welche Geister mich in dem Moment gejagt haben. Aber aus irgendeinem Grund sträubte sich alles in mir, Savannah in einen vermüllten Jeep sitzen zu lassen.

Sie berührt mich auf eine Weise, von der ich niemals gedacht hätte, dass es sie wirklich gibt. Als ich Charlie angerufen habe und ihn darum bat, mir den Jeep für einen Abend zu borgen, wollte er natürlich den Grund wissen. Ich fahre eigentlich nie Autos, nur zum Arbeiten, oder bei schweren Einkäufen. Die Worte, dass ich ein Date mit einem Mädchen habe, kamen mir erst gar nicht über die Lippen. Ich habe ganze drei Anläufe gebraucht, bis ich Charlie endlich seine Frage beantworten konnte. Er hat mich daraufhin ausgefragt und wollte alles wissen. Dabei weiß ich gar nicht, was alles überhaupt ist.

Savannah ist alles, aber ich kann noch nicht sagen, ob das etwas Gutes oder etwas Schlechtes ist. Womöglich so ein Zwischending.

Charlie weiß nur, dass es ein Mädchen aus meiner Klasse ist, mehr braucht der Alte nicht zu erfahren, sonst übergibt er seine ganzen Informationen noch Maxwell. Er würde mich mit Fragen zu löchern und behaupten, ich hätte doch ein Herz. Tief vergraben unter meiner festen Haut. Aber da irrt er sich. Kein Mädchen dieser Welt wird es schaffen mich zu ändern.

Ich habe Savannahs Masche schon gestern durchschaut, als sie mich um ein Date gebeten hat. Sie ist nämlich viel zu klug und ehrgeizig, als dass sie jemanden für eine Verabredung anflehen muss. Sie wird um ein Treffen angefleht, nicht andersherum. Ich habe nicht lange gebraucht, bis ich auf Chantal-Chiara getippt habe. Auf dem kurzen Weg von der Schule bis nach Hause, war mir alles klar gewesen. Chiara schafft es nicht, mich eigenhändig um den Finger zu wickeln, also sucht sie Hilfe bei einer Freundin, die ihre Verbündete wird. Zwei Weiber, die einem Jungen den Kopf verdrehen wollen. Und wer weiß? Vermutlich stecken hinter den Spielchen noch andere Mädels eine Rolle, die alle einen Dachschaden haben. Denn ich werde niemals im Leben mit Chantal-Chiara ausgehen. Dafür ist mir meine Zeit zu schade.

Ich hatte die Chance das vorgetäuschte Treffen zu canceln, da ich wirklich wichtigere Dinge zu tun habe, als in irgendwelche lächerlichen Spiele zu tapsen. Doch wo wäre dann der Spaß? Ehrlich gesagt, interessiert es mich, was sich die Mädels ausgedacht haben. Wie sie den Rotschopf und mich in ein Auto sperren wollen. Doch jetzt weiß Savannah bereits darüber Bescheid, dass ich sie durchschaut habe. Sie wirkte ziemlich überrascht, aber auch etwas erleichtert. Ihr könnt es Intuition nennen, aber ich glaube nicht, dass Savannah von Anfang an mit dem teuflischen Plan ihrer Freundin einverstanden war. Dafür findet sie es in meiner Gegenwart zu ätzend. Deswegen habe ich es mir als Aufgabe gemacht, sie heute nicht von meiner Seite weichen zu lassen.

»Woher wusstest du von meinem Plan?«, platzt es aus Savannahs Mund, nachdem sie mehrere Minuten völlig still und regungslos neben mir saß. Wir sind in wenigen Minuten am Ziel, aber ich verpasse absichtlich eine Abzweigung, damit wir noch etwas länger rumfahren müssen. Ich will unsere Ankunft hinauszögern, so bringe ich ihre Pläne durcheinander und verleihe dem Ganzen noch mehr Spontanität.

»War es denn wirklich dein Plan?« Ich hebe eine Braue und drehe meinen Kopf für eine Sekunde zu ihr, doch sie schaut nur nach vorne. In meinem Brustkorb sammelt sich Luft an, da sie meine Blicke nicht erwidert. Ich starre auf die Straße und umfasse das Lenkrad fester, sodass meine Knöchel weiß hervortreten.

»Ja.«, kommt es aus ihrem Mund geschossen, doch sie entscheidet sich blitzartig um. Sie atmet hörbar neben mir aus, bevor sie ihren Oberkörper etwas in meine Richtung dreht. »Nein! Natürlich nicht! Als würde ich es darauf anlegen mit dir Zeit zu verbringen! Meine Freundinnen haben sich diesen Plan ausgedacht und mich die Drecksarbeit erledigen lassen.« Sie seufzt auf, bereut es allerdings direkt, indem sie sich den Mund zuhält und mich anfunkelt. Es brennt in mir, weil ich mich zu ihr drehen möchte, aber ich habe Verantwortung für sie. Ich werde nicht zulassen, dass wir womöglich einen Unfall bauen, nur, weil ich ihre Schönheit festhalten möchte. So viel Verstand habe ich noch. »Damit möchte ich dich nicht als Drecksarbeit bezeichnen, nur könnte ich mir einen Freitagabend schöner vorstellen, als dir etwas vorzuspielen und dich in ihr Auto zu bekommen.« Sie lehnt sich zurück in den Sitz. »Wenn es nach mir ginge, würde ich einfach in einem x-beliebigen Auto sitzen und Popcorn essen. Diese Kopfschmerzen wegen dem Plan habe ich nicht verdient.«

»Bist du endlich fertig mit deinem Gebrabbel? Meine Güte, du kannst ja echt reden wie am Laufband.« Ich wische mir angestrengt über das Gesicht und setze dann den Blinker, bevor ich ins Gebiet des Autokinos einbiege.

»Ehm, sorry?« Ich kann ihre zusammengezogenen Augenbraunen förmlich vor mir sehen. Mit einem tiefen Atemzug reibe ich mir die Falte auf der Stirn weg, die immer auftaucht, wenn ich mit Savannah rede. Gott, dieses Mädchen schafft es zwei Seiten in mir aufzudecken, und das in einem Gespräch. Eine gute und reine Seite, die alle Wörter aufsaugen möchte, die ihren Mund verlassen. Und meine verkorkste, düstere Seite, die Kopfschmerzen bekommt, wenn sie so viel Mist redet.

»Du sollst dich nie für das entschuldigen, was du denkst oder fühlst. Du hattest keinen Bock auf mich und auf diesen Plan. Punkt. Dann brauchst du auch keine Ausreden zu erfinden, damit ich mich besser fühle.« Ich schaue sie kurz an und merke, wie meine beiden Seiten zu einem verschmelzen. »Ich breche schon nicht zusammen, Savannah. Ich habe keine Gefühle, die du verletzen könntest.« Sie starrt mich ohne Regung an, bis sie sich schließlich räuspert und sich unwohl auf dem Sitz bewegt. Ich schaue wieder nach vorne, drehe den Wagen bei der nächsten Möglichkeit um und erklimme den schnellsten Weg zum Autokino. Savannah scheint eine Pause meiner Präsenz zu brauchen und ehrlich gesagt, könnte ich ebenfalls frische Luft gebrauchen. Alles hier riecht nach ihr, es ist echt ätzend. Nur habe ich das beklemmende Gefühl, dass mich auch draußen ihr Duft jagen wird. Wie ein Fluch, den ich mir selbst zuzuschreiben habe.

»Ich habe auch nicht gedacht, dass du zusammenbrechen könntest, Tyler«, unterbricht sie nach einer Weile unsere Stille und flüstert eher, als laut zu sprechen. In meinem Hals bildet sich ein Knoten, ich umschlinge das Lenkrad fester, sodass meine Knöchel erneut hervortreten. Sie meinen Namen aussprechen zu hören, ist manchmal zu viel für mich. Wie eine Betäubung meiner Ohren, sie bringen mich außer Gefecht, als hätte mir jemand eine Faust ins Gesicht gerammt. Und gleichzeitig durchflutet es meinen großen Körper mit warmen Blitzschlägen und eine Gänsehaut breitet sich in meinem Nacken aus. Da nehme ich doch lieber die Faust ins Gesicht. Schön fest, damit ich endlich wieder zur Besinnung komme und mir dieses Mädchen aus den Kopf schlagen kann. »Du hast recht. Ich halte nichts von diesem Plan, weil ich keine Gefühle verletzen möchte. Chiara hat es nicht verdient jemanden so hinterherrennen zu müssen und du hast es nicht verdient, dass ich dich hinters Licht führe. Das wollte ich klarstellen.« Sie hat ihre Stimme wieder gefunden, sie klingt entschieden und aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass sie sich mir wieder zugedreht hat. Ich hingegen klebe meine Augen auf die Straße, damit ich erst gar nicht in Versuchung komme, ihr ebenfalls ins Gesicht zu schauen. Gerade jetzt würde ich es nicht ertragen. »Nach diesem Abend sollten diese Spielchen aufhören, okay? Ich bitte dich nur darum, ihr die Wahrheit zu sagen. Dann bist du auch nicht mehr gezwungen, dich mit mir abzugeben.« Sie setzt sich wieder aufrecht hin und faltet ihre Hände in ihrem Schoß.

»Okay. Nach diesem Abend werde ich ihr sagen, dass sie mit ihrer aufdringlichen Art nicht bei mir landen wird«, gebe ich mich schließlich geschlagen und merke, wie meine Mundwinkel zucken. »Aber...«

»Aber?« Savannah hat sich mir wieder zugedreht und ich kann nicht anders, als sie ebenfalls anzuschauen. Sie erschreckt leicht, als sie mein teuflisches Grinsen sieht. Ich lecke mir über die Unterlippe, bevor ich ihr antworte.

»Aber in dieser Nacht wirst du nur mir gehören.« Ich setze den Blinker und biege in die Straße ein, in der sich das Autokino erstreckt.

Savannah bleibt regungslos sitzen und ich glaube ihr mit meinen Worten die Sprache verschlagen zu haben.

Der Teufel gewinnt nun mal immer und ich wäre nicht ich selbst, wenn ich mir nicht diese Bezeichnung geben würde.

A sweet taste of loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt