Kapitel 17

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Savannah

Alles in mir wehrt sich auf diese Party zu gehen. Ich möchte in meinem Bett liegen bleiben, engumschlungen von Marzipan. Gestern bin ich nicht zur Schule gegangen, ich habe Mom vorgespielt, ich hätte zu starke Unterleibschmerzen. Sie ließ es mich durchgehen, ich lag den halben Tag mit meinem Laptop und Marzipan in meinem Bett und streamte eine gesamte Serie durch.

Das kurze Gespräch mit Tyler sitzt mir tiefer in den Nieren, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Wie kann mich ein Gespräch mit einem fremden so fertig machen? Mein Satz am Ende war schlimm, ich schäme mich zutiefst. Aber das kann nicht der Grund sein, weshalb ich mich nicht in die Schule getraut habe. Wir ignorieren uns immer während der Schule, das wäre gestern nicht anders gewesen. Trotzdem konnte ich etwas an ihm erkennen, was mir Angst gemacht hat. Weil ich selbst an diesem Punkt war. Ich kenne diese Art, er stößt alle Leute um sich herum weg. Er versucht etwas zu verstecken, damit er es besser verdrängen kann. Er ist dabei sich selbst zu zerstören, weil er es nicht verarbeiten möchte. Nur hat er keinen der ihn aus diesem Loch ziehen kann. Zumindest denke ich das. Ich hingegen hatte eine Familie, auch wenn sie völlig unstabil ist. Trotzdem hatte ich einen Anker. Tyler wird untergehen, wenn er nichts dagegen tut.

»Ich sollte hier bleiben. Meine Unterleibschmerzen ziehen mich nur runter, Paige«, jammere ich meine beste Freundin voll, die vor meinem Kleiderschrank steht und alles durchwühlt. Wir haben die letzten drei Stunden bei Regina verbracht. Sie zieht die Hausparty heute wirklich durch, nur, weil Brandon es möchte. Dass Regina keine große Lust dazu hat, würde jeder Blinde mit Krückstock erkennen. Wir haben alles vorbereitet, geputzt, die zerbrechlichen Sachen weggeräumt und alles nötige parat gestellt. Wir haben keinen großen Aufwand veranstaltet, es ist nichts geschmückt oder sonst was. Immerhin hat niemand Geburtstag, es ist einfach eine kleine Party.

»Du gehst hin. Deine Schmerzen sind sowas von erfunden, Sava. Vor einer Stunde hast du noch Tische hin und her getragen, dir fehlt nichts.« Augenrollend drehe ich mich auf meinen Bauch und lehne mein Kinn an meine Handfläche. Ich schaue Paige viel lieber dabei zu, wie sie mir ein Outfit zusammenwürfelt, als selbst zu grübeln.

»Das sind innere Schmerzen. Die kann ich auch empfinden, wenn ich mich körperlich anstrenge!«

»Ach, komm schon. Du hast keine körperlichen Schmerzen, sondern kaputte Gedanken. Wen möchtest du heute nicht sehen?« Sie wirft mir einen wissenden Blick zu, dann widmet sie sich lieber meinen Kleidern.

»Hier geht es um keine Person«, lüge ich ernst. »Ich würde nur lieber schlafen, als auf eine Hausparty zu gehen, auf die die Gastgeberin nicht mal Bock hat.« Außerdem will mich Regina bestimmt nicht sehen. Sie war schon beim Aufbauen kalt zu mir. Sie redet wirklich nur das Nötige mit mir.

»Geht es hier um Tyler? Oder um Brandon? Jemand anderes fällt mir nämlich nicht ein.«

»Wie kommst du den auf die beiden?« Paige kommt mit einem weißen Zweiteiler auf mich zu und legt es neben mich aufs Bett, bevor sie sich auf meinen Schminkstuhl nieder lässt. »Auf Brandon komme ich, weil er offensichtlich auf dich steht, obwohl er mit Regina zusammen ist. Und da du die Situation zwischen euch beiden am liebsten ändern würdest, würdest du lieber zu Hause bleiben, um sie nicht zu stressen.« Okay, das klingt äußerst plausibel. »Und auf Tyler komme ich, weil er einfach Tyler ist.«

»Weil er einfach Tyler ist?«, wiederhole ich spöttisch. Gott, seinen Namen auszusprechen verlangt mir viel ab. »Er ist also ein Eigenwort?« Paige sieht mich warnend an. Sie weiß was in mir vorgeht, auch wenn sie nichts von unserem Gespräch am Fitnessstudio weiß.

»Er lässt dich fühlen. Ob positiv oder negativ spielt hier keine Rolle. Aber du gehst mit mir zu dieser Party und am Ende von der Nacht wirst du mir sagen, dass du es nicht bereut hast. Zieh das an!« Sie zeigt freudig auf den weißen Zweiteiler neben mir. Den habe ich mir vor einer Ewigkeit gekauft und nie angezogen. Es besteht aus einer weißen, luftigen Stoffhose mit hohem Bund und einem weißen, bauchfreien Top. Das Top hat dünne Träger und einen gewagten Ausschnitt. Wenn Tyler mir nicht in die Augen schauen möchte, dann halt auf meine Brüste.

A sweet taste of loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt