Vor dem Regal mit Wandfarbe angekommen, staune ich nicht schlecht, was es alles für Farbtöne gibt und bin für einen kurzen Augenblick etwas überfordert.
Leo scheint von der Angebotsfülle auch etwas erschlagen zu sein, denn der fährt sich ein paar Mal mit der Hand durchs Gesicht und seufzt leise vor sich hin.
"Kann man euch bei der Entscheidung irgendwie helfen?", will Steffi wissen und schaut uns fragend an.
"Eigentlich haben wir uns im Vorfeld schon auf drei Farbrichtungen geeinigt. Entweder soll es blau, grün oder gelb werden. Wir müssen zwei Zimmer streichen", erkläre ich, während ich schon die blauen Farbtöne mit meinen Augen abklappere und an einem schönen Blaugrau hängen bleibe.
"Leo? Was ist mit diesem Farbton für unser Schlafzimmer?"
Der Genannte zieht einen der Farbeimer aus dem Regal und wirft einen genauen Blick auf den Deckel, da der die genaue Farbintensität wiedergeben soll.
"Gefällt mir. Ist gebongt. Meinst du, es reicht ein Eimer?"
"Wir wollen ja nicht komplett alle Wände streichen...", sage ich leise und ärgere mich, dass wir die Wände nicht ausgemessen haben.
Wobei meine Flächenberechnungsfähigkeiten wahrscheinlich eh für die Katz wären.
"Aber wenn die Wände viel Farbe aufnehmen und wir ein zweites Mal streichen müssen, könnte es schon eng werden!"Sam boxt seinen Kumpel an der Schulter an und deutet auf die untere Etage des Regals, da dort ein weiterer Behälter mit dieser Farbnuance steht, der wesentlich mehr Inhalt vorzuweisen hat:
"Nimm doch den. Damit solltet ihr eigentlich klar kommen!"
"Cool. Das habe ich gar nicht gesehen." Leo greift nach dem größeren Behältnis und stellt diesen auf dem Boden neben uns ab.
Als nächstes widmen wir uns den Grün- und Gelbtönen.
Dieses Mal tritt Steffi einen Schritt nach vorne und deutet auf einen Eimer:
"Das hier finde ich richtig schön. Es ist nicht zu grell und nicht zu dunkel. Die Farbe strahlt Wärme aus und würde sich sicherlich gut in eurem anderen Raum machen!"
Bevor ich irgendeinen Ton verlauten lassen kann, nickt Leo schon vor sich hin:
"Da kann ich dir nur zustimmen! Was meinst du, Babe?"
"Gefällt mir auch sehr gut. Also dann wird es Safrangelb... Hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell einig werden. Was brauchen wir noch?"
Die beiden Jungs schnappen sich jeweils einen Farbeimer und laufen, ohne mir eine Antwort zu geben, in die Richtung der Pinsel und Farbwalzen.Steffi steht immer noch da und mustert auch die anderen verschiedenen Farbrichtungen.
"Brauchst du noch was?", frage ich eher aus Anstand als aus Interesse, da ich die Gute jetzt nicht einfach alleine stehen lassen will.
"Wollte nur mal schauen... Ich will demnächst mein Zimmer streichen, da mir die Farben nicht mehr in den Kram passen und ein bisschen Rücksicht sollte ich in dieser Hinsicht auch auf das Baby nehmen und zumindest neutrale Farben nehmen. Mein Zimmer ist sehr groß und darum wird es auf alle Fälle bei mir einquartiert!"
Als ich mich kurz umdrehe, um zu sehen, ob die männlichen Wesen noch in Sichtweite sind, erwische ich Sam doch tatsächlich beim Starren.
Kaum wird ihm das bewusst, dreht er sich blitzschnell weg.Oh, oh, das sind die gleichen Anzeichen, wie bei Clea damals..
Da bahnt sich definitiv etwas an!"Du, Steffi?" Eigentlich sollte ich das nicht tun, denn Leo hat ja gemeint, dass das nicht mein Bier sei, aber eine kleine Warnung hat bisher noch keinem geschadet.
"Ja?"
"Ich weiß ja nicht, ob ihr zwei aufeinander steht oder ob ihr es wirklich nur auf Freundschaft abgesehen habt, aber egal was auch immer es wird.... Du darfst Sam nicht verarschen! Er hat das nicht verdient. Er ist ein wundervoller Kerl und hat erst in seiner letzten Beziehung voll eins auf die Fresse bekommen. Also bildlich gesprochen!"
Steffis Gesicht bleibt immer noch neutral, obwohl ich eher mit einer entsetzten oder pissigen Grimasse gerechnet hätte.
"Das mit Clea? Ja, das hat er erzählt!"
Diese Tatsache bringt mich kurz voll aus dem Konzept, da ich nicht damit gerechnet habe, dass er mit Steffi über Clea geredet hat.
"Ähm.."
"Hör zu, Zoey. Gerade sind wir erst dabei, uns kennenzulernen. Ich weiß nicht, ob aus uns etwas wird oder nicht. Mir war und ist es einfach nur wichtig, dass Sam und ich uns gut verstehen, falls er wirklich der Vater sein sollte. Ich zwinge ihn zu nichts, will ihm aber jede Möglichkeit einräumen, die es gibt. Es ist verdammt schwer so ungeplant und jung schwanger zu werden. Natürlich bin ich auch selbst daran schuld, aber ich könnte das Würmchen niemals abtreiben. Für mich ist das jetzt schon ein Mensch, wenn auch nur ein winziger.... Weißt du, Sam ist der einzige, der mir zur Seite steht und für mich da ist. Abgesehen von meiner Mutter und meinem Stiefvater natürlich. Du hast sicherlich von den anderen beiden potenziellen Vätern gehört und denkst zu Recht, dass ich alles genommen habe, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Ganz so ist es aber nicht gewesen... Ich war in den ersten Typ furchtbar lange verliebt. Er hat das mitbekommen und dann mit ein paar Jungs eine Wette abgeschlossen, dass er mich ins Bett bekommt. Vor lauter rosaroter Brille habe ich natürlich nicht gemerkt, dass er mit mir spielt und mit ihm geschlafen. Dafür könnte ich mich bis heute noch Ohrfeigen. Der zweite war eigentlich nur, um dem ersten eins auszuwischen, da die sich kennen und immer so eine Art Wettbewerb zwischen ihnen läuft. Es hat tatsächlich funktioniert, war aber trotzdem keine Glanzleistung. Gebrochene Herzen lassen einen manchmal wirklich dumme Dinge tun. An dem Abend, an dem ich Sam getroffen habe, wollte ich eigentlich nur Party machen und den ganzen Mist vergessen. Allerdings hat der Kerl echt Charme bewiesen und hat mich dermaßen um den Finger gewickelt, dass ich schwach geworden bin. So kam es also zu drei potenziellen Vätern. Die ersten beiden wollen mich immer noch zu einer Abtreibung überreden und haben mir sogar Geld geboten. Tja..."
Nach dieser wirklich aufschlussreichen Erklärung bleibt mir fast schon die Spucke im Hals kleben.
Mich beschleicht ein kleiner Hauch von schlechtem Gewissen, da die Gründe, die sie genannt hat, für ein schmerz geplagtes Herz doch irgendwie nachvollziehbar sind.
Trotz aller augenscheinlicher Ehrlichkeit, bleibt natürlich auch ein Rest Misstrauen übrig, da so gebeutelte Menschen, wie sie ebenfalls einer zu sein scheint, allzu oft ein großes schauspielerisches Talent ans Tageslicht legen und ohne Rot zu werden lügen können.
Man bedenke alleine meine ehemalige Lügenbaronkarriere, die wahrscheinlich so viele Unerhlichkeiten beherbergt hat, dass man damit eine Hälfte der Erdkugel befüllen könnte.
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Leben verbocken; Jetzt geht es als "Mayer" weiter
FanfictionWeiter geht es mit Runde drei. Zoey, mittlerweile 17 Jahre alt, ist endlich offiziell die Tochter von Tom Mayer. Fräulein Mayer möchte ihr Leben gerne umkrempeln und Tom somit zeigen, das sie ihm unendlich dankbar ist und zu schätzen weiß, was er fü...