Der Friedhof

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„Schh!" zischte mir Miro ins Ohr, nachdem ich Eric eine Schaufel überreicht und mit meinem Finger in eine Richtung gewiesen hatte, „ihr müsst ruhig sein!"

„Der Einzige, der hier gerade redet, bist du Miro!" meinte Tom genervt und nahm sich ebenfalls eine Schaufel aus dem Kofferraum, als wir zu viert auf den Friedhof zusteuerten und dabei versuchten, nicht allzu verdächtig auf jeden zu wirken, der uns sehen könnte.

Es war bereits nach Mitternacht, vielleicht halb eins, und wir hatten seit über 24 Stunden kein Auge mehr zugemacht, wollten die Mission aber noch heute durchziehen.

Ich war vorgestern aus dem Krankenhaus entlassen worden, nach einem viertägigen Aufenthalt, und hatte mit meinen Lost Boys lange diskutieren müssen, um endlich hier zu sein, wo ich jetzt war.

Auf dem Friedhof - bereit ein Grab zu schänden.

Jap, tiefer konnte ich definitiv nicht mehr sinken, soviel stand fest.

Alle anderen meiner Freunde, ausser Tom, Miro und Eric, waren zu Hause geblieben, um die Lage von dort aus im Auge zu behalten. Wir hatten keinen Sinn darin gesehen, hier mit einer ganzen Mannschaft aufzutauchen, schliesslich waren wir Inkognito unterwegs und hatten keine Lust, wenn die Polizei plötzlich auf der Matte stehen würde.

Flavio, der uns unbedingt hatte begleiten wollen, hatte ich ebenfalls verscheucht. Ich hatte seit mehreren Tagen keine zehn Worte mit ihm gewechselt, was ihn unglaublich zu stören schien. Mir war es aber egal, ich hatte gerade keine Zeit, mich mit ihm zu streiten, darum redete ich einfach gar nicht mit ihm. Zwischen Flavio und mir war es immer so, entweder stritten wir uns - oder wir ignorierten uns. Etwas anderes gab es nicht mehr.

Als wir schon am Eingang des Friedhofs vorbei waren und in die Richtung der Häftlingsgräber liefen, hörte ich auf einmal ein seltsames Geräusch neben mir, gefolgt von einem leisen Fluchen.

„Verdammt, Miro du Trottel," hörte ich Eric sagen und kurz lachen, „du musst schon aufpassen, wo du hin läufst."

„Au," antwortete dieser beleidigt und rappelte sich mühsam im Dunkeln wieder auf, „wie soll ich das denn machen, wenn es so finster ist?! Ich seh meine eigenen Füsse nicht! Und oh bitte sag mir, ich bin nicht gerade über einen Grabstein gestolpert!"

Ich erkannte die Panik in seiner Stimme, die er stets hatte, wenn er sich sorgen machte und grinste vor mich hin, als ich sagte: „Du bist nicht über einen Grabstein gestolpert."

„Gott sei Dank! Du lügst doch nicht, oder?"

„Doch," redete ich weiter und musste ein lautes Auflachen unterdrücken, als Miro ein angeekeltes Quietschen von sich gab. Es war vielleicht nicht die beste Idee gewesen, ihn auf den Friedhof mitzunehmen. Tristan wäre sehr wahrscheinlich die bessere Wahl gewesen, oder sogar Candice, wenn diese nicht schon wieder nach Hause gefahren wäre.

Jeder in diesem Haus wäre besser gewesen, als Miro, ausser natürlich Adriana und Flavio, die konnte ich beide zurzeit nicht ausstehen.

Ich hatte mit dem Anführer der Arreic's noch nicht über die Sache mit meiner Mutter gesprochen, und ehrlich gesagt hatte ich es auch nicht vor. Ich wollte gar nicht wissen, ob es stimmte, oder nicht. Vielleicht war es schlauer, im Dunkeln zu bleiben, als die volle Wahrheit zu erfahren. Ich hatte Angst davor, dass ich diese Wahrheit nicht ertragen konnte.

„Ist das der Grabstein?" fragte Eric, der als einziger von uns mit einer Taschenlampe gekommen war. Wenigstens hatte einer mitgedacht.

Er zeigte mit dem Lichtstrahl auf einen der vor uns liegenden Grabsteine, auf dem mit einer simplen, einfachen Schrift der Name John Foster eingemeißelt worden war.

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt