Part 172

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Immer noch Leos Sicht

Ziemlich erledigt fallen wir auf die Luftmatratze und kuscheln uns aneinander.
"Wie war dein Tag, Babe?"
"Anstrengend. Deine Mutter ist mit mir durch halb München gelaufen. Ich weiß jetzt wo es den besten Kaffee gibt, den günstigsten Bäcker, welches Geschäft zu den Geheimtipps unter den Klamottenläden zählt, habe Emilio, einen schwulen Friseur kennengelernt und meine Füße unerlaubt in einen Brunnen gehängt. Meine Übungen habe ich heute nicht gemacht, aber dafür bin ich mindestens einen halben Marathon gelaufen... Aber es war schön. Bei dir? Kommst du mit Marcel soweit zurecht?"

Lautes Lachen dringt aus der Küche in unsere Ohren, worauf ich den Kopf anhebe, um genauer hören zu können, was da los ist.
Ungewollt spannt sich mein Körper an, was auch Zoey sofort bemerkt.
Ihr rechter Fuß schiebt sich über meinen Beckenknochen, während sie eine Hand an meinen Hinterkopf anlegt und mich näher zu sich zieht, um mich zu küssen.
Anschließend zieht sie sich ein paar Millimeter zurück und gleitet mit ihren Fingern durch meine Haare:
"Du musst nicht aufpassen. Die beiden lachen. Es passiert nichts Schlimmes!"
Auch wenn sich gerade alles in mir sträubt, versuche ich wirklich meinen Fokus auf das heiße Gerät, das sich an meinen Körper anschmiegt, zu konzentrieren.
"Du wolltest mir erzählen, wie dein Tag war..", flüstert sie vor sich hin und berührt dabei ganz leicht meine Lippen.
"Erschreckend super!"
"Warum erschreckend?"
"Weil sich meine Einstellung so schlagartig umgewandelt hat. Marcel war total normal und hat mir vertraut, obwohl er mich kein bisschen kennt. Ich durfte ein Auto reparieren und seinen Jungs bei den Vorbereitungen zum Lackieren behilflich sein. Das hat sich so angefühlt, als wenn ich tagtäglich dort aufkreuzen würde und die drei mich gut kennen."
"Hey, dafür, dass ihr euch erst vierundzwanzig Stunden kennt, ist das doch hammer. Ich freue mich richtig, dass es so gut funktioniert und Marcel tatsächlich so lieb und umgänglich ist!"
"Es ist irgendwie schön, dass wir gemeinsame Interessen haben. Erik war es egal, was ich gerne mache oder auch nicht. Für ihn gab es nur eine Priorität: Sich selbst."
"Da siehst du doch gleich, wie unterschiedlich Erik und Marcel sind.... Morgen sollten wir die Männer anrufen und ihnen Bericht erstatten, nicht dass die vor Langeweile noch eingehen und sich unnötig Sorgen machen."
"Machen wir. Was hältst du davon, wenn..." Anstatt weiter zu reden, rutsche ich mit meiner Hand an Zoeys Hintern entlang und drücke sie noch näher an meinen Körper.
"Leo!", zischt mir meine Hexe zu, "Deine Mutter und ihr Freund sind noch wach und halten sich im Raum nebenan auf. Die Wände sind dünn wie ein Blatt Papier. Ich habe keine Lust, denen was vor zu stöhnen!"
"Dann musst du leise sein, Babe!"
Leider scheint mein Körper total auf Fräulein Mayers Seite zu stehen, denn mein Mund verselbstständigt sich und gähnt lauthals auf.
"Hahaha. Einschlaf, statt Beischlaf mein Freund. Mach deine Augen zu. Ich liebe dich!"
Grummelnd erwidere ich die Liebesbekundung und trifte innerhalb weniger Sekunden in einen unruhigen Schlaf ab.

Meine Träume werden von meinem Erzeuger heimgesucht, der meiner Mutter auf jede erdenkliche Art und Weise Schmerzen zufügen will.
Ich selbst stehe da, wie eingefroren und kann nichts dagegen tun, außer mit anzusehen, wie er sich an ihrem Leid ergötzt.
Kurz nachdem er seinen Gürtel aus der Hose gezogen hat und schwungvoll damit ausholt, erwache ich aus diesem Albtraum.
Schweißgebadet schiebe ich Zoey von mir runter und setze mich auf, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Solche furchtbaren Träume hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr und ich muss sagen, dass ich sie wirklich nicht vermisst habe.

Irgendwo in der Wohnung fällt etwas zu Boden und lässt mich den Geräuschen nach schlussfolgern, dass es in tausend Teile zersplittert sein muss.
Mein wirrer Kopf treibt mich zur Alarmbereitschaft an, da diese Träume auch eine Art Vorwarnung hätten sein können.
Als ich Marcel in einem strengeren Ton etwas sagen höre, was genau, verstehe ich nicht, testet mein Herz gleich mal wieder aus, ob es einen neuen Rekord im "Blut durch den Körper pumpen" aufstellen kann.
So leise wie möglich erhebe ich mich von der Matratze und schleiche mich zur Türe, jeden Moment bereit, meiner Mutter zur Hilfe zu eilen.
Gerade als ich mein Ohr an die Türe anlege, höre ich meine Mutter leise wimmern:
"Au.. Marcel, lass das bitte!"
Damit ist auch schon der große rote Knopf in meinem Kopf aktiviert worden, der mich einfach nur noch handeln und nicht mehr denken lässt.

Leben verbocken; Jetzt geht es als "Mayer" weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt