Kapitel 50

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Savannah

Er hat nicht mehr mit sich reden lassen! Ich kann nicht fassen, dass Tyler mich zwingt auf seine Wanda zu steigen. Auf seinen kostbarsten Besitz, der einen so leicht in den Tod stürzen kann. Es ist so typisch Tyler, dass er mir einfach nicht mehr auf meine letzten Nachrichten geantwortet hat. Wenn er was entschieden hat, ist es so. Er geht kaum Kompromisse ein, manche Themen sind bei ihm einfach keine Diskussion wert. Und genau so ist es heute Abend. Seit zehn Minuten stehe ich draußen am Straßenrand und warte auf die hellen Scheinwerfer, die in die Straße biegen. Mom ist bei einer Freundin, also bemerkt sie gar nicht, dass ich hier am Straßenrand lungere. Ich bin etwas früh dran, mich hat nichts mehr im Haus gehalten. Je früher ich Tyler sehe, desto schneller kann ich ihn mit meiner Handtasche vermöbeln. Nur leider habe ich keine Handtasche dabei, sondern einen kleinen Rucksack. Wenn ich ein paar Steine einpacke, tut es vielleicht ausreichend weh. Er weiß genau wie ungern ich auf sein Bike steigen möchte, da hat er ein paar Schläge verdient. Auch einige, weil er meine letzten sieben Nachrichten einfach ignoriert hat. Ja, ich habe ihm noch sechs weitere Nachrichten geschrieben!

Um mich in Motorrad Stimmung zu kriegen, habe ich mir eine schwarze Lederjacke angezogen. Dazu trage ich dunkle Jeans und ein helles Sweatshirt. Es wird kalt sein am Ufer, geschweige denn die Fahrt. Meine Haare sind zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, damit sie nicht im Wind hin und her wehen. Obwohl Tyler es verdient hätte, dass meine langen Haaren andauernd in seinem Gesicht landen.

Wenn meine Mom wüsste, worauf ich mich hier einlasse, würde sie mich in mein Zimmer sperren, bis ich wieder zur Vernunft komme. Wie mein großer Bruder wohl reagieren würde? Ich bin mir nicht sicher, wie er zu Motorrädern drauf ist. Ich erinnere mich aber noch an den Morgen, als Dad in der Zeitung über einen Todesfall am Highway gelesen hat. Der junge Mann war mit einem Bike unterwegs, kam von der Straße ab und krachte gegen die Leitplanke. Er war sofort tot. Das war der Moment gewesen, indem mein Dad Lenny verboten hat, jemals auch nur auf den Gedanken zu kommen. Und da war mein Bruder vierzehn. Ich bin selbst kein großer Fan davon. Als Paige und ich an meinem Ankunftstag an den Strand gefahren sind, um uns mit den anderen zu treffen, habe ich Tylers Motorrad zum ersten Mal gesehen. Ich korrigiere. Seine Wanda. Da wusste ich noch nicht, wem es gehört. Meine ersten Gedanken waren aber, wie sich jemand in unserem jungen Alter so eine gefährliche Maschine zulegen konnte. Und jetzt wundert es mich gar nicht mehr. Es ist ein Teil von Tyler. Ich konnte es lange nicht verstehen und so ganz verstehe ich es immer noch nicht, aber es ist seine Sache. Ich werde niemals versuchen ihn zu ändern. Und wenn das bedeutet, dass ich mich heute auf seine Wanda setzen und die Zähne zusammenbeißen muss, dann mache ich das. Ich vertraue Tyler. Ich vertraue ihm so sehr, dass ich keine Angst haben werde. Außerdem kann ich dann meine Arme eine ganze Zeitlang um ihn schlingen. Das ist es mir wert.

Laute Motorgeräusche brummen auf. Ich wirble herum, wobei ich beinahe vom Bürgersteig stolpere, und erkenne Wanda rasend auf mich zukommen. Mein Herz lässt einen Schlag aus, als Tyler direkt neben mir abrupt abbremst, wobei das hintere Rad etwas vom Boden abhebt.

»Na, Zuckerpuppe?« Tyler stellt den Motor ab und zieht sich den Helm ab. »Du siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen.« Sein unverschämtes Grinsen sieht unverschämt gut aus! Ich beiße mir auf die Lippe um ein Lächeln zu unterdrücken und umgreife die Riemen meines Rucksacks.

»Vielleicht bist du ja einer«, kontere ich belustigt. Seine Haare sind wild zerzaust. Ich möchte meine Hände ausstrecken und sie berühren, sie ordentlich machen. Aber ich verbiete es mir, meine Finger legen sich fester um die Riemen.

»Wenn ich ein Geist wäre, wüstest es du es.« Er schwingt sich vom Motorrad und für einen Bruchteil der Sekunde nehme ich an, dass er mich küssen will. Oder seine Arme um mich legen möchte. Ich bleibe angespannt stehen, meine Atmung ist flach. Aber es passiert nichts. Er lehnt sich elegant gegen Wanda, schiebt seine Hände in die Jeanstaschen und grinst mich verschmitzt an.

A sweet taste of loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt