Der Zettel

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Es vergingen keine 15 Minuten, bevor ich, gefolgt von Alessandro und Jari, mein Haus verliess und somit meine Jungs alleine zu Hause waren.

Flavio hatte zwar noch einigen Protest geleistet, schlussendlich jedoch verloren und sich geschlagen gegeben. Er durfte uns nicht begleiten, er würde uns bei der Sache nur in die Quere kommen und unnötiges Drama verursachen, und davon hatte ich schon genug gehabt. Colin hatte sich auch noch ins Gespräch einmischen müssen, da war ich aber geflüchtet und schnell zum Auto gegangen.

Dummerweise war uns nur aufgefallen, dass wir es heute nicht mehr rechtzeitig zur Bank schaffen würden, denn die Bank, zu der wir mussten, war schliesslich nicht in dieser Stadt. Sie war in jener, in der ich vorher gewohnt hatte.

Warum hatte ich auch nicht vorhin schon daran gedacht?

„Wann werden die anderen nachkommen? Und wo werden wir schlafen?" fragte Jari vom Beifahrersitz aus, den er sich gekrallt hatte, als ich gerade nicht aufgepasst hatte. Somit musste ich mich auf den engen Rücksitz zwängen.

„Ich rufe nachher gleich Tom an, der hat sicher noch ein paar Plätze frei, die anderen kommen erst, wenn wir ihnen sagen, dass sie kommen sollen. Wenn es nur ein Hinweis ist, hat es keinen Sinn, wenn alle runterfahren und nachher wieder zurück."

„Stimmt," meinte Alessandro, als er gerade auf die Hauptstrasse einbog und sich mehr aufs Fahren, als auf alles andere konzentrierte. Ich hingegen war müde und lehnte mich zurück, um etwas entspannen zu können.

Flavio spukte immer noch in meinem Kopf herum, wie ein Gespenst, dass ich nicht loswerden konnte. Er war stets da.

Um etwas auf andere Gedanken zu kommen, wollte ich versuchen, mit Jari ein Gespräch zu beginnen, er blockte aber jegliche meiner Versuche ab. Er hatte wohl nicht sehr grosse Lust darauf, sich mit mir zu unterhalten.

„Und- äh, was machst du denn jetzt, wenn du nicht mehr bei der Bank arbeitest?" fragte ich neugierig, doch Jari starrte nur weiterhin aus dem Fenster.

Als er nicht antwortete, schlug ihm Alessandro gegen die Schulter und erst dann reagierte der Angesprochene, jedoch unübersehbar genervt.

Er verdrehte die Augen und meinte: „Das geht dich nichts an."

Oh, das war harsch. Er war wohl nicht so der gesprächige Typ und ob er mich mochte, das bezweifelte ich auch. Wir hatten zwar vor einigen Minuten im Haus einige nette Worte miteinander gewechselt, aber jetzt gerade schien es, als würde er mich hassen.

Na, das Spiel konnte ich auch mitspielen, nur zu gut. Flavio und ich hatten uns auch 24 Stunden am Tag angezickt, ich war das somit gewohnt.

„Wenn du nicht mit mir reden willst, sag's einfach. Aber benimm dich nicht wie die grösste Diva!" Ich setzte ein Pokerface auf, als mich Jari irritiert durch den Rückspiegel ansah und wohl sehen wollte, ob ich ihm noch mehr vorschreiben wollte, oder nicht. Aber ich blieb still.

„Das sagt genau die Richtige, seit ich hier bin spielst du dich so auf, als würde sich die ganze Welt nur um dich drehen, als ob irgendjemand sich für deine Beziehungsdramen interessieren würden!"

„Es hat dich niemand gebeten, mitzukommen!" schnippte ich eingeschnappt zurück und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Nicht mal während einer Autofahrt konnte man seine Ruhe haben, überall hin verfolgte mich ein Drama noch dem anderen.

„Äh- doch?!" gab Jari zurück. „dein Bruder! Er wollte ja so unbedingt meine Hilfe!"

Alessandro, der versucht hatte, sich rauszuhalten und nichts zu der Sache zu sagen, sah nun alarmiert zuerst zu Jari, dann zu mir und sagte: „Hey, jetzt zieht mich da nicht mit rein, klärt das unter euch. Ich kann ja nichts dafür, wenn ihr euch nicht ausstehen könnt."

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt