Schachfigur

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Kaltes Wasser, das mein Gesicht berührte, liess mich hochschrecken und in eine aufrechte Position geraten. Ich sah verwirrt und überfordert von links nach rechts und zurück, bevor mein Blick an Jari hängenblieb, der mich besorgt musterte. Neben ihm stand Richard, eine Zigarre in der Hand, mit einem Grinsen im Gesicht.

„Na bist du auch wieder wach?" fragte er mich, als ich versuchte zu verstehen, wo ich war und vor allem...was passiert war. Ich sass auf einem Stuhl, einem äusserst bequemen Stuhl nebenbei bemerkt, in einem grosszügigen, teuer eingerichteten Wohnzimmer. Durch das Fenster konnte ich sehen, dass es Draussen regnete.

Als die Erinnerung an die letzten Minuten vor meinem Ohnmachtsanfall mich einholte, schnappte ich scharf nach Luft und drückte meine Fingernägel gegen meine Handinnenseite, das machte ich immer, wenn ich nervös war.

„Mein Vater...er-er kann nicht tot sein." Meine Stimme klang klarer und stärker, als ich mich selbst fühlte. Ich hätte mir mein Selbstbewusstsein abgekauft, wäre ich Richard gewesen. Er versuchte sicherlich nur, mich zu manipulieren, an seinen Worten konnte nichts Wahres dran sein.

„Oh doch Süsse," Richards Grinsen wurde noch grösser, wenn das überhaupt möglich war.

Ich sah von ihm zu Jari, der einen Ausdruck im Gesicht hatte, der für mich nicht zu deuten war. Ich wusste noch nicht, auf welcher Seite er wirklich stand.

Auf der von diesem Mafia Typen...oder auf meiner. Es war ein Rätsel.

„Er hätte sich nicht von dir und deinen Männern erwischen lassen," meinte ich selbstsicher und stand von meinem Platz auf, um zwei grosse Schritte in die Richtung der Gangster zu machen, die sich vor mir befanden. Ich wollte keine Angst zeigen, denn ich empfand sie nicht mehr. Ich war nur noch wütend und frustriert.

Mit mir selbst und der Art, wie mich mein eigener Körper hinterging und ihn Ohnmacht fallen liess, wie alle immer glaubten, mich herumschupsen zu können und wie mich alle zu manipulieren versuchten.

Ich war es leid, da mit zu spielen.

„Du lügst und wir alle wissen es." Es war keine Frage, die ich stellte, es war lediglich ein Fakt, den ich laut aussprach. Mein Vater war viel zu gerissen dafür, sich von seinem Erzfeind Richard erwischen und töten zu lassen.

„Du kapierst es nicht, oder?" Richard näherte sich mir, zog an seiner Zigarre und rauchte mir direkt ins Gesicht, was mich die Nase rümpfen liess. Jari blieb zurück, er beobachtete uns aber aus seiner Entfernung, als wäre er bereit einzugreifen, wenn etwas Schlimmes passieren würde.

„Was? Das du ein manipulativer Arsch bist? Oh doch, das hab ich längst," gab ich frech zurück und hob mein Kinn hoch, auch wenn Richard trotzdem noch um einiges grösser war, als ich.

„Dein Vater ist tot Cierra," sagte Richard erneut laut, „und das schon seit über einem Jahr."

Das ergab doch keinen Sinn, was redete er denn da?

„Hä? Nein, er- er hat mir und Alessandro diese Nachrichten geschrieben, damit wir ihn finden können," erklärte ich und schüttelte den Kopf. Ich durfte Richard nicht in meinen Kopf lassen, dort würde er nur Schaden anrichten.

Ich war stärker, als er dachte. Ich liess mich nicht auf sein Niveau herab.

„Und wer hat dir den Tipp dafür gegeben? Wer hat dir gesagt, dass dein Vater noch lebt und dich auf die Suche geschickt?"

Ich antwortete nichts, ich war zu sehr damit beschäftigt, mir einen Reim darauf zu machen, doch ich fand keinen.

„Hmm Cierra?" machte sich Richard über mich lustig, „wer war es denn? Es würde Jari sicherlich brennend interessieren, wer dich auf die Idee gebracht hat, dass dein totgeglaubter Vater noch lebt."

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt