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Patrick packte mich grob am Handgelenk und zog mich ohne viele Worte aus der Menge, weg von der lauten Musik, dem grellen Licht und von Anthony. Die Nacht, die zuvor von einer gewissen Leichtigkeit geprägt schien, nahm nun eine düstere Wendung. Patrick stellte mich zur Rede, sein Blick durchbohrte mich wie ein schwarfes Schwert.
"Was zur Hölle denkst du, was du da tust, Allison!?", zischte er, während er weiterhin grob mein Handgelenk festhielt. "Denkst du, das wird irgendwas ändern? Du kannst mich nicht so einfach ersetzen".
Ein Moment der Stille breitete sich zwischen uns aus, nur unterbrochen vom dumpfen Klang der fernen Musik.
"Wie konntest du?", fuhr er fort, seine Stimme nun weniger wütend, dafür schwer von Verletzungen. "Hast du überhaupt nachgedacht, wie das auf mich wirken könnte?"
Von meinen Emotionen hin- und hergerissen, fand ich keine Worte.
Der Abend, der als Ablenkung beginnen sollte, wurde zu einer unerwarteten Konfrontation, bei der wir beide gezwungen waren, uns mit unseren eigenen Gefühlen auseinander zu setzen.
Mein Blick war wolkig, und meine Stimme zitterte, als ich versuchte zu erklären, warum ich mich auf Anthony eingelassen hatte. Patrick, der von Wut und Eifersüchtig erfüllt zu sein schien, verhielt sich, als könne er meine Worte kaum ertragen. Die Auseinandersetzung war ein Strudel aus Vorwürfen, Verletzungen und dem verzweifelten Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen.
Inmitten des Konflikts aber verloren wir beide die Kontrolle über unsere Emotionen. Ich, von Schuldgefühlen und Selbstzerstörung getrieben, und Patrick, der seine eigene Wut nicht mehr zurückhalten konnte.

Meine Gedanken waren getrübt von Alkohol und Trauer. Die Atmosphäre zwischen uns war wie ein Gewitter, das sich über der zerbrechlichen Ruhe der Nacht entlud.
In einem Moment der Erschöpfung, ließ Patrick mein Handgelenk los, als hätte er plötzlich erkannt, dass diese Art der Auseinandersetzung keine Lösung brachte. Doch die Wunden, die während dieses intensiven Konflikts entstanden waren, waren tief und hinterließen Spuren von Verletzungen, die schwer zu heilen schienen.

×××

Die dumpfen Beats dröhnten durch die stickige Luft auf der Party, zu der ich nun alleine zurückgekehrt war und am Rande des Geschehens stand. In meiner Hand hielt ich einen schon wieder fast leeren Becher, die Spuren von Tränen und Mascara verschwammem auf meinen blassen Wangen.
Mein Blick wanderte durch die Menge, die sich zu einer tanzenden Masse vereinte. Doch die Musik verblasste in meinen Ohren, und die farbenfrohen Lichter verloren ihre Lebendigkeit. Die leeren Blicke der anderen Partygäste strichen an mir vorbei, als wäre ich unsichtbar.
Ein innerer Konflikt nagte an meiner Seele, und die Erinnerungen an den intensiven Streit mit Patrick hallten immer noch nach. Die Wunden, die diese Auseinandersetzung hinterlassen hatte, schmerzten nicht nur physisch, sondern auch in meinem Innersten. Gedankenverloren rieb ich mein Handgelenk, welches immernoch rote Spuren von Patrick's festen Griff trug.

In meinem Zwiespalt war es schwer, die Freude und den Trubel um mich herum zu spüren. Die Party wirkte wie ein ferner Traum, während meine Gedanken von der Dunkelheit der Vergangenheit umhüllt waren. Verloren in meinen eigenen Emotionen, wusste ich nicht, wie es weitergehen sollte.
Am Buffet erkannte ich Anthony. Er hatte sich nach unserem Kuss, der so plötzlich von Patrick unterbrochen worden war, nicht mehr in meiner Nähe aufgehalten. Und jetzt erkannte ich, wie er mit dem nächsten Mädchen flirtete. Bei näherem Hinsehen bemerkte ich, dass Greta dieses Mädchen war. Sie schien ganz angetan von diesem Typen zu sein, denn sie klimperte ununterbrochen mit ihren getuschten Wimpern und spielte dabei verführerisch mit einer dunkelblonden Locke, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte.

Entschlossen drängte ich mich durch die Menge zur offenen Eingangstür, und setzte mich auf die Eingangsstufen, wo es etwas ruhiger war und der Trubel der Party gedämpft wurde. Der laue Sommerabend umhüllte mich, doch die Gedanken an den Streit mit Patrick lasteten schwer auf mir.
Aufeinmal fiel mein Blick auf mehrere Gestalten, die auf Fahrrädern am Haus vorbeifuhren. Ihr Halt war abrupt, als würden sie von unsichtbaren Fesseln gestoppt. Fahrräder fielen klirrend zu Boden, und die Gruppe kam besorgt auf mich zu. Sie waren zu siebt. Bill, Beverly, Eddie, Richie, Mike, Ben und Stan - sie alle standen da, mit besorgten Blicken und einem Hauch von Wiedererkennen in den Augen. Seit der Sache im Wald, hatte ich sie nicht mehr gesehen, und auch nicht gesprochen. Eine Mischung aus Überraschung und Freude zeichnete ihre Gesichter.

"Allie, was machst du denn hier?", rief Beverly, ihre Augen füllten sich mit Sorge. Richie, in seiner gewohnt sarkastischen Art, antwortete anstelle von mir: "Na ja, sie genießt hier gerade die 'frische' Luft und hat nebenbei den coolsten Platz auf der Treppe erobert, ist das nicht offensichtlich?"
Beverly ignorierte diesen Einwurf. "Ist alles okey bei dir?", fragte sie mit einem warmen Lächeln, während die anderen mich ebenfalls aufmerksam betrachteten. "Natürlich geht es ihr nicht gut. Für mich sieht's eher so aus, als hätte sie 'nen Wasserfall geheult". Richies beißende Bemerkung durchschnitt die Luft, und ein verhaltenes Lächeln huschte über meine Lippen, obwohl die Traurigkeit in meinen Augen nicht zu übersehen war. Beverly schaute Richie tadelnd an, während die anderen Losers besorgt auf mich blickten.

"Echt jetzt, Richie?", fragte Beverly mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Allie, was ist passiert? Wir haben uns Sorgen gemacht", warf Ben schließlich ein. Ich sah meine Freunde gar nicht an, als ich mit einer scheuchenden Handbewegung abwinkte. "Alles Super, passt schon", lallte ich benommen. Auf keinen Fall wollte ich in betrunkenem Zustand irgendwelche persönlichen Dinge preisgeben. Ich hatte allein an diesem Abend schon genug Schaden angerichtet.
"Jetzt mach uns doch nicht's vor!", forderte Eddie. "Wir sehen doch, dass etwas nicht stimmt".
"Nein, es ist alles super, ich hatte bloß was im Auge". Stur wischte ich mir über die nassen Wangen, die dicke schwarze Spuren meiner verlaufenen Mascara trugen. Die Losers tauschten besorgte Blicke, als sie meine Sturheit bemerkten. Bill versuchte es mit besänftigenden Worten: "Vielleicht wäre es besser, wenn wir von hier versch-schw-schwinden. Die Party tut dir of-fensichtlich nicht gut".
Meine Augen funkelten vor Entschlossenheit, während ich mich trotzig gegen seinen Vorschlag wehrte. "Lasst mich einfach in Ruhe! Ihr könnt nicht verstehen, was ich gerade durchmache". Meine Stimme klang knatschig, wie die eines trotzigen Kleinkindes, doch das interressierte mich nicht. Alles, was ich gerade wollte, war meine Ruhe und einen weiteren Becher von diesem pappsüßen Getränk, welches meine Gedanken zumindest ein wenig betäubte.
"Das stimmt, wir können nicht verstehen, was du durchmachst. Aber genau deswegen solltest du es uns erklären, damit wir versuchen können, dir zu helfen", erklärte Mike feinfühlig. Ich schüttelte den Kopf.

Richie, der normalerweise die humorvolle Seite der Dinge fand, sah mich ernst an. "Hey, wir sind hier, um dir zu helfen. Du musst nicht alles alleine tragen". Doch meine Worte, von der Dunkelheit meiner Gefühle getränkt, wurden scharf und verletzend. "Geht einfach weg! Ich brauche euch nicht, ihr macht das ganze nicht gerade leichter für mich, also verschwindet einfach!" Ich wusste, dass ich diese Worte bloß aus meiner Verzweiflung heraus sagte, und gar nicht so meinte, doch es war zu spät, um abzubrechen, also musste ich nun zu meinen Worten stehen.
Meine Freunde tauschten ratlose Blicke aus, während ich mich weiterhin auf den Eingangsstufen beharrlich an den leeren Plastikbecher klammerte.

Plötzlich spürte ich eine beruhigende Hand auf meiner Schulter. Stan trat näher und versuchte, die Situation zu deeskalieren. "Allie, versteh doch - wir sind hier, weil wir uns um dich sorgen. Wir wollen dir helfen, aber du musst zulassen, dass wir es tun".
Ich zuckte unter seiner Berührung zusammen, meine Verletzlichkeit durch den Alkohol verstärkt. Ein bitteres, freudloses Lächeln spielte um meine Lippen, doch erwiederte ich nicht's.
Eddie trat ebenfalls näher und versuchte gar nicht, seine Besorgnis zu verbergen. "Wir sind deine Freunde, Allie. Wir wollen nur, dass es dir gut geht".
Erneut schüttelte ich den Kopf. In meinen Ohren wummerte es und mein Kopf fühlte sich schwummerig an. Zwar konnte es auch am Alkohol liegen, der meine Sinne betäubte, doch das Gefühl der Surrealität überschwemmte mich wieder, wie schon viele Male zuvor.

Anscheinend bemerkten meine Freunde meine angetrunkene Verfassung, denn sie versuchten wieder, mich zum verlassen der Party zu bewegen. "Es wäre verm-mutlich wirklich besser, wenn wir dich nach Hause bri-bringen", schlug Bill wiederholt vor, während er versuchte, mich sanft am Arm nach oben zu ziehen. Zu schwach, mich körperlich zu wehren, erhob ich mich und torkelte einige Schritte mit ihnen mit. Kurz aber fand ich meine Kraft wieder und befreite mich aus Bill's lockerem Griff. Gegen die kühle Wand der Garage gelehnt, schüttelte ich wieder den Kopf, was pochende Schmerzen in meinem Schädel auslöste. "Nein, ich will hier bleiben. Versteht ihr nicht? Lasst mich einfach in Ruhe!" Meine Stimme wurde mit jedem Wort weinerlicher und quengelnder.

Abwehrend hob Richie die Hände. "Okay, okay, Prinzesschen will hier bleiben. Kein Problem, lassen wir sie. Aber wir machen uns Sorgen um dich, verstehst du das?"
Ich fühlte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten, und meine Stimme wurde zittrig. "Bitte lasst mich einfach hier. Ich kann nicht mehr, ich fühle mich wirklich ausgelaugt". Und die Tränen begannen erneut zu fallen.

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I wanna be real || Patrick Hockstetter {ES}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt