Kapitel 28. Ich kannte einmal jemanden

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Freya trat bei Seite mit einem Blick, welcher definitiv Reue zeigte, während ich mich vorsichtig zu dem noch immer ohnmächtig aussehenden Mann auf dem Rücken des Bullen begab. Mit aller Vorsicht tippte ich diesem sanft gegen die Stirn, woraufhin er nur ein müdes Murren von sich gab. In der Tat war seine Nase ein wenig eingedrückter als ich sie in Erinnerung hatte, aber gebrochen war sie wohl nicht. Was hatte dieser arme Mann nur alles durchmachen müssen. Ich strich ihm durch das Haar und auch von mir bekam er einen Blick, der Mitleid zeigte, auch wenn ihm dieses im Moment sicherlich nicht viel nützte. Ich ließ mir die Geschichte erzählen, wie sie alle in dem Erdloch verschwunden waren und auch wie es zu dem etwas plattem Professor gekommen war, was nur noch mehr Mitleid und auch ein seltsames bisschen Neid in mir auslöste.

"Nun wäre er dabei gestorben, dann wäre dies wohl sicher kein unangenehmer Tot gewesen". Ich persönlich konnte mir nämlich durchaus schlimmere Dinge vorstellen, als diesen Qunari auf mir zu haben, aber für den Professor hatte dies sicherlich nicht gegolten. Ein leichtes Flattern seiner Augenlider verriet mir, das er im Begriff war aufzuwachen und noch in derselben Sekunde öffnete er die Augen, von denen eines eine etwas blaue Verfärbung aufwies. Natürlich stand ich ihm umgehend zur Seite und bat ihm meine Hilfe an, die er auch dringend benötigte. Sein Gewicht zu stützten war keine wirkliche Herausforderung, da Menschen sich allgemein nicht sehr schwer für mich anfühlten. Nur Elfen waren noch etwas leichter in ihrer Statur. Innerlich musste ich schmunzeln, als ich an den Moment zurückdachte, an dem ich Freya durch die Lüfte getragen hatte, denn hätte ich sie nicht gesehen, hätte ich wahrscheinlich gelegentlich vergessen, das sie in meinen Armen gewesen war. Nun, es gab eben Felsen in der Brandung und sie war definitiv der eine Grashalm. Während in den Professor in den Armen hielt, konnte ich seine gebrochene Stimme hören, die mehr als erleichtert klang.

"Wir haben sie gefunden mein Herr, es ist schön zu sehen, das sie nicht gefressen wurden, ich bin ja so erleichtert". Ich klopfte ihm halb beruhigend und halb freundschaftlich auf die Schulter, woraufhin er ein wenig mehr in sich zusammensackte. Dieser arme Mann.

"Kommen sie Professor, es gibt da etwas, was ich ihnen zeigen muss und was sie sicherlich in einen besseren Zustand versetzten wird". Ich führte ihn zu dem mittlerweile freigelegten Eingang in die Höhle, den meine Gefährten versäumt hatten, als Erstes zu nehmen und betrat damit den Untergrund, der mir nun noch bekannter vorkam. Ich lehnte den Mann, der sich auf mich stützte, vorsichtig an einer der Wände ab und deutete Freya und den anderen an, mir zu folgen.

"Es ist so lange her, das ich hier gewesen bin, aber wenn ich mich recht entsinne, dann habe ich hier nicht nur Gold und Juwelen versteckt, auch wenn mir diese wohl am wichtigsten waren. Ich begegnete vor vielen Jahren einem sehr tapferen Mann in dieser Wüste und auch wenn sich wohl beinahe niemand mehr an ihn erinnert, habe ich ihn nicht vergessen. Er war ein Mann mit großen Träumen und Vorstellungen und auch er hat seine Leidenschaft darin gefunden, Drakonologie zu studieren. Ich mochte ihn sehr." Ich verschwand hinter eine dicke Steinwand und kam mit einem recht großen Buch zurück. Viele Jahre hatte es in einer von mir angefertigten Vitrine gelegen, da ich nicht gewollt hatte, dass die Zeit dem Buch Schaden zufügt. Nicht ein Körnchen Staub war auf dem auffallenden Einband zu sehen und ich strich mit einer gewissen Melancholie über den festen Folianten. Das Buch war in rotem Leder eingebunden, welches ein erfahrener Kenner sofort als Leder aus Antiva erkannt hätte, meiner Heimat. Allerdings war nicht nur die Größe und die Farbe das, was Aufmerksamkeit auf sich zog, sondern der winzige Drache aus reinen Rubinen, der sich um das Buch schlängelte. Ich warf einen Blick in die bereits leicht vergilbten Seiten und atmete den feinen Geruch eines alten Buches. Die Augen des Drachen leuchteten in einem tiefen Türkis und hoben sich von dem Rot der anderen Edelsteine stark ab, was ich allerdings begrüßte. Einen weiteren Stein trug er auf der Stirn und ich konnte mich daran erinnern, dass wenn man diesen Stein hinunterdrückte, man das Buch damit öffnen konnte.

Der eiserne Drachen Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt