Part 121

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Zoeys Sicht

"Guten Morgen, Zoeylein. Du musst Aufstehen!"
Neben meinem Körper lässt sich eine menschliche Präsenz nieder und streicht mir ein paar Mal über den Rücken.
"Mir tut alles weh! Nico hat mich zerstört!", murre ich in mein Kopfkissen und hoffe, dass ich jetzt in Frieden gelassen werde, um in Ruhe vor mich hin sterben zu können.
"Dann nimmst du gleich ein bisschen Magnesium. Wenn deine Muskulatur wieder richtig locker ist, wirst du auch nicht mehr solche Schmerzen haben!" Phil erhebt sich wieder von meinem Bett und macht sich anschließend an meinem Rollladen zu schaffen, worauf mir das Tageslicht versucht, durch meine geschlossenen Augenlider meine Sehorgane zu vernichten.
"Phiiiil. Muss das sein? Das hättest du jetzt auch in Etappen und viel behutsamer machen können!"
"Hätte ich tun können, ja.. Aber ich weiß, dass bei dir die rabiate Methode viel schneller Wirkung zeigt. Jetzt komm, raus aus den Federn. Die Schule ruft!"
"Dann kleb ihr den Mund zu!"

Ob ich es leichter habe, wenn wir im Nachbarhaus wohnen?
Wenn Rebekka und Tom arbeiten müssen, dann kann ich bis zur letztmöglichen Sekunde liegen bleiben...
Vielleicht ist der Umzug doch gar nicht so unvorteilhaft für mich!

"Stephan hat dir deinen Praktikumsbericht auf den Esszimmertisch gelegt. Wir haben ihn durchgelesen und müssen dich wirklich loben! Du hast dir große Mühe gegeben!", lobt mich Phil und zieht mir im gleichen Zuge die Bettdecke weg.
"Danke!", würge ich hervor und reibe mir einmal ordentlich mit den Händen durch mein Gesicht, während ich feststelle, dass ich in voller Alltagsmontur geschlafen habe.

Nachdem mich Linus gestern zuhause abgeliefert hat, bin ich kurz in mein Zimmer gegangen, um nach meinem Handy zu suchen.
Irgendwie muss ich wohl während des Suchvorgangs eingeschlafen sein.

"Übrigens: Das Badezimmer kann wieder benutzt werden. Stephan, Franco und Kevin haben gestern soweit alles fertig gemacht!", berichtet mir Herr Funke, während er mir seine Hände entgegenstreckt, um mich aus dem Bett zu ziehen.
Kaum stehe ich auf beiden Beinen, hüllt mich der Notarzt in eine feste Umarmung:
"Braucht das Kind noch ein bisschen Liebe, bevor es in den Tag starten kann?"

Wohl eher einen Plan, wie ich Linus nachher loswerde.

Da ich gegen diese Kuscheleinheit überhaupt nichts einzuwenden habe, nicke ich vor mich hin und fülle meinen niedrigen Akkustand wieder etwas auf.
"Geht's dir denn wieder gut?", ich löse mich leicht aus der Umarmung, um das Gesicht des Herrn Funke mustern zu können.
"Ja, soweit bin ich wieder fit. Heute bleibe ich noch zuhause, aber morgen werde ich wieder meinen Dienst antreten. Ich schreibe dir nachher noch eine Entschuldigung für Sport. Übertreiben solltest du es jetzt noch nicht!"
"Kannst du mir auch eine für Nico schreiben? Der ist nicht gerade zimperlich mit seinen Maßnahmen!"
"Hahaha, nein. Der weiß schon was er tut... Na los, abmarsch. Linus kommt bald und dann solltest du fertig sein."

"Ähm, bei mir wird es heute später, bis ich nach Hause komme!" Meine Hoffnung, dass einmal in meinem Leben eine meiner Ankündigungen nicht hinterfragt, sondern einfach so hingenommen wird, werden innerhalb von Sekunden zunichte gemacht:
"Was hast du vor?"
"Naja... Ich... vielleicht gehe ich noch zu Shane, um die versäumten Dinge nachzuholen... Habe ja jetzt wieder einiges verpasst!"
"Das hört sich gut an. Aber denk bitte daran, dass du heute Abend zu Nico musst!"
"Jaaaaaaaa", schwer aufatmend steuere ich auf meinen Kleiderschrank zu und schnappe mir willkürlich ein paar Klamotten, mit denen ich langsam nach unten ins Badezimmer laufe.

Ich staune nicht schlecht, als ich die Türe zur Beauty-Werkstatt öffne.
Der komplette Bodenbelag wurde ausgetauscht und auch die Toilette, das riesige Waschbecken und die freistehende Badewanne erstrahlen in neuem Glanz.
In dieser topmodernen Umgebung steigert sich meine Laune sofort und ich bin dann auch in Null Komma nichts im Esszimmer anzutreffen.

Leben verbocken; Jetzt geht es als "Mayer" weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt