Lost Boys

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1 Jahr später

Ich erschrak fürchterlich, als ich plötzlich einen Schrei wahrnahm, der von nicht weit entfernt gekommen zu sein schien. Mein Herz setzte für einen Schlag aus, um danach viermal so schnell wieder zu schlagen, wie zuvor. Oh nein, oh nein, oh nein.

Hatte ich mir das nur eingebildet? Oh bitte, es musste so sein.

Aber meine Gebete wurden nicht erhört, denn nur wenige Sekunden später nahm ich einen erneut qualvollen Schrei wahr, gefolgt von einem wütenden Stimmgewirr, das ich nicht verstehen konnte.

War das ein Überfall?

Ohne es wirklich bemerkt zu haben, hatte ich meine Schritte beschleunigt und folgte den lauten Geräuschen, die ich nun immer deutlicher hören konnte. Sie kamen aus einer beinahe schwarz wirkenden Seitenstrasse, in der ich nur ein paar dunkle Figuren wahrnehmen konnte, die auf irgendetwas zu treten schienen, das am Boden lag. War das....ein Mensch?!

Mir lief es kalt den Rücken runter, das war wirklich ein Mensch!

Und, obwohl mein Verstand mir sagte, ich solle so schnell wie möglich wegrennen, konnte ich es nicht. Ich stand da, wie versteinert und beobachtete, was direkt vor mir vor sich ging. Ich hörte die Schreie, ich hörte die Beschimpfungen, ich hörte alles.

Ich tat wohl das Dümmste, das ich in dieser Situation tun konnte, anstatt die Polizei zu rufen oder Hilfe zu holen, Schritt ich ein, ohne noch einen weiteren Moment zu verschwenden. Wieso, fragt ihr euch? Das kann ich mir selbst nicht wirklich erklären.

Ich spürte auf einmal diese ungeheure, unbeschreibliche Wut in mir aufsteigen und rannte selbstsicher zu den dunkeln Gestalten, die immer noch mit ihrem Opfer beschäftigt waren. Mein Herz hämmerte wie verrückt gegen meine Brust, aber es war schon zu spät, sie hatten mich gesehen und sicherlich auch gehört, denn ich schrie: „Hey! Ihr da! Aufhören!"

Ohne mir der Konsequenzen im Klaren zu sein, schupste ich einen der Typen, der mich mindestens um zwei Köpfe überragte, zur Seite und stellte mich schützend vor den verletzten Jungen auf dem Boden, von dem merkwürdige Geräusche zu hören waren. Ich glaubte, er übergab sich gerade.

Die Panik in mir ignorierend, blieb ich genau dort stehen und starrte die 4 Männer, die kaum älter als ich zu sein schienen, mit dem zornigsten Blick an, den ich hinbekam. Innerlich hingegen hatte ich unglaubliche Angst. Warum hatte ich nicht vorher die Polizei gerufen?!

„Was willst du Süsse denn jetzt hier, mhm? Hast dich verlaufen?" neckte mich einer der vier und ich drehte meinen Kopf zu ihm. Ich konnte ihn nicht gut erkennen, aber er sah so schon genug furchterregend aus, da war ich froh, ihn nicht ganz sehen zu müssen. Mein Herz rutschte mir in die Hosen, als ich mir meiner Lage nun bewusst wurde. Ich schluckte hart und antwortete nicht.

„Das ist kein Ort für kleine Mädchen," sagte dann ein anderer mit einem so bedrohlichen Unterton, dass ich am liebsten weggelaufen wäre. Doch das konnte ich nicht, mein gutes Gewissen verbot es mir.

„Du," sprach der nächste und zeigte mit dem Finger auf mich, „solltest dich besser nicht einmischen. Du solltest nicht hier sein."

Ich sah den Typen an, er schien der Anführer zu sein, da ihn nun alle ansahen und wahrscheinlich auf ein Zeichen von ihm warteten, mir ein Ende zu bereiten. Oh Gott, wo war ich nur reingeraten?

Ich fand endlich den Mut, etwas zu sagen, wenn auch nur mit brüchiger Stimme: „Und ihr solltet niemandem zusammenschlagen, der schon am Boden liegt. Ich schätze, wir halten uns beide nicht an Regeln."

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt