Schläge

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Ich hatte, seit dem Erhalt dieser Information, kein Wort mehr gesagt. Ich hatte keine Kraft dazu gefunden.

War es tatsächlich möglich, dass Flavio den Befehl dazu gegeben hatte, meine Mutter zu töten? Hatte er wirklich so kaltherzig und berechnend sein können, wie Richard sagte? Oder versuchte der Gangsterboss gerade, mich gegen meine eigenen Freunde aufzubringen?

Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen - und das bedeutete vieles.

Bei jedem meiner Leute zu Hause, bei Candice, bei Miro, bei Tristan und Eric, bei allen hätte ich sofort und ohne Zweifel abstreiten können, so etwas getan zu haben...aber bei Flavio?

Bei Flavio konnte ich es nicht abstreiten, nicht, ohne das Risiko eingehen zu müssen, dass ich falsch lag.

Er hatte mich schon öfters angelogen und hintergangen, mich manipuliert und ausgenutzt. Ich konnte also nicht sagen, ob Richard die Wahrheit über den Mann sagte, den ich liebte, oder nicht.

Es war ein Rätsel für mich, das ich noch zu lösen hatte. Wie so viele andere auch.

Als der zweite Gang und das Dessert serviert waren, hatte ich gar nicht mehr mitbekommen, von was die ganze Zeit über gesprochen worden war. Es hatte wohl irgendwas mit der Mafia zu tun, was mich nicht interessierte.

Ich interessiert mich mehr für meine eigenen Probleme und wie sie verursacht wurden.

Mein Vater war also noch am Leben, er hatte mir eine Nachricht hinterlassen und nun wollte Richard von mir, dass ich ihm half, ihn hierher zu locken.

Aber wollte ich das? Wollte ich meinen eigenen Vater einem Gangsterboss ausliefern und seinem Schicksal überlassen?

Wieder etwas Neues, das ich nicht sagen konnte.

Mein Vater hatte mich und meine Mutter verlassen, als wir ihn gebraucht hatten. Er hatte sich nie gemeldet, geschweige denn, uns geholfen.

Ob er aber verdient hatte, zu sterben, das konnte ich beim besten Willen nicht bestimmen. Das war nicht meine Aufgabe.

Nun aber war ich hier gelandet, bei der echten und wahren Mafia, und wusste nicht, wie ich wieder Heil aus der Sache rauskommen sollte. Richard würde mich sicherlich nicht einfach gehen lassen, wenn ich den Deal ablehnte.

Das Handy hatte er mir ebenfalls bereits wieder weggenommen, als hätte er Angst davor, was ich noch tun würde, wenn es sich länger in meinem Besitz befände. Ich war ihm ausserdem immer noch eine Antwort schuldig.

„Cierra," brachte mich seine Stimme in die Wirklichkeit zurück, „du hast keinen Hunger mehr, oder?"

„Äh, was?" fragte ich zurück, da ich die Frage nicht verstanden hatte. Mit meinen Gedanken war ich noch ganz wo anders.

„Willst du noch etwas?" wiederholte er seine Worte und schaute direkt in meine Augen, als wollte er herausfinden, was wirklich in meinem Kopf vorging.

Ich sah von ihm zu Dimitri, der mir einen abschätzenden Blick zuwarf, und murmelte dann ein leises „Nein".

„Gut," meinte Richard laut und deutlich, was mich aufschrecken liess, „dann wird dich Dimitri hier in dein Zimmer zurück bringen."

„Kann das nicht der andere machen?" fragte ich etwas zu schnell. Ich hatte seinen Namen vergessen, aber besser er, als Dimitri. Der hatte immer noch ne Rechnung mit mir offen.

„Nein," mischte sich der Teufel persönlich in unser Gespräch ein, was bei mir eine Gänsehaut verursachte, „ich mach das, Boss."

„Perfekt," antwortete Richard mit einem dreckigen Lächeln. Der Bastard wusste genau, was sein Handlanger mit mir vorhatte und es schien ihm nichts auszumachen.

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt