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Einen Moment lang verweilte ich in Stille, während Percy sich wieder setzte und mich freundlich ansah. Die Uhr an der Wand tickte leise, und der gedämpfte Lärm der Straße drang durch das Fenster. Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf, und es kostete mich Anstrengung, meine Emotionen zu sortieren.
"Percy, ich... es ist alles so viel", begann ich schließlich, meinen Blick auf den ausgefransten, dunkelgrünen Teppich mit Wellenmustern unter mir gerichtet. "Ich vermisse meine Mutter jetzt schon so sehr". Ich zögerte und strich mir kurz über die linke Wange. "Und diese verdammte Verletzung..."
Percy nickte verständnisvoll. "Es ist okay, Allison. Du musst nicht stark sein, wenn du es nicht kannst. Du bist durch so viel gegangen, und es ist nur natürlich, dass es schwer ist".
Ich war ihm dankbar, dass er nicht nachfragte, wie es zu dieser Verletzung gekommen war, doch zitterten meine Lippen leicht, als ich fortfuhr: "Und dann ist da noch ein Freund von mir... Wir haben uns gestritten, und ich weiß nicht, wie ich mit dem, was passiert ist, umgehen soll".

Percy lehnte sich auf seinen Sessel nach vorn und legte beruhigend eine Hand auf mein Knie. "Manchmal braucht es Zeit, um die Dinge zu klären. Wenn du bereit bist, darüber zu sprechen, bin ich hier, um zuzuhören. Aber du solltest dir auch selbst Zeit geben, alles zu verarbeiten".
Dankbar nickte ich und ließ mich von der Fürsorglichkeit des älteren Mannes beruhigen. In der Stille meines vermutlich vorübergehenden Zuhauses begann ich langsam zu begreifen, dass ich nicht allein war. Percy war da, um mich zu unterstützen, und obwohl die Zukunft unsicher erschien, gab es zumindest diesen Moment der Geborgenheit. Ich spürte die liebevolle Hand von Percy auf meinem Bein und entschied mich, etwas mehr Klarheit zu schaffen. "Percy, es gibt da noch etwas, das ich dir erzählen sollte. Es geht um diesen Freund von mir, Patrick. Er... nun ja, wir haben uns in letzter Zeit wirklich sehr oft gestritten, und ich bin mir nicht sicher, wie er zu alldem steht. Ich weiß nichtmal, wie ich selbst dazu stehe".
Percy runzelte die Stirn, sein freundliches Lächeln verschwand kurzzeitig. "Patrick, sagst du... hm. Ist er ein guter Freund von dir?"
Ich zögerte, bevor ich antwortete. "Ja... ja ist er. Aber es gibt Dinge zwischen uns, die kompliziert sind. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll".
Verständnisvoll nickte Percy. "Du musst es nicht sofort erklären. Wenn du bereit bist, es mir zu erzählen, bin ich hier. Aber jetzt lass uns erst einmal schauen, dass du dich etwas ausruhst. Die letzten Tage waren sicher nicht einfach für dich". Ich nickte und stand auf, um mich von Percy behutsam in Richtung des Gästezimmers führen zu lassen. In dieser fürsorglichen Geste lag eine Art Trost, und obwohl die Unsicherheit über meine Zukunft noch immer präsent war, fühlte ich einen Hauch von Erleichterung in Percys Gegenwart.

×××

Ich ließ mich auf dem Bett im Gästezimmer nieder, das durch ein sanftes Licht von draußen beleuchtet wurde. Die Ereignisse der letzten Tage tanzten wie Schatten durch meinen Geist, und ich fühlte mich erschöpft und gleichzeitig von Unsicherheit geplagt. Die Narbe an meinem Auge pulsierte leicht, und ich strich sanft darüber, als versuchte ich, die Spuren der Vergangenheit zu berühren.
Ein leichtes Klopfen an der Tür unterbrach meine Gedanken, und Percy trat ein, ein Tablett mit einer dampfenden Tasse Tee und einem kleinen Teller Kekse in den Händen. Sein freundliches Lächeln versuchte, Trost zu spenden. "Hier, mein Mädchen", sagte Percy, als er das Tablett auf einen kleinen Beistelltisch stellte. "Ein bisschen Tee könnte dir guttun".
Ich lächelte schwach und nahm die Tasse in die Hände. Der warme Dampf stieg auf, und der beruhigende Duft von Kamille füllte das Zimmer. Percy setzte sich auf den Rand des Bettes, gab mir einen Augenblick, um den Tee zu kosten, und begann dann vorsichtig: "Allison, ich kann mir vorstellen, dass diese Tage für dich unglaublich schwer waren. Wenn du möchtest, kannst du mit mir darüber reden. Ich bin hier, um zuzuhören".
Die Worte lösten etwas in mir aus, und ich begann, meine Gefühle zu teilen. Die Spannungen mit Patrick, die Verluste, die Unsicherheit über meine Zukunft - all das kam an die Oberfläche. Percy hörte aufmerksam zu, mit einem liebevollen Ausdruck, der zeigte, dass er nicht nur als Gastgeber, sondern auch als Vertrauter für mich da war.

"Manchmal weiß ich nicht, wie ich all dem begegnen soll", gestand ich schließlich, meine Tee-Tasse in den Händen haltend. Percy legte sanft eine Hand auf meine Schulter. "Das ist völlig normal. Jeder geht durch schwierige Zeiten. Aber du bist nicht allein. Wir werden einen Weg finden, das gemeinsam durchzustehen".
Ich nickte dankbar und spürte, wie sich ein Hauch von Erleichterung in meine Gedanken schlich. Die Wärme des Tees, Percys unterstützende Worte und die Gewissheit, dass ich nicht allein war, halfen mir, für einen Moment die Last zu vergessen. Das Gespräch setzte den Grundstein für eine tiefere Verbindung zwischen uns, während ich allmählich begann, meine inneren Konflikte zu verstehen und zu verarbeiten.

Nachdem ich einen weiteren Schluck Tee genommen hatte, setzte Percy das Gespräch behutsam fort. "Allison, ich kann mir vorstellen, dass der Streit mit deinem Freund Patrick eine zusätzliche Belastung ist. Es ist wichtig, dass du die Dinge in deinem eigenen Tempo angehst. Wenn du möchtest, kannst du mir mehr davon erzählen".
Ich überlegte einen Moment, bevor ich mit einem Seufzen antwortete: "Es ist kompliziert, Percy. Patrick und ich haben uns in den letzten Tagen oft gestritten, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Es fühlt sich an, als ob alles auseinanderfällt".
Percy nickte verständnisvoll. "Es braucht oft Zeit, um die Wogen zu glätten. Aber du solltest auch auf deine eigenen Gefühle hören und dir darüber im Klaren sein, was du wirklich möchtest. Beziehungen sind nicht immer einfach, aber es gibt immer einen Weg, wenn beide Seiten bereit sind, daran zu arbeiten".

Ich ließ meine Gedanken schweifen, während ich den Tee nippte. Meine Emotionen schienen sich in Percys aufmerksamer Gegenwart zu beruhigen, und ich fühlte mich sicher genug, um weiter zu sprechen. "Es ist nur so, dass ich mich verletzlich fühle. Ich habe Angst, dass ich Patrick verlieren könnte, wenn ich mich zu sehr öffne. Aber gleichzeitig möchte ich nicht, dass diese Spannungen zwischen uns bleiben".
Percy lächelte sanft. "Es ist verständlich, dass du dich schützen möchtest. Offenheit braucht Zeit und Vertrauen. Vielleicht könnt ihr beide einen Weg finden, eure Gefühle miteinander zu teilen. Die Lösung liegt oft in einem ehrlichen Gespräch". Ich nickte nachdenklich. Zwar wusste ich, dass ein vernünftiges Gespräch mit Patrick beinahe undenkbar war und doch spürte ich, dass Percys Ratschläge mir halfen, Klarheit zu gewinnen.

"Du kannst dir hier so viel Zeit nehmen, wie du brauchst, Allison", sagte Percy mit einem warmen Lächeln. "Ich bin froh, wenn ich dir helfen kann".
Dankbar lächelte ich. Die Unsicherheit über meine Zukunft war noch längst nicht verschwunden, aber Percys Fürsorge gab mir die Gewissheit, dass ich nicht allein durch diese schwierige Zeit gehen musste. Mit einem leisen "Gute Nacht" stand er auf und schloss die Tür. Die Stille des Gästezimmers umfing mich nun wie eine schützende Decke.

×××

Die Tage verstrichen in einer Mischung aus Trauer, Erholung und vorsichtiger Annäherung. Ich fand in Percy nicht nur einen Fürsorger, sondern auch einen Zuhörer für meine Gedanken und Sorgen. Und gemeinsam bereiteten wir uns auf die Beerdigung meiner Mutter vor.
Am Morgen der Beisetzung erwachte ich mit gemischten Gefühlen. Das schwarze Kleid hing an der Tür, und ich betrachtete mein Spiegelbild im Badezimmer. Die Narben auf meiner linken Gesichtshälfte waren deutlich sichtbar, und ich beschloss, sie wieder mit meinem Haar zu verdecken.
Percy, der ebenfalls in Trauerkleidung gekleidet war, wartete im Wohnzimmer. Sein Blick drückte Verständnis und Anteilnahme aus. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Beerdigung. Der Friedhof lag ruhig da, von grünen Bäumen umgeben, und die Sonne schien sanft durch die Blätter. Die Trauergäste versammelten sich am Grab, und ich spürte die Blicke der Menschen auf mir ruhen. Einige zeigten Mitgefühl, andere schienen unbeholfen in ihrer Unsicherheit. Als der Pfarrer begann zu sprechen, versuchte ich mich auf die Worte zu konzentrieren, doch meine Gedanken schweiften ab. Inmitten der Trauer fand ich Trost in Percys Nähe. Sein unterstützender Arm umschloss meine Schulter, und gemeinsam standen wir stark, um der Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen.

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I wanna be real || Patrick Hockstetter {ES}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt