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Das Krankenzimmer lag in gedämpftem Licht, das durch die Vorhänge fiel und die Stille des Raumes betonte. Der nächste Tag war angebrochen, und ich fand mich allein in meiner ungewohnten Umgebung wieder. Das leise Klappern von Schritten hallte durch den Flur, als ich das vertraute Klopfen an der Tür hörte.
"Herein", sagte ich, während ich mich auf dem Krankenbett aufrichtete. Die Tür öffnete sich, und Stan betrat das Zimmer. Seine Augen verrieten Besorgnis, als er den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss.
"Hey, wie geht es dir?", fragte er leise, als er zu meinem Bett trat. Ich zwang mich zu einem Lächeln, obwohl ich mich schwach und verletzlich fühlte. "Besser, denke ich. Die Schmerzen sind erträglich".

Stan setzte sich vorsichtig auf den Stuhl neben meinem Bett und nahm meine Hand. "Ich habe von Bill gehört, was passiert ist... Es tut mir so leid, Allie. Das hätte nie passieren dürfen". Leicht schüttelte ich den Kopf. "Es ist nicht deine Schuld, Stan. Henry ist halt einfach... Henry".
"Wie steht Hockstetter dazu?", fragte er behutsam, wissend um die komplizierte Dynamik zwischen uns dreien.
Meine Miene wurde ernst. "Er ist sauer, aber ich habe ihn seit gestern nicht mehr gesehen. Beverly war hier, aber jetzt bin ich allein".
"Der wird sich beruhigen. Er macht sich sicher nur Sorgen um dich", versicherte Stan mit bitterem Unterton, und drückte sanft meine Hand. In diesem Moment klopfte es erneut an der Tür.
Bevor ich antworten konnte, trat eine Ärztin ein, ein Notizblock in der Hand. "Miss McKober, wie geht es Ihnen heute?", fragte sie freundlich.
"Ich denke, es geht mir soweit gut", antwortete ich vorsichtig.
Die Ärztin begann, meine Vitalwerte zu überprüfen und den Verband um mein Gesicht zu inspizieren. "Wir müssen sicherstellen, dass die Wunde gut heilt, bevor wir über eine Entlassung sprechen können".
Ich nickte, obwohl der Gedanke an einen längeren Krankenhausaufenthalt mich nicht freute. Während die Ärztin mich weiter untersuchte, verlagerte sich mein Blick zu Stan, der geduldig neben mir saß.

×××

Mein Herz schlug schneller, als Stan das Zimmer auf Anweisung der Ärztin verließ. Der Raum schien plötzlich enger zu werden, als die Ärztin mir gegenüberstand und ihr ernstes Gesicht keinen Raum für falsche Hoffnungen ließ.
"Miss McKober", begann die Ärztin, "ich fürchte, ich muss Ihnen einige unangenehme Informationen geben. Die Verletzungen an Ihrem linken Auge sind schwerwiegender, als es zunächst den Anschein hatte".
Mein Blick wurde ernst, und ich nickte leicht, um sie weiter sprechen zu lassen.
"Es wird Narbenbildungen geben, und es ist unwahrscheinlich, dass Sie jemals wieder normales Sehvermögen in diesem Auge erlangen werden. Es tut mir leid, Ihnen so eine Nachricht überbringen zu müssen".
Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit legte sich über mich. Die Tragweite der Situation wurde mir schlagartig bewusst. Meine Augen füllten sich mit Tränen, die ich jedoch tapfer zurückhielt.
"Es wird Zeit brauchen, um das zu verarbeiten", fuhr die Ärztin mitfühlend fort. "Ich empfehle, mit einem Spezialisten zu sprechen, der Sie in den kommenden Wochen und Monaten begleiten kann, wenn Sie das möchten".
Meine Stimme zitterte leicht, als ich antwortete: "Danke, Frau Doktor. Aber ich lehne ab".
Die Ärztin nickte verständnisvoll und machte sich daran, ihre Notizen zu vervollständigen. "Wir werden Sie weiterhin beobachten, Miss McKober. Wenn alles nach Plan verläuft, können Sie bald nach Hause".

Es klopfte wieder, und Stan betrat erneut das Zimmer. Er schien die Veränderung in der Atmosphäre zu spüren. "Alles okay?", fragte er besorgt. Ich nickte, doch mein Gesichtsausdruck musste die emotionale Achterbahn, auf der ich sich befand, verraten. Stan setzte sich erneut zu mir, ohne zu wissen, wie er mich trösten konnte.
Die Ärztin verabschiedete sich mit einem Nicken und ließ uns allein, um mit der Realität der bevorstehenden Herausforderungen fertigzuwerden.

Ich spürte einen Kloß in meinem Hals, als die Tür hinter der Ärztin in's Schloss fiel. Die Bedeutung der Diagnose schlug wie eine Welle über mir zusammen, und ich konnte nicht anders, als meine Hände zu Fäusten zu ballen, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.
"Das kann nicht wahr sein...", flüsterte ich mehr zu mir selbst, als zu Stan. Ich merkte, wie eine Mischung aus Verzweiflung und Schock in mir aufkeimte.
Stan, der die Ernsthaftigkeit der Situation erkannte, legte behutsam eine Hand auf meine Schulter. "Allie, es tut mir so leid. Wenn es etwas gibt, das ich für dich tun kann..."
Unfähig, Worte zu finden, schüttelte ich den Kopf. Das Zimmer schien sich um mich zu drehen, und ich fühlte mich verloren in einem Moment, der meine Zukunft für immer verändert hatte.
Mein Kopf wummerte erneut und dieses eine Mal war ich ein wenig erleichtert darüber, nicht real zu sein.
Der Raum war erfüllt von einer unangenehmen Stille, unterbrochen nur vom leisen Summen medizinischer Geräte.
Ich hob den Kopf und schaute Stan mit einem Blick an, der von Unsicherheit und Entsetzen geprägt war. "Stan, ich... ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll".
Stan drückte sanft meine Schulter. "Du musst das nicht alleine durchstehen. Ich und die anderen Verlierer werden immer für dich da sein. Gemeinsam schaffen wir das". Mein Blick wanderte aus dem Fenster, während ich darüber nachdachte, wie sich mein Leben so radikal verändert hatte. Die Unsicherheit der Zukunft lastete schwer auf mir, aber der Gedanke an die Unterstützung meiner Freunde gab mir zumindest einen Hauch von Trost.

×××

Die Stunden und Tage im Krankenhaus zogen sich in quälender Langsamkeit dahin. Die Losers kamen in verschiedenen Konstellationen vorbei, um mich aufzumuntern und mir Gesellschaft zu leisten. Doch während ich auf die vertrauten Gesichter wartete, fehlte einer besonders - Patrick.
Ich konnte die Mischung aus Frustration, Traurigkeit und Wut nicht abschütteln. Ich hatte auf seine Anwesenheit gehofft, auf seine verspielten Kommentare oder auch nur auf ein einfaches 'Wie geht es dir?'. Aber Patrick blieb fern, was einen schmerzhaften Stich in meinem Herzen zurückließ.

×××

Samstag Abend, als die Dämmerung das Krankenhauszimmer in ein gedämpftes Licht tauchte, klopfte es leise an der Tür. Beverly trat ein und lächelte sanft, doch die Sorge lag tief in ihren Augen. "Wie geht es dir, Allie?"
Ich erwiderte das Lächeln, obwohl meine Gedanken woanders waren. "Besser, denke ich. Aber ich wünschte, Patrick wäre hier".
Beverly setzte sich auf einen Stuhl neben meinem Bett und nahm meine Hand. "Wir haben versucht, mit ihm zu reden. Er ist... kompliziert". Ihre Miene spiegelte bitterkeit wider. Mein Blick verdüsterte sich. "Ich verstehe nicht, warum er sich so distanziert. Gerade jetzt, wenn ich ihn wirklich brauche". Leicht drückte Beverly meine Hand. "Manchmal verstehen wir die Menschen nicht, selbst wenn wir glauben, sie zu kennen". Sie zögerte, bevor sie hinzufügte: "Vielleicht hat er Schwierigkeiten, mit allem umzugehen".
Ich seufzte und lehnte mich gegen die Kissen. "Ich weiß nur, dass es weh tut, dass er nicht da ist".
Beverly nickte verständnisvoll, doch die Verbitterung in ihrem Gesicht war unübersehbar.
"Wir sind für dich da, Allie. Die Loser und ich. Auch wenn Hockstetter im Moment nicht den Weg zu dir findet, sind wir hier, um dich zu unterstützen". Die Worte von Beverly waren tröstlich, aber das Fehlen von Patrick ließ eine schmerzliche Lücke zurück.

×××

Es war Sonntag Nachmittag, als die Ärzte schließlich beschlossen, mich zu entlassen. Mein Gesicht war immer noch bandagiert, aber zumindest war ich nicht mehr an das Krankenhausbett gebunden. Als die Nachricht von meiner Entlassung verkündet wurde, waren Stan und Beverly an meiner Seite gewesen, und so begleiteten sie mich auf dem Weg zurück nach Hause, um sicherzustellen, dass ich gut ankommen würde.

Mit einer Umarmung verabschiedete ich mich von den beiden. Die Umarmungen waren ein warmer Abschied nach all den Strapazen. Als die beiden langsam den Weg hinuntergingen, blieb ich allein auf der Veranda stehen. Der Abendhimmel färbte sich in sanften Pastelltönen, und ein leichter Wind strich durch mein Haar.
Plötzlich tauchte Patrick aus dem Schatten der Veranda auf, seine Silhouette im Zwielicht. Sein Blick fixierte Stan und Beverly, die sich entfernten. Ein Hauch von Unmut zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
"Allison", sagte er, als er auf mich zutrat. Seine Stimme klang beherrscht, aber seine Augen verrieten Eifersucht.
"Patrick", erwiderte ich überrascht, aber auch unsicher, wie ich auf seine Anwesenheit reagieren sollte.
Er näherte sich mir, und bevor ich etwas sagen konnte, legte er sanft seine Hände auf meine Schultern. Seine Finger verstrickten sich in meinem blonden Haar, und er zog mich behutsam näher zu sich. Sein Blick suchte den Meinen, während er die Stille zwischen uns durchbrach. "Allison, es tut mir leid. Ich hätte eingreifen sollen... ich hätte für dich da sein sollen". Seine Worte waren leise, fast geflüstert, als ob er Angst hätte, dass sie in der Stille verloren gingen.
Meine Unsicherheit wich einem Gefühl von Verständnis. Ich spürte seine Sorge und die Unsicherheit, die er normalerweise geschickt verbarg. Statt zu antworten, legte ich meine Hand auf seine Brust, als würde ich versuchen wollen, seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen.
Patrick beugte sich zu mir vor um mich zu Küssen. Doch drehte ich leicht den Kopf weg. Ich wollte das gerade nicht, es fühlte sich nicht richtig an.

Patrick schien zu merken, wie ich eine unsichtbare Barriere zwischen uns errichtete. "Allison", murmelte er leise, und in seinen Augen spiegelte sich eine leichte Enttäuschung. Ich lächelte traurig und strich mit meinen Fingern über seine Wange. "Nicht jetzt, Patrick. Ich fühle mich gerade nicht danach". Meine Worte waren zart, aber bestimmt. Gerade durchlebte ich einfach andere Gedanken und Gefühle.
Patrick's Blick wurde nachdenklich, und er ließ mich los. In der Stille des Abends hallten meine Worte wider. Patrick versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen, und nickte knapp, aber der Schatten der Enttäuschung lag weiterhin auf seinem Gesicht.

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I wanna be real || Patrick Hockstetter {ES}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt