Kapitel 6. Schnetzelfest

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Sanft senkte ich den Kopf und betete für die beiden, dass sie einen guten und sicheren Weg gemeinsam ins Jenseits fanden. Bevor ich mich erhob und Freya auf die beiden Verstorbenen aufmerksam machte. Ich ließ die Elfin lieber alleine mit ihren verschiedenen Soldaten, da sie zu diesen eine sehr viel stärkere Verbindung hatte als ich. Sie weinte nicht, natürlich weinte sie nicht, das konnte sie sich in ihrer Position kaum erlauben. Aber ich konnte die Trauer deutlich in ihren Augen sehen, die aber beinahe überschattet wurde von einer enormen Wut, wie ich sie selten gesehen hatte. Das war der Blick einer Elfin, die bereit war zu töten.

Für den Moment war ich mehr als beruhigt, dass diese Wut nicht mir galt. Auch die anderen schwiegen in diesem schweren Moment. Wir gingen nicht weg, da keiner von uns sie alleine lassen wollte, aber wir hielten einen respektvollen Abstand. Nicht viel weiter entfernt hatte Solas eine weitere Leiche gefunden von einem jungen Mann und hinter der Ruine fand Cole ebenfalls eine. Wir wussten, dass die Familien der Toten so schnell wie möglich davon erfahren mussten und auch Späherin Harding musste alarmiert werden, immerhin waren diese Verstorbenen ihre Leute gewesen. Eine Nachricht, die wohl keiner überbringen wollte, aber die überbracht werden musste. Wir alle hier waren uns bewusst, dass dieser Kampf, den wir hier führten, Opfer fordern würde und diese Personen, die hier ihr Leben gelassen hatten, würden auch nicht die Einzigen bleiben, das war allen klar, aber dennoch war es schwer, vor allem wenn man betrachtete, mit was für einer Gewalt und Brutalität diese Soldaten hingerichtet worden waren.

Es war ein Zeichen ans uns alle, dass unser Gegner uns erwartet und auch, dass dieser nicht mit sich reden lassen würde. Traurig, aber so war es nun mal. Die beiden Schwestern hielten sich eher im Hintergrund, was man nachvollziehen konnte. Sie kannten diese Toten nicht, was sie aber nicht daran hinderte, mit uns zu leiden. Ich konnte die Abscheu in den Augen beider sehen und auch die Ungläubigkeit darüber, was vermutlich ihr Anführer hier getan hatte. Sora hatte wie ich die Ringe gesehen und aus ihrem Augenwinkel heraus konnte ich einige Tränen sehen, die sich ihren Weg über ihr zartes Gesicht bahnten. Sie empfand große Trauer und ihre Schwester hielt sie eisern aufrecht wie eine Stütze. Sie hatte ihre Gefühle besser unter Kontrolle, aber dennoch empfand sie ebenfalls Mitleid.

Ich verließ die Ruine gemeinsam mit allen außer Freya, da diese den Moment nutzte, um die Toten ebenfalls mit einem Abschiedsgebet auf ihrer Sprache auf den Weg zu schicken. Solas legte mir beruhigend seine Hand auf die Schulter, ohne etwas zu sagen und Cole sorgte mit seiner Energie dafür, dass sich unsere Gemüter entspannten, wofür ich sehr dankbar war. Der Bulle hatte keinerlei Reaktion gezeigt, außer einem grimmigen Ausdruck als er die Leichen gesehen hatte, alles Weitere schien für uns verborgen zu bleiben, aber dies war nun mal das einzigartige Training der Qunaris. Gefühle konnte man bei ihnen nur selten lesen. Bedauerlich und gleichzeitig beeindruckend wie ich fand.

Nach einer bedrückenden Weile kam auch Freya aus der Ruine hinaus und deutete uns alles an, ihr zu folgen. An ihren schnellen Schritten und ihrer selbstbewussten Haltung konnte ich lesen, dass sie direkt auf das Lager zu steuerte, welches ich vorhin von Weitem gesehen hatte. Und auch Sora und Senna wurden mit jedem Schritt, den wir taten, ein wenig unruhiger, da wir uns ihrer Heimat nährten, die sie mehr oder weniger verraten hatten. Soras Blick galt immer mehr dem Boden und Senna verstärkte den Griff um ihre Schwester herum, als könnte sie diese vor allem Übel beschützen. Es dauerte nicht länger, da konnten wir die hohen Holzwände vor uns sehen. Ich kam mir ein wenig so vor, als würde ich auf das Lager von Barbaren zugehen, denn die Wände waren versehen mit spitzen Baumstämmen und einigen bereit vermoderten Knochen, die wahrscheinlich zur Abschreckung dienen sollten. Das einzige allerdings, was bei mir für Abschreckung sollte, war eine innerlich brodelnde Elfe vor mir. Respektvoll und absolut nicht aus Angst hielt ich einige Schritte Abstand!

Wir kamen nicht sonderlich weit, denn wenige Meter vor der selbstgebauten Zugbrücke hielt uns ein Pfeil auf, der sich vor Freyas Füßen in den Boden rammte und uns damit klar zu verstehen gab, dass wir ab diesen Punkt nicht weiter gehen sollten oder eher gesagt nicht weiter erwünscht waren. Etwas, was die Laune des Inquisitors nicht gerade verbesserte, denn diese blieb nur widerwillig mit einem zerknirschten Gesichtsausdruck stehen. Auf der höher gelegenen Mauer standen einige Schützen mit Pfeil und Bogen, die bereits gespannt waren, vermutlich als Warnung an uns. Nur wenige Augenblicke später richtete sich von oben eine der Stimmen ans uns.

Der eiserne Drachen Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt