Leben verbocken; Jetzt geht es als "Mayer" weiter

Part 96

Nach einer Stunde wundervoller Ruhe und einer ununterbrochenen Kuscheleinheit werden wir von Oli beglückt, der eine Schwester im Schlepptau hat.
Die beiden stellen uns jeweils ein Tablett ans Bett, worauf sich die Schwester dann wieder verkrümelt.

"Versucht mal eine Kleinigkeit zu essen. Zoey, für dich gibt es vorerst nur Suppe, damit du deine Wundregion nicht überstrapazierst. Ich weiß du magst das nicht, aber du wirst dich damit begnügen müssen!", erklärt uns Oli während er sich einen Stuhl schnappt und sich vor unseren Gesichtern platziert.
Um des Friedens willen nicke ich ihm zu und bin somit auch sofort aus dem Schussfeld.

"Tom? Alles okay?"
Man merkt Oli an, dass er eine verärgerte Reaktion von meinem Kuschelpartner erwartet, denn seine Gesichtszüge sind alles andere als entspannt.
"Ja. Wie lange dauert die Sache mit meinem Zeh?"
"Vier bis sechs Wochen. Kommt auch darauf an, wie gut du dich schonst und wie der Heilungsprozess an sich verläuft!"
"Is doch kein Problem... Wenn ich mich zuviel bewege, kannst du mein Bewusstsein ja einfach wegspritzen lassen!", knurrt Tom Oli entgegen und spannt sich spürbar an.
Unser Mitbewohner fährt sich mit der Hand durch sein Gesicht und möchte zu einer Erklärung ansetzen:
"Hör zu, ich..."
"Nein! Du hörst mir jetzt zu: Weder du noch Freddy werden mir jemals wieder etwas verabreichen! Ich kann euch nicht vertrauen und werde lieber Schmerzen in Kauf nehmen, als dass ich von euch gegen meinen Willen körperlich manipuliert werde!"
"Ach Tom.... Nimm uns das doch nicht so krumm... Wir haben doch nur zu deinem Besten entschieden. Wenn..."
"Soweit ich mich erinnern kann, bin ich volljährig und muss mich nicht von Mitbewohnern und Bekannten bevormunden lassen. Hätte ich euch im Behandlungsraum die Einrichtung zusammengeschlagen, würde ich das verstehen. Aber ich habe mir verdammt nochmal Sorgen um mein Kind gemacht und das ist als Vater doch wohl noch erlaubt oder beamt ihr alle Eltern ins Nirvana, die sich um das Wohlergehen ihrer Kinder sorgen? Seid nur froh, dass Zoey alles gut überstanden hat. Wenn irgendetwas schief gelaufen wäre und ich das durch mein Delirium nicht mitbekommen hätte, dann hätte ich euch die Hölle noch ganz anders heiß gemacht und euch einen richtigen Grund zum wegbeamen gegeben!"

Der Weißkittel schluckt schwer und glotzt einfach nur dumm aus der Wäsche.
Tom scheint den richtigen Nerv getroffen zu haben, denn so sprachlos trifft man den Herrn Dreier sonst nicht an.
Noch bevor der Notarzt überhaupt irgendeine Entschuldigung oder dergleichen aus seinem Mund entweichen lassen kann, ertönt wieder Toms Stimme:
"Wir sind dann fertig. Du kannst gehen!"

Bäm!
Das hat sichtlich gesessen...
Ob das in einen Krieg ausartet?

Oli gibt sich tatsächlich geschlagen und steht kommentarlos auf.
Am liebsten würde ich jetzt seine Gedanken lesen können, denn ich bin mir nicht ganz so sicher, ob er seinen Fehler einsieht oder er einfach nur denkt, dass er Gras über die Sache wachsen lassen wird und sich alles wieder von alleine beruhigt.
Das mit dem Gras wird meiner Meinung nach nichts werden, denn auch wenn Tom scheinbar ruhig reagiert, hat er bestimmt die gesamten Grasflächen abgefackelt, damit dort so schnell überhaupt nichts mehr wachsen kann.

Kaum hat Oli den Raum verlassen, entspannt sich mein Hintermann wieder und stößt hörbar laut einen Schwall Luft aus.
"Wenn du was essen willst, dann sag Bescheid. Ich geh dann in mein Bett!" Damit er den Freiraum bekommt, den er jetzt eventuell benötigt, biete ich meinen Rückzug an.
"Vergiss es! Du bleibst schön hier bei mir. Mein Appetit ist gerade mit dem Herrn zur Türe hinaus spaziert... Ich habe Infusionen bekommen, da werde ich nicht so schnell umkommen. Wenn du deine heißgeliebte Brühe schlabbern willst, dann sag du Bescheid, hahaha", das leise Lachen lässt mich nur grinsend den Kopf schütteln, denn uns ist beiden klar, dass ich die Brühe nicht freiwillig in mir aufnehmen werde.
Wir kuscheln uns wieder eng aneinander und genießen die Ruhe so lange wie möglich.