Zigarrenrauch

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Dummerweise funktionierte dieses bescheuerte Hörgerät, dass ich in meinem Ohr trug, immer noch nicht, jedenfalls fand es keine Verbindung mehr zu Colin oder jemand anderem von der Gang, obwohl das wahrscheinlich eh nichts genützt hätte.

Ich und Alessandro wurden nämlich in einen Bereich des Clubs geführt, der naja, nett ausgedrückt, ziemlich abgelegen war. Es war dunkel, stickig, stank nach Rauch und Erbrochenem und war so gar nicht dem Etablissement gewachsen, in dem wir vorher Poker gespielt hatten.

Hier unten, denn wir waren in einem riesigen Keller, war eher der Ort, an dem Leute erledigt und beseite geschafft wurden, was mich nicht beruhigte. Ich hoffte so sehr, dass meine Lost Boys mich und Alessandro doch noch hören konnten, auch wenn wir ihre Antworten nicht mehr wahrnahmen. Sie mussten doch mitbekommen haben, was geschehen war.

Ich hatte wirklich keine Lust, heute hier draufzugehen. Das würde mich ankotzen, so kurz vor unserem Ziel, unseren Vater wieder zu finden.

Ich musste dieses verdammte Rätsel einfach lösen, anders ging es nicht. Meine Neugierde war schon längstens gepackt, es gab kein Zurück mehr. Ich musste die Antwort finden.

Aber, so wie es gerade stand, würde ich das vielleicht nicht mehr können. Diese Typen hatten sicherlich bemerkt, dass Alessandro und ich was im Schilde führten und nicht einfach nur zum Pokern hergekommen waren.

Mein rotes Kleid, dass ich trug, war unangenehm nach oben gerutscht und ich drückte es wieder nach unten, als wir einen neuen Raum betraten. Oder besser gesagt hineingeschupst wurden, denn ganz freiwillig taten wir es nicht.

Alessandro, der direkt auf meinen Versen war, staunte nicht schlecht, als er sich umsah. Dieses Zimmer hier war wieder aufgeräumt, die Luft war frisch und die Einrichtung sogar irgendwie edel, wenn man das so bezeichnen konnte.

Ich war hier gerade wohl in einem dieser billigen, 60ger Jahre Mafiafilmen gelandet. Bald würde wahrscheinlich der Pate von irgendeiner Ecke aus auftauchen und mit uns über seine „Geschäfte" sprechen wollen.

„Da sind ja die beiden," hörte ich eine Stimme und schaute nach rechts, wo ein grossgewachsener Mann in einem dunkelroten Anzug stand. Er hielt eine Zigarre in seiner Hand und zog daran, bevor er den Rauch langsam zwischen seinen Lippen hervorkommen liess.

Ich sah unsicher zu Alessandro und dem Typen, der uns hierher gebracht hatte, und danach wieder zu dem Mann.

„Ja, da sind wir," sagte Alessandro viel zu fröhlich und zuckte mit den Schultern, „tja, war nett mal hier zu sein - wir müssen dann aber auch wieder gehen! Tschau!" Mein Bruder wollte mich an meiner Hand wieder aus dem Raum ziehen, aber natürlich funktionierte sein lahmer Versuch, uns hier rauszubringen, nicht.

Diese Typen hätten auch echt dumm gewesen sein müssen, wenn sie uns auf diese Tour hätten gehen lassen...

„Na na, mal nicht so schnell," sagte der unheimliche Mann und Schritt auf uns zu, während er mich praktisch mit seinen Blicken auszog. Eklig.

Er war sicher 60zig, gut, vielleicht auch 50zig, so genau konnte ich das nicht einschätzen. Jedenfalls war er viel zu alt für mich.

„Wir haben ja noch gar nicht miteinander gesprochen, ich kann doch so ein nettes Ehepaar nicht einfach gehen lassen." Oh ja, das hatte ich schon fast vergessen - ich und Alessandro waren angeblich verheiratet, ganz toll.

Das glaubte uns der Typ sowieso nicht, auch chic gemacht und geschminkt sahen wir beide noch viel zu jung dafür aus.

Wir hätten uns eine viel bessere Tarnung überlegen sollen, aber im Nachhinein war man immer schlauer - oder wenn etwas schief ging.

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt