Die letzte Chance

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Hustend legte Jari den Wecker, mit dem er noch vor einigen Sekunden Flavio eins übergezogen hatte, zur Seite und setzte sich erschöpft zurück aufs Bett. Es wirkte so, als hätte er unglaubliche Kopfschmerzen.

Ich stand noch immer genau da, wo mich mein Ex – Freund mit einer Waffe bedroht hatte, zu geschockt, um auch nur einen Fuss zu bewegen. Flavio lag bewusstlos auf dem Boden, seine Waffe neben ihm.

Ich konnte nur schwer nachvollziehen, was gerade stattgefunden hatte, irgendwie ging es nicht in meinen Kopf. Diese Situation hätte ich mir in keinem Alptraum ausdenken können. Alles, aber so etwas nicht.

Es verging eine Minute ohne ein weiteres Wort, ich und Jari sahen nur den Boss der Arreic's an, der so aussah, als wäre er friedlich eingeschlafen, anstatt unsanft niedergeschlagen worden.

Die Türe zu unserem Zimmer wurde plötzlich geöffnet und Tom betrat den Raum, und als er die seltsame Stimmung wahrnahm und die Szene, die sich ihm bot, schien er äusserst verwirrt zu sein. Ihm direkt auf den Versen war Miro, der ein überraschtes „Oh" von sich gab, sah mich geschockt an und starrte denn in die Richtung von Flavio.

„Was-Was ist hier gerade passiert?" fragte schliesslich Tom.

„Die bessere Frage ist doch: WO wart ihr? Habt ihr das Geschrei nicht gehört?!" Jari war ausser sich vor Wut, wurde aber von einem erneuten Hustenanfall unterbrochen. Er krümmte sich und legte sich deswegen richtig aufs Bett, um etwas zur Ruhe zu kommen. Er hatte Schmerzen.

„Wir haben gedacht wir kommen erst, wenn Flavio sich beruhigt hat," erklärte Miro peinlich berührt, „wir dachten er hätte nur mal wieder einen seiner kleinen Wutanfälle."

„Das...das ist schon ok," murmelte ich, zum ersten Mal seit der Sache mit der Waffe, einige Worte. Meine Stimme klang unsicher und schwach, so gar nicht wie sonst.

„Nein, ist es nicht! Ey, er hat Cierra mit einer Waffe bedroht! Er wollte uns beide erschiessen! Das ist alles andere, als ok!" Jari warf den beiden Jungs einen düsteren Blick zu, aber da er auf dem Bett lag, wirkte das Ganze nicht wirklich einschüchternd.

Tom und Miro tauschten besorgte Blicke aus, bevor sie mich ansahen.

„Er hat was?!" wollte nun Eric wissen, der auch den Weg ins Zimmer gefunden hatte. „Dieser Idiot!"

„Hätte ich ihn nicht k.o. geschlagen, würden Cierra und ich wahrscheinlich nicht mehr leben." Jari war stink sauer, das wussten wir alle.

Ich hingegen – ich war mehr geschockt. Ich hatte noch keine Zeit gehabt, mir andere Gedanken darüber zu machen, dafür war es noch zu frisch.

„Dieses was wäre wenn Gelaber nützt uns jetzt nicht," stellte ich erschöpft klar und sah bedrückt zu Boden, „wir-wir sollten Flavio irgendwo einsperren, bis wir sicher sind, dass er wieder der Alte ist."

„Der Alte?! Du meinst das egoistische, explosive Arschloch?!" Ok, Jari war echt stink wütend, mit gutem Recht. „Er hat dich bedroht Cierra! Er wollte dir wehtun! Ich sage, wir werfen ihn raus!"

„Wir können ihn nicht einfach rauswerfen, er ist einer der Anführer," erklärte Tom, „aber das, was er gemacht hat, ist nicht akzeptabel. Wenn er sein Verhalten nicht ändert, geht es so nicht mehr weiter."

„Sperren wir ihn in sein Zimmer, dort kann er nicht rausspringen, das ist zu hoch." Eric's Idee schien Hand und Fuss zu haben und nur kurze Zeit später setzten die Jungs sie gemeinsam in die Tat um, bevor der gute Flavio die Chance hatte, aufzuwachen und alles über den Haufen zu werfen.

Ich wollte gar nicht wissen, was er tun würde, wenn er wieder zu sich kam und feststellte, was wir gemacht hatten.

Jari legte sich hin und versuchte, sich auszuruhen, während ich in die Küche zu Candice ging, um mir einen Beruhigungstee zu machen. Ich merkte richtig, wie das Adrenalin durch meine Adern pulsierte und meinen ganzen Körper zum Zittern brachte.

Gangs 2 - Lost BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt