Part 128

641 62 49
                                    

Erst als ich die Türe geschlossen habe und sich die Kälte des Steinbodens durch meine Socken frisst, wird mir mal wieder klar, dass ich vergessen habe, meine Schuhe anzuziehen.

Wenn du jetzt nochmal rein gehst, lassen sie dich nicht mehr gehen!

Da ich es ja schon mehr oder weniger gewohnt bin, auf Socken durch die Gegend zu spazieren, mache ich mich jetzt eben ohne Schuhe auf den Weg zum Bootshaus.

Sollte ich vielleicht eine Jacke anziehen?

Kurz bleibe ich stehen, da der Wind eiskalt ist und ich jetzt schon zu zittern beginne.
Ich werfe einen Blick auf die WG, die nur ein paar Schritte entfernt liegt, entscheide mich aber einfach dafür, den Weg rennend hinter mich zu bringen, denn dadurch müsste mir auch warm werden.
Bevor ich meinen Sprint beginne, wird mir bewusst, dass Parkers Schuppen noch gar nicht geöffnet hat, da wir es mitten am Tag haben.

Wie komme ich denn jetzt da rein?

Genervt aufstöhnend, da sich alles gegen mich zu verschwören scheint, fahre ich mir mit der Hand durch mein Gesicht.

Du kannst Ronja anrufen und sie bitten, dich rein zu lassen.

Zufrieden mit meinem neuen Plan renne ich endlich los, bleibe aber nach ein paar Metern wieder stehen, da mir einfällt, dass mein Handy gerade von Stephan benutzt wird.
Ich richte meinen Blick in den Himmel und strecke meine Arme seitlich aus:
"Boah... Wenn ich nicht zu Parker soll, dann gib mir ein eindeutiges Zeichen und lass einen Bus über mich drüber rollen!"
Vorsorglich, da man bei meinem Glück ja nie weiß, kneife ich meine Augen zusammen und warte darauf, dass mein Körper in wenigen Sekunden zu Mus verarbeitet wird.
"Kann man dir irgendwie helfen?", fragt eine irritierte, weibliche Stimme, die sich ganz nach Saskia anhört.
Als ich meine Augen öffne, sehe ich tatsächlich Alex' Freundin vor mir stehen.
"Nö... Ich habe gerade nur darauf gewartet, ob meine getroffene Entscheidung abgesegnet wird oder ich ein Oneway Ticket in die Hölle bekomme!"
Saskia verzieht ihr Gesicht und richtet ihren Blick jetzt in den Himmel, während ich meine Arme wieder in Normalmodus bringe.
"Hast du eine Antwort bekommen?"
"Nein!"
"Das ist schlecht!"
"Nein, das ist sogar sehr gut. Saskia, ich muss weiter, sorry. Du kannst den Herren ausrichten, dass ich wieder nach Hause komme, wenn ich alles erledigt habe!"
Die Braunhaarige nimmt mich jetzt seufzend ins Visier:
"Hattet ihr Streit und du bist geflohen?"
"Nein. Ich schwöre!"
"Warum..."
"Saskia! Ich muss jetzt wirklich los, um für Tom etwas zu organisieren. Alex wird dir das schon erklären. Bis später dann. Tschüssi!", ich flitze so schnell wie möglich los, damit ich nicht noch in weitere Gespräche verwickelt werde.

Als ich außer Reichweite bin, verlangsame ich meinen Sprint in etwas schnelleres Gehen.
Die verkürzte Nacht, die Aufregung und vor allem das Zittern meines Körpers machen mir ordentlich zu schaffen und am liebsten würde ich mich jetzt in Toms Bett verkriechen und mir die Decke über den Kopf ziehen.
Da das momentan leider nicht möglich ist, nehme ich mir das für heute abend vor.

Vor dem Bootshaus angekommen,  sehe ich einige Autos auf den Parkplätzen stehen, darunter auch einen Sprinter der Putzkolonne.
Zuerst mache ich mich an den Haupteingangstüren zu schaffen, rüttele und klopfe wie eine Wilde: "PARKER?"
Ich spitze die Ohren, doch kein Geräusch ist zu hören.
Mit aller Kraft, die ich aufbringen kann, hämmere ich meine Faust gegen diese blöde Barrikade und brülle abermals den Namen des Besitzers.
Nichts.
Mein Ohr legt sich an der Abtrennung von Club zur Außenwelt ab, um eventuelle Geräusche, Bewegungen oder Stimmen im Inneren hören zu können.
Nach fünf Minuten wird mir klar, dass alle Anstrengungen vergebens sind und ich mir anderweitig Zugang verschaffen muss.

Mist!
Was mache ich denn jetzt?

Der Sprinter der Lappenschwinger fällt in mein Sichtfeld und somit offenbart sich mir eine neue Möglichkeit in das Club Innere zu gelangen.
Ich begebe mich zu den Türen des Hintereingangs und grinse sofort breit los, als ich sehe, dass die Tür durch einen Keil offen gehalten wird.
"Yes!", jubele ich leise vor mich hin und versuche mich so lautlos wie möglich über die Schwelle zu schmuggeln.
Ich kann es fast nicht glauben, dass ich es ohne Probleme ins Bootshaus geschafft habe und weder von einem Aufpasser, noch von einer Putzfee aufgehalten wurde.

Leben verbocken; Jetzt geht es als "Mayer" weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt