Kapitel einhundertsiebzehn- Ein erniedringender Schlafplatz

47 4 20
                                    

Auch wenn sie absolut unter seinem Niveau war, wäre es das Beste. Zumal er vor Alphas geschützt wäre. Sofern ihn noch niemand ins Viertel der Rang niedrigsten verwies, konnte er sich hier halbwegs gut und sicher durchschlagen. Dort würde er ums nackte überleben kämpfen. Stegi schlich so unauffällig wie möglich durch die Straßen, um keinen Alpha auf sich aufmerksam zu machen, bis er zu einem etwas größeren Unternehmen kam. Die Läden waren zwar zu, hinten die Produktion lief allerdings auf Nachtschicht. Hieß, er durfte sich nicht erwischen lassen. Kurz besah Stegi die Mauer vor sich. Das Tor war leider geschlossen, aber an den Pfeilern kam er hoch. Stegi legte die Hände an die Kanten und presste dann einen Fuß auf die rechte Seite. Sich noch mal ordentlich am Boden abdrückend presste er den zweiten Fuß weiter oben an. Stegi klammerte sich mit allem was er hatte an diesem Pfeiler fest und setzte dann erstmal einen Arm weiter hoch, dann den rechten Fuß und dann noch mal ein kleines Stück mit dem linken Fuß. Mit einem letzten Zug bekam Stegi die Finger oben auf die Platte drauf gelegt und stemmte sich daran hoch. Auf der anderen Seite ließ Stegi sich runter auf den staubigen Boden fallen, richtete sich aber sofort wieder auf und klopfte sich den Staub von den Händen und Kleidern. Ein paar Meter lief Stegi auf das Gebäude zu, bevor da ein kleiner Schuppen kam, wo die Müllcontainer standen. Stegi klappte einen von den großen Containern auf und zog sich dann am Rand hoch, bis er ein Bein rüber bekam. Er fasste es nicht, dass er sich wirklich auf das Niveau herab ließ im Müll zu schlafen. Doch hier stand er nun in einem Papiercontainer ohne alles und ließ sich dazu hinab hier drin zu schlafen. Stegi klemmte für etwas Luft und Licht einen Karton an beiden Seiten zwischen den Deckel und klappte diesen dann zu. Er war offiziell ganz unten angekommen. Stegi rollte sich in dem Papier zusammen und warf noch ein paar Zeitungen über seinen Körper, um sich warm zu halten. Das würde wohl fortan sein Leben sein und dieser Container voller Müll sein neues Zuhause und Bett. Wie tief konnte er eigentlich sinken?

Die Nacht war so unruhig, wie er es selten erlebt hatte. Geschlafen hatte er kaum. Bei jedem kleinen Geräusch war er hoch geschreckt und hatte kurz gelauscht, ob da etwas war. Er hatte sich selbst verrückt gemacht. Bequem war es auch nicht gewesen. Wenigstens windgeschützt und halbwegs warm war es. Als die ersten Sonnenstrahlen zu ihm herein kamen, öffnete Stegi den Deckel ein wenig und sah sich um. Er war alleine und das Gelände noch zu. Jetzt musste er zusehen, dass er hier runter kam, bevor ihn jemand entdeckte. Mit beiden Händen drückte er den Deckel hoch und stemmte sich dann wieder aus dem Container raus. Stegi sah zu, dass er von dem Gelände runter kam, damit er nicht noch mehr Probleme bekam. Wo er so wirklich hin wollte, wusste er nicht, aber er begab sich mal etwas weiter an den Dorfrand. Dort gab es wenigstens öffentliche Toiletten, wo er was trinken konnte und sich auch geschwind frisch machen durfte, ohne zu zahlen. Gerade wenn er früh dran war, lief er vielleicht in keinen Alpha rein. Und Stegi hatte Glück. Als er eine dieser öffentlichen Toiletten betrat, war er alleine. Erstmal ging Stegi aufs Klo, bevor er sich die Hände wusch und sich gleich mal Wasser ins Gesicht schöpfte. Mit den Händen formte Stegi eine Schale und ließ diese mit Wasser volllaufen, bevor er sie zu seinem Mund führte und daraus trank. Ganz so schlimm war es in dem Papiercontainer nicht, aber für den Winter konnte es verdammt unangenehm werden. Zumal er wirklich nichts hatte. Zumindest warm hatte er es. Wenn es im Winter auch so war, wäre das prima. Stegi trank noch mal Wasser und leider hörte er hinter sich eine Tür aufgehen. Shit. Stegi wollte zurück weichen, doch er nahm keinen fremden Geruch wahr. Als er sich drehte, stand eine zierliche, kleine Omega vor ihm, die ein paar Jahre älter sein musste, als Stegi selbst. „ Guten Morgen.", wünschte sie ihm und trat neben ihn an ein Waschbecken. „ Morgen.", wünschte Stegi etwas misstrauisch. Klar ein Omega würde ihm nichts tun, doch wo ein Omega war, war auch ein Alpha nicht fern. Stegi beobachtete, wie die Omega sich Wasser ins Gesicht schöpfte und dann selbst etwas trank. „ Ich hab dich noch nie hier gesehen. Du lebst noch nicht lange auf der Straße, kann das sein?" Sah man ihm das wirklich so stark an? Nach nur einer Nacht hier draußen. Wenn er aber einen genaueren Blick auf die Omega warf, merkte er, warum sie wissen konnte, dass er hier noch nicht so lange war. Sie durfte selbst auf der Straße leben. Etwas länger sogar schon. Und ein Omega ohne Alpha war so gut wie immer einer, der auf der Straße lebte. Deswegen durfte sie wohl auch einige Leute hier kennen. „ Meine erste Nacht.", erwiderte Stegi. Und die schlimmste seit langem. Hoffentlich konnte man sich da dran gewöhnen. Sonst würde er wohl bald hier sterben und das nicht mal an Alpha oder Durst. Seine Paranoia musste er definitiv in den Griff bekommen. „ Mit jeder Nacht wird es leichter, glaub mir. Und diese anfängliche Paranoia bei jedem Geräusch legt sich nach ein paar Nächten. Hast du wenigstens noch irgendwelche Habseligkeiten?" Hörte sich schon mal sehr gut an. Von jemandem, der schon ein bisschen mehr Erfahrung hatte, sowas zu hören war ein wenig erleichternd. Mehr als das, was er am Leib trug, hatte er allerdings nicht. Zumindest für den Moment. In der Hinterhand hatte er zur Not noch Tobi. Der würde ihm seine Sachen holen. Sofern er nicht sauer war. „ Leider nein. Ich war so blöd auf einen Alpha reinzufallen und bin überstürzt heute Nacht geflohen. Eventuell kann ich die Tage nen guten Freund bitte, meine Sachen zu holen, damit ich irgendwas hab.", erklärte Stegi. So wirklich hatte er sich da selbst keine Gedanken gemacht. Aber Tobi würde ihm sicher helfen. Hatte er eigentlich immer.

Teil 2 Bis zum letzten Atemzug// Aufblühende LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt