Seelenverwandt

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10 Jahre später

«Ashley, geh mit deinem Bruder nicht zu weit weg, ja?» rief Candice ihren beiden lachenden Kindern hinterher, als diese in den Garten rannten und hinter einem der Bäume verschwanden. Eine Antwort erhielt sie nicht, was mich zum Schmunzeln brachte. Die beiden hielten Xavier und sie ganz schön auf Trab, jeden Tag aufs Neue.

Ich legte meiner besten Freundin einen Arm um die Schulter und seufzte: «Schön, das ihr hier seid. Ich könnte mir kein besseres Geschenk zum Geburtstag wünschen.»

«Dann,» meinte Candice und lachte, «willst du wohl die süsse Kette, die ich dir gekauft habe, gar nicht haben, was? Naja, ich kann sie auch behalten, wenn das so ist.»

«Ich hab doch gesagt du sollst mir nichts kaufen.» Ich löste mich von Candice und sah sie an, sie verdrehte aber nur die Augen und antwortete: «Du wusstet genau, dass ich mich nicht an sowas halten würde. Ich hasse Regeln und - ich liebe Geschenke!»

«Ich hab für Ashley und Simon aber auch was,» gab ich zu. Meine beste Freundin hatte mir eigentlich verboten, ihre Kinder weiterhin mit Sachen zu überhäufen, aber ich konnte einfach nicht anders. Die beiden waren viel zu goldig.

Candice war schon drauf und dran, was zu erwidern, als ich ihr zuvorkam: «Na, na! Du kannst jetzt nichts sagen! DU hast auch nicht auf mich gehört!»

«Aber die beiden haben doch schon so viel.»

«Mir egal, ich bin die Tante und ich entscheide, wann sie genug haben. Ach bitte, es ist auch nur was Kleines, ganz ehrlich. Wann kommt überhaupt Ashton?»

Candice sah auf die Uhr in meiner grossen, hell gehaltenen Küche und überlegte kurz.

«Xavier hat geschrieben, er holt Ashton um 3 Uhr am Bahnhof ab. Ich würde schätzen die beiden kommen also jede Minute. Und wann kommt Mister Loverboy?» Candice wackelte mit den Augenbrauen.

Ja, Ashton würde auch zu meinem Geburtstag erscheinen, genauso wie Xavier. Ich hatte meine liebsten Freunde eingeladen. Dem Schwager meiner besten Freundin ging es, nach langer Therapie und endlosen Klinikaufenthalten, wieder gut. Er hatte sich fast vollständig von seinen Verletzungen erholt.

Ich wollte auf ihre letzte Frage antworten, kam aber nicht dazu.

«Tante Cierra!» überraschte mich Simon und klammerte sich an meine Beine, «du hast doch Kuchen, oder? Ohne Kuchen ist eine Geburtstagsparty doof!»

«Natürlich hab ich Kuchen,» sagte ich sofort und strich ihm durch sein dunkles Haar, «was denkst du denn? Aber wo hast du deine Schwester gelassen?»

«Sie ist noch draussen,» antwortete der kleine Junge und zog eine Schnute, «sie ist auf nen Baum geklettert und will nicht mehr runterkommen und ich bin zu klein, um es dort rauf zu schaffen.»

«Sie ist was?!» Candice war entsetzt und beschloss sofort, im Garten nach dem Rechten zu sehen, was mich alleine in der Küche zurückliess, denn ihr Sohn folgte ihr.

Ich atmete tief durch und stützte mich am Küchentisch ein wenig ab. Der Tag heute war bis jetzt wundervoll, wirklich. Das meine Freunde hier waren erfüllte mich mit einem Gefühl, dass ich schon so lange nicht mehr gehabt hatte. Ich fühlte mich so, als wäre ich endlich dort angekommen, wo ich hingehörte.

Hier und nirgendwo anders auf der Welt war mein Platz.

«Hey Schwesterchen!» hörte ich die Stimme meines Bruders Alessandro, der, wiedermal, ohne anzuklopfen das Haus betreten hatte. Seine Freundin Livia war ihm dicht auf den Versen und ich begrüsste die beiden voller Freude. Sie wohnten nicht weit von hier, sie sah ich also öfter, als Candice und Co.

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt