Kapitel 49. Ein Lichtblick

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Eben war ich noch im Nichts gewesen. Eben war ich dem Schleier noch so nahe gewesen, dass ich ihn hatte berühren können. Eben war der Wächter noch an meiner Seite gewesen, aber dem war nun nicht mehr so. Ich saß auf dem kalten Boden auf der anderen Seite des Risses und versuchte meine Umgebung neu erfassen zu können. Sandkörner unter meinen Handflächen und auch in der Luft. Richtig, wir waren in einer Feste in der Wüste gewesen, bevor wir durch den Riss des Inquisitors verschwunden waren. Der Geruch nach Blut haftete an mir, aber auch an allem um mich herum. Neben mir lag eine Leiche eines Soldaten der Inquisition und daneben ein toter Dämon. Viel Krach von allen Seiten dröhnte in meine Ohren, die sich an die neue Geräuschkulisse zu gewöhnen versuchten. Explosionen, Steine, die auf bereits kaputte Mauern trafen, Schwert auf Schwert und viel zu laute Stimmen.

Ich spürte, wie jemand meinen Arm packte und mich auf die Füße zog und das, obwohl ich gar nicht wusste, ob ich überhaupt Lust hatte zu stehen. Meine Schulter brannte, meine Kratzer brannten, einige meiner Rippen schmerzten fürchterlich und einige andere Wunden, die ich bisher gar nicht so richtig wahrgenommen hatte, bluteten mit ihrer ganzen Kraft. Ich musste schrecklich aussehen. Selbst in meinem Mund konnte ich Blut schmecken, was ich wohl meiner aufgerissenen Lippe zu verdanken hatte. Natürlich war es der Qunari gewesen, der mich auf die Beine gezogen hatte und so wie ich seinen Blick deutete, hatte ich mich wohl lange genug ausgeruht. Meine Augen wanderten zu dem Ort, an dem bis vor wenigen Augenblicken noch der Riss gewesen war, aber nun war er einfach weg und der Wächter...war ebenfalls fort. Er hatte sein Leben für die Wächter und die Inquisition gegeben und damit allen zukünftigen Wächtern gezeigt, was der Titel eines Wächters eigentlich wirklich bedeutete.

Die Leute würden ihn in Erinnerung behalten, wer weiß, vielleicht würde man ihm sogar ein kleines Denkmal bauen. Zutrauen konnte ich es dem Inquisitor jedenfalls. Und wenn andere ihn irgendwann vergessen hätten, würde ich mich immer weiter an ihn erinnern. Ich spürte, wie die Wärme in meinen Körper zurückkehrte. Eine Wärme, wie man sie im Nichts nicht hatte spüren können. Zwar würde ich später definitiv medizinische Hilfe benötigen, aber für den Moment fühlte ich mich kräftig.

Selbstverständlich blieb unser plötzliches Zurückkehren nicht unbemerkt. Truppen der Inquisition hielten in ihren Bewegungen inne und schenkten uns Blicke, die ich nur als Staunen deuten konnte. Wahrscheinlich hatten viele nicht damit gerechnet uns so schnell wiederzusehen, wenn überhaupt.

Auch sie erhob sich zu ihrer vollen Größe, was für mich nach wie vor ein Anblick war, den ich in anderen Situationen als recht niedlich empfunden hätte, aber genau in diesem Moment wirkte sie einfach nur stark und dieses Bild musste sie auch vermitteln. Wir anderen standen an ihrer Seite wie eine undurchdringbare Mauer, abgesehen von dem Champion, den ich halbwegs zu stützten versuchte, damit er ebenfalls ein Teil dieses äußerst epischen Auftrittes sein konnte und dass, obwohl er aussah, als wäre ihm furchtbar schlecht. Armer Kerl.

Es brauchte nur einen kleinen Wink von Freyas Hand, um sämtliche Dämonen um uns herum in die Knie zu zwingen, was sofort wieder Hoffnung in die Augen der Soldaten brachte. Vermutlich hatten diese, als Freya durch den Riss verschwunden war, sich mit der Tatsache konfrontiert gefühlt, dass ihre Anführerin und größte Waffe gegen den Kampf mit Corypheus möglicherweise nicht mehr wiederkommen würde. Keine allzu rosigen Aussichten, aber dennoch hatten sie weitergekämpft. Nun aber war die Elfe, die unser aller Schicksal bestimmen würde, wieder da, was die Truppen doch glatt zum Jubeln brachte. Sie allerdings blieb still und auch wenn ich ihre Augen nicht sehen konnte, spürte ich, dass sie Kontakt mit mir aufnehmen wollte.

"Stroud?" Sie stellte keine wirkliche Frage, aber dennoch wusste ich, dass ich ihr antworten musste. Langsam schüttelte ich den Kopf und machte ihr damit klar, dass der Wächter nicht mit uns zurückgekommen war und wir ihn damit nie wieder sehen würden.

Der eiserne Drachen Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt