Ich hielt die Waffe fest an Richards Kopf gedrückt, während ich das Chaos in Augenschein nahm, das ich verursacht hatte.
Die beiden Männer, auf die ich geschossen hatte, lagen reglos am Boden. Waren sie tot?
Ich atmete schwer und versuchte, der Situation mächtig zu werden, aber alles drehte sich förmlich. Alles verschwamm zu einem grossen, verwirrenden Bild.
Was hatte ich getan? Wie war ich zu diesem Menschen geworden?
Was war in meinem Leben schief gelaufen, das nun alles in diesem angsteinflössenden Moment geendet hatte?
Richard sagte kein Wort, ich wusste nicht mal, ob seine Augen geöffnet waren, oder nicht. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, ich merkte nur, dass er leicht zitterte.
Geschah ihm Recht, er hatte mich windelweich geprügelt, er musste etwas leiden.
„Du wirst mir nicht mehr in die Quere kommen," zischte ich wütend, „das hast du jetzt begriffen, oder?! Du wirst mich und meine Freunde in Ruhe lassen! Vergiss deine dämliche Rache und erfreu dich an dem Leben, dass ich dir schenke!"
Mir wurde übel, als ich all das Blut auf dem Boden sah und Dimitri plötzlich aufschrie, um danach wieder mit geschlossenen Augen zusammen zu sacken.
Ich hatte mich furchtbar erschrocken, konnte mich aber weiterhin konzentrieren und schüttelte Richard etwas: „Kapiert?! Lässt du mich endlich in Ruhe oder schickst du mir deine Jungs wieder auf den Hals?!"
„Nein," gab der grässliche Mann sich endlich geschlagen, „das werde ich nicht mehr."
„Habe ich dein Wort, als....wie hast du es vorhin so schön gesagt? Ehrenmann?"
Die Verachtung in meiner Stimme war kaum zu überhören, aber Richard konnte nichts dagegen tun. Er sass in der Falle, ich hielt ihm im wahrsten Sinne des Wortes eine Pistole an den Kopf.
Ich hatte gewonnen, vorerst jedenfalls. Jetzt musste ich nur noch hier raus, bevor ich eine Panik-Attacke erlitt.
Im Moment pumpe mein Körper noch reichlich Adrenalin durch meine Adern, was mich klar denken und überlegen liess, aber sobald sich die Ereignisse etwas gelegt haben würden, würde ich mit Sicherheit anfangen zu weinen.
Aber dieser Zeitpunkt war noch nicht gekommen, zurzeit waren meine Augen noch auf mein Ziel gerichtet: Freiheit.
Ich war mir sicher, dass noch andere Leute hier im Haus waren, die bald auftauchen würden, wenn sie die Schüsse gehört hatten. Aber bei dem lauten Krach, den die Pistole verursacht hatte, war ich mir dessen beinahe sicher.
Niemand würde diese Schüsse überhört haben können.
„Wo kann ich raus?" fragte ich deshalb an Richard gerichtet. Er musste sein Haus schliesslich besser kennen, als jeder andere. Ausserdem war es nicht gerade wahrscheinlich, dass er mich anlügen würde, wenn er überleben wollte.
Ich würde ihm sein Leben schenken, aber auch nur, wenn er mich nicht weiter reizte. Ich war geladen und bereit, auch noch auf eine dritte Person zu schiessen, wenn es sein musste. Ich war schon zu weit gegangen, als jetzt noch einen Rückzieher zu machen.
„Äh, du-du könntest-" stotterte Richard nervös und ich hörte, wie er scharf die Luft einzog, bevor er weiterredete: „Du könntest hier - hier auf den Balkon runterklettern. Am Haupteingang sind Wachen, da kommst du nicht vor - vorbei. Aber wenn du hier runterkletterst ist nur 100 Meter entfernt die Hauptstrasse."
Ah, damit konnte ich nun endlich etwas anfangen, das waren doch Informationen, die ich gebrauchen konnte.
Wie aufs Stichwort und gerufen klopfte es auf einmal wie wild an der Tür, als eine fremde Stimme zu hören war: „Boss, alles ok? Sollen wir reinkommen?!"
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Gangs 2 - Lost Boys
Ficção AdolescenteCierra Foster hat vieles hinter sich, das sie lieber vergessen möchte. Aber selbst mit neuem Namen und neuem Wohnort muss sie lernen, dass man seiner Vergangenheit nicht so einfach aus dem Weg gehen kann...