Die Überwachung

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Ein paar Stunden später ging Colin nach Hause, und nachdem ich meine Lost Boys allesamt aus dem Nest gejagt hatte, machte ich mich gemeinsam mit Eric auf den Weg zur Arbeit. Ich hatte ihm, und auch den anderen, noch nichts vom zweiten Zettel erzählt und hatte es auch nicht vor.

Ich würde das nun auf meine Art Regeln und niemand würde mir dabei in die Quere kommen. Heute war ich also auf geheimer Mission unterwegs, oder zurück zu meinen Wurzeln, wie man auch sagen könnte. Ich hatte nämlich nichts Geringeres vor, als die Videokamera im Fitnesscenter anzuzapfen, um die Ein-und Ausgänge zu überwachen.

Vielleicht würde ich auf den Bändern ja jemanden entdecken, der verdächtig wirkte – oder mir bekannt vorkam, beides war möglich.

Das Flavio höchstpersönlich diese Nachrichten in meine Sporttasche schmuggelte, wagte ich zu bezweifeln, aber vielleicht schickte er jemanden von den Anacondas, den ich kannte.

Es war schliesslich alles möglich in meiner Welt.

Nach dem ersten erfolgreichen Kurs, in dem auch der wie immer freundliche Alessandro war, schlich ich zur Rezeption und machte mir am Hauptcomputer zu schaffen.Ich war extrem nervös, denn ich hatte sowas schon seit über einem Jahr nicht mehr gemacht. Ich war nicht mehr so trainiert darin, wie früher. Aber was konnte schon gross passieren...?

Ja, gut, ich gab zu, es konnte vieles schief gehen.

Ich könnte auffliegen, meinen geliebten Job verlieren, angezeigt oder sogar verhaftet werden und meine Tarnung verlieren. Ok, es stand Einiges auf dem Spiel, weshalb ich das Hacken der Kamera jetzt nicht versauen durfte. Es war wichtig, wenn ich diesen Mister X finden wollte. Und das musste ich tun, sonst würde ich nie mehr ruhig schlafen können.

Ich tippte wie verrückt auf der Tastatur herum und war heilfroh, als ich merkte, dass das Sicherheitssystem ein Klacks war. Aber was hatte ich erwartet? Es war ein Fitnesscenter, keine Bank.

Nach wenigen Minuten hatte ich bereits eine Verbindung mit meinem Computer zu Hause hergestellt, welche dafür sorgen würde, dass alle Videos direkt auf meiner Festplatte gespeichert werden würden.Aber das reichte mir bei weitem noch nicht, es gab noch etwas anderes, das ich zu meinem Schutz tun musste. Eine Kamera im Umkleideraum der Damen installieren.

Jap, damit überschritt ich jegliche Grenzen, die es gab, und ich kam mir ehrlich gesagt auch vor wie ein Schwerverbrecher, als ich mich auf dem Weg dorthin machte und checkte, ob die Luft rein war. Aber ich hatte schon auf Menschen geschossen, das war also weniger schlimm, wenn man es aus dieser Perspektive betrachtete. Ausserdem platzierte ich die Kamera nicht dort, um zu spannen, sondern um den Unbekannten zu finden, der mir immer diese Zettel unterjubelte.

Gott sei Dank war gerade niemand da, was mich erleichtert ausatmen liess. Kaum hatte sich die Türe hinter mir geschlossen, rannte ich im Eiltempo zur gegenüberliegenden Seite meines Spinds und sprang auf die Sitzbank, um in höhere Gebiete vordringen zu können. Ich legte die kleine Kamera, die auf den schwarzen Spinden gar nicht auffiel, an einen geeigneten Platz und überprüfte danach nochmals von der anderen Seite, ob der Blickwinkel der richtige sein würde.

Ich wollte schliesslich nicht, dass die Kamera den Übeltäter schlussendlich nicht erfassen würde. Wenn schon, denn schon, war hier die Devise. Mein Herzschlag normalisierte sich wieder etwas, als ich merkte, dass ich nun alles erledigt und mich wieder an die Arbeit machen konnte.

Ich war nicht erwischt worden, schon mal ein Pluspunkt für mich und meine Spion Tätigkeiten. Vielleicht hätte ich mich doch mal bei der Polizei bewerben sollen, aber dafür hatte ich wohl eine zu gefährliche Vergangenheit, bei der ich nicht riskieren durfte, dass sie jemals an die Oberfläche kam.

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt