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Weitere zwei Tage vergingen, ohne eine Spur von Patrick. Ich hatte schon fast ganz Derry auf den Kopf gestellt, um ihn zu finden. Aber nicht's...
Sogar bei Victor Criss, welcher eine Straße weiter wohnte, hatte ich geklingelt, um mögliche Informationen über Patrick's Aufenthaltsort zu erlangen. Doch auch er konnte mir nicht's sagen. Victor war ungewöhnlich freundlich gewesen, hatte mich sogar gefragt, ob ich reden wollte, aber das war mir zu viel gewesen, also hatte ich mich schnell wieder verzogen.
Ich wusste ja nicht mal, warum ich so erpicht war, diesen Jungen wieder zu finden. Irgendwas in meinem Inneren sagte mir aber, ich würde ihn brauchen. Wofür, wusste ich aber nicht. Dazu musste ich auch an die ganzen Sachen denken, die man mir gesagt hatte.

'Sei dir im klaren, dass du ohne mich überleben kannst!'

'Du hattest wohl gehofft, er würde für immer bleiben?'

'Du empfindest etwas für den, oder?'

All diese Dinge, wirbelten unaufhörlich in meinem Kopf umher und ließen mich einfach nicht in Frieden.

×××

Es war später Nachmittag, die Sonne hing schon recht tief am Himmel und tauchte das Esszimmer in ihren orange-gelben Schein. Ich war mal wieder alleine. Erst nächste Woche würde Miss Trunk aus ihrem Urlaub zurückkehren.
Lustlos fuhr ich mit dem Finger die Muster im Holztisch nach. Ich konnte einfach nicht mehr. Warum war alles so kompliziert und doof? Warum konnte Patrick mir nicht einfach wieder egal sein? So wie damals... Damals hätte ich mir nicht's sehnlicher gewünscht, als dass zumindest ein Mitglied der Bowers-Gang verschwand. Aber jetzt..
Mein Blick streifte die Rose, welche Patrick mir geschenkt hatte. Zwar hatte sie schon vorher mitleiderregend ausgesehen, doch jetzt war sie wirklich nur noch ein Häufchen Elend. Der Kopf der Blume hing abgeknickt nach unten, braune Blüten, welche einst Weiß gewesen waren, lagen um die Vase herum verteilt und es schien, als würde sie still um Erlösung flehen.

Plötzlich überkam mich eine Wut, die ich mir nicht erklären konnte. Meine Hand schnellte nach vorn und packte den Kopf der Rose. Ich drückte zu und die Blüten zerbröselten in meiner Hand.
Dieser verdammte Junge! Wie konnte er es wagen, solche Gefühle in mir auszulösen? Wie ich ihn hasste! Wäre er nicht, würde ich mir jetzt nicht solche Sorgen machen... Verdammt!
Tränen benetzten auf einmal mein ganzes Gesicht. Schluchzend ließ ich von der nun zerstörten Rose ab und knallte meinen Kopf ein paar mal gegen die Tischplatte. Verzweifelung, Verwirrung, Wut und Sorge bildeten einen festen Knoten in meinem Magen.
"Mach, dass es aufhört!", flehte ich leise in den Raum hinein "Es soll aufhören! Es soll aufhören..."

×××

Unfähig, weiter tatenlos herum zu sitzen, erhob ich mich und ging in den Flur, um mir meine Schuhe anzuziehen. Ich würde die letzten Sonnenstrahlen dafür nutzen, nocheinmal, zumindest in näherer Umgebung, nach Patrick Ausschau zu halten.
Die Schuhe angezogen, griff ich in die weiße Porzellanschale nach meinem Hausschlüssel und ging nach draussen. Zwar kannte ich den wahren Grund meiner Entschlossenheit und Besorgnis nicht, doch sobald ich Patrick gefunden hätte, würde ich es wissen. Das sagte ich mir immer und immer wieder und ich hielt daran fest, als wäre es eine Art Glücksbringer.

Nachdenklich schlenderte ich durch die, in Dämmerlicht getauchten Straßen. Wo hatte ich noch nicht gesucht? Wo könnte es irgendwelche Anhaltspunkte geben?
Wenn ich ihn jemals finden würde, war er dran. Wütend ballte ich die rechte Hand zu einer Faust, so fest, dass sich das X als glänzende weiße Striche hervorhob.
Ich lief weiter, nicht wissend, in welche Richtung. Der Himmel war in ein tiefes Rot getaucht und die untergehende Sonne reflektierte auf einen Wegweiser. Mit vorgehaltener Hand, damit ich nicht geblendet werden würde, blickte ich auf das Schild und las; Schrottplatz.
Dort hatte ich tatsächlich noch nicht gesucht. Dieser Ort war mir unheimlich. Dort könnte sich alles Mögliche verstecken... unter anderem Patrick. Ich musste dort hin, um da nach ihm zu suchen! Ich musste einfach, sonst würde ich vermutlich nicht schlafen können. Also bewegte ich mich entschlossen in die Richtung, in die der Wegweiser deutete.

I wanna be real || Patrick Hockstetter {ES}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt