Kapitel einhundertdreiundzwanzig- Aus dem Verkehr gezogen

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„ Hey wir werden ihn finden. Glaubst du, die beiden halten lange ohne einander aus? Stegi wird sich zumindest bei Tobi irgendwann melden, da bin ich mir sicher. Ihm wird es gut gehen und das möchte ich von dir auch behaupten können. Trinkst du mir bitte was." Veni reichte ihm ein Glas Wasser, welches er dankend annahm. Veni musterte seinen Freund, nachdem er das Glas an seinen Lippen ansetzte. Hoffte, dass ihm der Beigeschmack nicht auffiel. Zu seinem Glück trank Tim das Glas ganz leer und stellte es dann auf den Couchtisch, ohne eine Miene zu verziehen. Innerlich war Veni so dankbar, dass diese dumme Idee geklappt hatte. Schuldig fühlte er sich trotzdem, auch wenn es richtig war. „ Tut mir leid.", murmelte Veni schuldbewusst. Natürlich wusste er, dass es keinesfalls eine Lösung war, aber anders ging es im Moment nicht und es war zu Tims bestem. Jedoch wollte er ehrlich sein und sich natürlich auch entschuldigen. Immerhin sollte Tim sich jetzt auch nicht all zu weit weg bewegen. Er war schließlich schon wieder auf dem Weg zur Tür, drehte sich aber noch mal um. „ Was?", wollte Tim verwirrt wissen. Er musste echt keine Ahnung haben. Oder denken, dass es was mit Stegi zu tun hatte. Veni legte ihm eine Hand an die Schulter und drückte ihn auf die Couch. Tim hielt den Widerstand gering, auch wenn in seinem Blick hundert Fragezeichen waren. Veni seufzte angestrengt, da er wusste, dass Tim es nicht gut aufnahm, ehe er mit der Wahrheit raus rückte. „ Da war Schlafmittel drin. Ziemlich stark dosiert. Wenn du so weiter machst, zerstörst du dich selbst. Du bist seit Tagen wach und schläfst kaum. Flipp jetzt bitte nicht aus." Tim blieb ruhig. Zumindest für ein paar Sekunden, dann versuchte Tim von der Couch aufzustehen. Allerdings drückte Veni ihn sofort zurück in die Polster. Allein daran sah man, wie ausgelaugt Tim war. Sonst kam er schwer gegen Tim an, jetzt mit erschreckender Leichtigkeit. „ Veni ich muss.", protestierte er halbherzig und versuchte erneut sich gegen ihn zu stemmen, doch Veni konnte ihn mit einer Hand unten halten. Er musste jetzt an Tims Vernunft appellieren. Oder so lange diskutieren, bis Tim schlief. „ Wir finden Stegi schon.", unterbrach er Tim ruhig. „ Du ruhst dich jetzt erstmal aus, ob du willst oder nicht. So kannst du keinem helfen." Die Verzweiflung in Tims Blick brach sein Herz fast entzwei. Tim litt richtig darunter und das tat am meisten weh. Tim wollte es so unbedingt wieder gut machen und richtig stellen und jetzt zog er ihn aus dem Verkehr. Klar Tobi war auch den zweiten Tag in Folge wach, aber der hatte davor wenigstens länger geschlafen, im Gegensatz zu Tim. Sollte Tobi wieder heim kommen, würde er ihn ebenfalls bitten ein paar Stunden zu schlafen. Zwei waren eindeutig zu wenig. „ Veni ich kann nicht. Stegi ist da draußen im Dunkeln. Es ist kalt, nass, ekelig und da laufen Alpha rum. Ich werde sicher nicht zulassen, dass Stegi noch eine Nacht draußen verbringt.", versuchte Tim sich ein drittes Mal gegen ihn aufzulehnen. Vergebens. Veni würde ihn nicht von dieser Couch lassen. Auch wenn er Tim dafür mit der bitteren Wahrheit konfrontieren musste. „ Schön und es bring nichts, wenn jemand auf dich aufpassen muss, weil du fast einschläfst. So sind wir noch ineffektiver. So ist es besser. Leg dich bitte einfach hin, schlaf ein paar Stunden und komm wieder zu Kräften. Meinetwegen kannst du sobald du aufwachst wieder suchen helfen." Länger konnte er Tim wohl kaum hier festhalten und das würde er auch nicht wollen. „ Kommt nicht in Frage, ich.", protestierte Tim und versuchte hochzukommen, sank jedoch in einem Schwächeanfall wieder zurück auf die Couch. Das Zeug zeigte Wirkung. Dagegen war Tim sowieso machtlos. In kürzester Zeit würde es ihn umhauen und dann schlief er mal fünf sechs Stunden durch. „ Du bleibst jetzt bitte liegen und ruhst dich aus.", mahnte er. Wiederwillig ließ Tim sich auf die Couch sinken und schloss die Augen. Es brachte doch eh nichts.

Nachdem Tim schlief, deckte er ihn ordentlich zu. Er startete eine letzte Suchaktion für den heutigen Tag, bevor er ihre Eltern zu Rat ziehen würde. Aber auch diese Suche blieb erfolglos. Und von Tobi hatte er immer noch kein Zeichen bekommen. Deswegen saß er jetzt im Wohnzimmer, umringt von seinen, Tobis und Stegis Eltern und erklärte ihnen die Situation bis ins kleinste Detail. Eigentlich hatten sie es geheim halten wollen, aber nach den Gerüchten hatte Lucy es verständlich nicht mehr ausgehalten und hier um Hilfe und Rat gebeten. Und da Stegi noch nicht wieder aufgetaucht war, konnte er jede Hilfe gebrauchen. Mehr als suchen konnten sie jedoch nicht. Während er beschloss hier die Stellung zu halten und da zu sein, sollte Stegi alleine hier her kommen und nebenbei noch auf Tim aufzupassen, waren ihre Eltern ebenfalls noch mal systematisch alles abgegangen. Mit dem gleichen Ergebnis wie sie. Denn Veni hörte sie drei Stunden später Wohnzimmer einkehren und miteinander diskutieren. Er hatte im Moment keine Kraft dort unten zu sitzen. Sich das Hirn zermartern, wo Stegi sein könnte, konnte er hier oben genauso gut. Hatte er wenigstens halbwegs seine Ruhe und konnte sich konzentrieren. Seine Sorge um Tobi stieg nun langsam aber kontinuierlich an. Er hatte den ganzen Tag nichts von ihm gehört. Ihm war mulmig zumute, wenn er auch nur einen Gedanken daran verschwendete, dass da draußen Alpha waren, die es nicht scherte, dass Tobi gebunden war.  Ihre Bindung würde leiden, so wie sie beide an dem Schmerz, der vom zerbrechen einer Bindung ausging. Dieser Schmerz wurde als unerträglich beschrieben und zerriss einen von innen heraus. Weder wollte er das spüren, noch Tobi durch diese Qualen schicken. Sie würden beide als Wrack zurück bleiben und ihre Bindung nicht mehr erneuern können. Allein der Gedanke daran ließ Veni schlecht werden. Gut war, dass er spüren würde, wenn Tobi schmerzen zugefügt wurden. Nur wusste er dann nicht, wo Tobi war. Und das bereitete ihm große Sorgen. Hoffentlich war Stegi bei ihm und verteidigte sie gegen alles. Dafür war Tobi allerdings schon zu lange weg. Sein Verstand klammerte sich dennoch verzweifelt an diese Hoffnung. Bis er irgendwann meinte, Tobis Stimme unten im Flur zu vernehmen. Augenblicklich stand er auf, um sich selbst von Tobi Wohlergehen zu überzeugen und ihn in den Arm zu nehmen. Einfach nur zu spüren, dass sein kleiner Omega wohlbehalten hier bei ihm in Sicherheit war. Er wollte einfach nur sehen, dass es Tobi gut ging. Für einen kurzen Moment rutschte sogar Stegis verschwinden in den Hintergrund seiner Gedanken.

Teil 2 Bis zum letzten Atemzug// Aufblühende LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt