Savannah
Ich starre das Müsli vor mir an, als müsse ich einen wissenschaftlichen Test darüber schreiben. Immer wieder tunke ich den Löffel in die Milch und beobachte die Flocken, die in der Flüssigkeit untergehen. Ich habe noch nichts davon gegessen, sondern versuche Hinweise von meinem Magen zu bekommen. Wie eine irre sitze ich verkrampft am Tisch und versuche mich daran zu erinnern, wann ich meine letzten Gehirnzellen verloren habe. Immerhin beobachte ich gerade Müsli in einer Milchschüssel. Und das minutenlang!
In den letzten Stunden musste ich andauernd über Dr. Wicks Worte nachdenken und versuche sie zu entschlüsseln. Ich verstehe, was sie ausdrücken wollte. Als sie mich aufforderte über meinen engen Freundeskreis nachzudenken, sind mir mehrere Geschichten eingefallen. Ich weiß noch ganz genau, wie aufgeregt und wie neben der Spur Regina war, als das mit Brandon angefangen hat. Das waren wenige Monate, bevor ich für ein Jahr zu meinem Dad zog. Wir saßen alle zusammen in der Mensa, Paige und die andere forderten sie immer wieder auf, ihr Tablett zu leeren, aber sie rührte ihren Teller nicht einmal an. Sie schob es beiseite und beteuerte, dass sie keinen Appetit hat. Regina übertrieb oftmals und gab Brandon die Schuld an ihrem ausgehungerten Körper. Und jetzt erfahre ich endlich, dass es anscheinend völlig normal ist. So reagiert der Magen also auf ein aufblühendes Herz. Und bei mir ist es genau andersherum. Verdammt.
Nur möchte ich nicht wahrhaben, dass ausgerechnet Tyler die Gabe hat, meine Paranoia über sämtliches Essen abzuschalten. Wenn das wirklich so ist, sind meine Hoffnungen auf ein gesundes Leben ziemlich gering. Denn die Verbindung die ich mit Tyler hatte, ist vorbei. Das Verfallsdatum wurde erreicht.
Und meine Versuche meine Freunde zu meiden ist ebenfalls vorbei. Gestern habe ich kurz mit Paige telefoniert, damit sie mir den neuen Stoff durchsagen kann. Zum Glück konnte ich das Thema um Tyler außenvorlassen. Heute wird mir das nicht gelingen, denn ich gehe wieder zur Schule. Paige sollte jeden Moment vor meinem Haus stehen und heute Nachmittag findet unser Cheerleading Training statt. Es wird also unmöglich sein Chiara und den anderen aus den Weg zu gehen. Und ich bin ihnen Erklärungen schuldig. Vor allen Chiara. Gott, wie viel kann ich erzählen, ohne sie zu verletzen?
Draußen erklingt das Hupen von Paiges Wagen. Hektisch stehe ich auf, stelle die volle Schüssel in das Waschbecken und packe mir noch einige Weintrauben in eine Dose. Meine Schultasche steht bereits im Flur, schnell schlüpfe ich in meine weißen Vans und öffne die Haustür. Mein Magen dreht sich um, als ich Paige sehe. Tief durchatmen, Savannah. Sie ist deine beste Freundin und wird dich niemals verurteilen. Nachdem ich die Haustür zugeschlossen habe, renne ich zur Beifahrertür und steige ein.
»Guten Morgen, Sonnenschein«, begrüßt mich Paige fröhlich und reicht mir eine Papiertüte. »Da sind zwei Zimtschnecken drinnen. Bediene dich.«
»Hey.« Ich linse kurz in die Tüte und schnalle mich an. »Wow, danke. Das riecht himmlisch.«
»Ja, anders erträgt man die zwei Mathestunden gleich gar nicht.« Paige verdreht die Augen, setzt den Blinker und fährt los. Die Sonne scheint ziemlich hell und dass bei der frühen Uhrzeit. Ich klemme die Sonnenblende runter und suche meine Brille, die in meiner Tasche liegt. Heute trage ich eine beige Stoffhose mit einem schwarzen Top ohne Träger. Darüber habe ich noch ein Sweatshirt gezogen, damit mir nicht kalt wird. Was wie es aussieht, heute nicht der Fall sein wird.
»Hatten wir Hausaufgaben auf? Verdammt, wenn ja, dann habe ich sie vergessen.«
»Wenn du möchtest, kannst du sie bei mir schnell abschreiben. Sie liegen in meinem blauen Ordner.« Sie nickt in Richtung ihres Rucksacks, doch ich winke ab.
»Vielleicht im Unterricht noch schnell.«
»Ich habe so keine Lust heute draußen zu trainieren.« Sie atmet frustriert aus. »Regina hat alles gegeben um eine andere Möglichkeit zu finden, aber Mrs McKellar ist auf nichts eingegangen. Wir müssen also mit den Jungs teilen.«
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A sweet taste of love
RomanceEr versucht alle menschlichen Gefühle zu unterdrücken- Sie wird zu seiner Schwachstelle Liebe kann Wunden heilen, oder sie auch verursachen. Um sich selbst zu schützen, hält Savannah sich bei den Jungs zurück. Nicht ohne Grund haben ihre Eltern eine...