Abschied nehmen

3K 245 14
                                        

Das Haus, in das ich eintrat, war weniger luxuriös, als das letzte. Es sah fast so aus, als würden normale Leute hier leben, nicht die Mafia. Das einzige, was dieses idyllische Bild trübte, waren die zwei Männer mit Maschinenpistolen, die direkt hinter Richard standen und mich und Jari in Augenschein nahmen.

Ich war immer noch entsetzt und verwirrt von der Tatsache, dass er und Richard sich kannten, darauf konnte ich mir keinen Reim machen. Als der alte Mann noch der Boss der Anacondas gewesen war, war Jari sicherlich noch nicht in der Gang gewesen, dafür war er noch viel zu jung. Er war ja nicht viel älter, als ich.

Hatte er mich hintergangen und war nun bereit, mich und die anderen zu verraten? Möglich wäre es, ich durfte niemandem trauen, nicht seit dem, was damals mit Flavio passiert war.

Richard schien überglücklich zu sein, nun, dass ich mich in seiner Gewalt befand, und klopfte sich in die Hände: „So, unser Gast...oder unsere Gäste, sind eingetroffen, wunderbar."

Man konnte fast meinen, er sprach von einem netten Dinner unter Freunden, nicht von einer Gefangenschaft.

„Wo ist Candice? Du hast gesagt, du lässt sie frei, wenn ich komme! Das war der Deal!" schnippte ich zickig in seine Richtung, nur um ihn an seinen Teil der Abmachung zu erinnern. Meine beste Freundin musste ich in Sicherheit wissen, alles andere war vorerst egal.

„Da ist wohl jemand ungeduldig," entschied Richard und lachte auf, „Emanuel, hol doch mal bitte die liebe Candice hier runter. Cierra möchte sie gerne sehen."

„Geht klar Boss," sagte einer der Männer, sah dann zu mir und verschwand danach um die Ecke, so dass ich ihn nicht länger beobachten konnte. Ich wurde etwas nervös, jetzt, wo ich von so vielen gefährlichen Männern umgeben war.

Richards Leute hatten sicherlich davon gehört, dass ich ihre zwei Kumpanen gekillt hatte, sie waren somit nicht gut auf mich zu sprechen, wie ich vermutete.

Und Richard selbst - der mochte mich sowieso nicht. Er sah in mir bloss meinen Vater, und wie die Geschichte der beiden ausging, ist bekannt.

Jari schien gelassener zu sein, als ich, obwohl ich an seinem Gesichtsausdruck erkennen konnte, dass auch er sich nicht wohl fühlte.

Auf welcher Seite war er denn nun? Auf meiner oder auf der Seite der anderen?

Als er etwas näher an mich herantreten wollte, nahm ich sofort etwas Abstand, nur um sicherzugehen. Er schien durch meine Geste verletzt zu sein und zog sich zurück, er respektierte somit meinen Wunsch.

Das war ich mir von anderen Männern nicht gewohnt, allen voran Flavio, der niemals darauf einging, was ich wollte, wenn es ihm nicht in den Kram passte.

Die Sekunden vergingen qualvoll langsam, als wir vier, Richard, Jari, ich und ein Mafiatyp, darauf warteten, das Candice bald hier auftauchen würde.

Und tatsächlich, man hörte sie schon von weitem, denn sie fluchte, was das Zeug hielt.

„Herrgott nochmal, lass mich los du Dreckskerl!" kreischte sie, „ich kann schon selbst gehen, ich bin nur schwanger, nicht gelähmt, du Esel!"

Wäre ich in einer anderen Lage gewesen, hätte ich wohl laut losgelacht, aber jegliche Töne blieben mir im Halse stecken, als der mir unbekannte Typ seine Waffe näher an sich drückte, jederzeit bereit, sie abzufeuern.

Als meine beste Freundin gefolgt von diesem Mafiahandlanger um die Ecke kam, konnte ich nicht anders, als vor Freude zu strahlen und schnurstracks auf zu ihr zu rennen. Ich hatte sie so sehr vermisst und mir unglaubliche Sorgen gemacht, dass ich nun, als ich sie sah, nicht

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt