Noch immer perplex, stand ich wie angewurzelt auf der Lichtung. Was war da gerade passiert? Warum hatte er so reagiert?
In der Dunkelheit des Waldes, hörte ich zunächst nur das Rascheln der Blätter und das ferne Heulen des Windes. Ein unerwartetes Klirren ließ mich aufhorchen - es war das leise, aber unheimliche Klimpern einer Spieluhr. Meine Augen weiteten sich, als ein roter Ballon aus dem Schatten auftauchte und langsam auf mich zukam, begleitet von der schaurigen Melodie. Es erinnerte mich an den Traum, den ich vor kurzem gehabt hatte. Gleich würde etwas Schreckliches geschehen. Das spürte ich.
Panik ergriff vom mir Besitz. Ein vertrautes, hysterisches Lachen, welches von böser Absicht zeugte, hallte zwischen den hohen Bäumen wieder. Es schien von überall her zu kommen. Ich spürte, wie die Kälte des Waldes sich in meinen Knochen festsetzte. Und mal wieder konnte ich mich nicht fortbewegen.Die Musik war verstummt und plötzlich durchdrang eine schrille Stimme die Stille des Waldes: "Verloren, Prinzessin?"
ES tauchte aus dem Dunkeln auf, sein grinsendes Gesicht war von einer fast schon krankhaften Freude erfüllt. Seine Augen funkelten bösartig im Mondlicht, während der rote Ballon neben ihm zu pulsieren schien."Du hattest wohl gehofft, er würde für immer bleiben?" Der Clown bewegte sich näher auf mich zu, während seine Stimme ein höhnisches Lachen trug. Zwischen Angst und Verzweifelung, versuchte ich zu verstehen, was der Clown damit meinte. Doch bevor ich zu einem Schluss kommen konnte, fing ES an, erneut mit krächzender Stimme zu reden: "Menschen kommen und gehen, aber ich? Ich bleibe für immer bei dir". Der Clown streckte eine klauenbewehrte Hand nach mir aus, und ich spürte die kälte, die davon ausging. Unfähig, irgendwas zu tun, starrte ich das Monster an.
"Komm mit!", zischte ES "Du wirst schweben! Wir alle schweben hier unten!" Diese Stimme klang rau und verzerrt, und die gelben Augen des Clown's fixierten mich mit einer Intensität, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.Mein Herz hämmerte unkontrolliert gegen meine Rippen. Aber ich wusste, dass ich mich jetzt nicht einschüchtern lassen durfte. Mit zitternder Stimme erwiederte ich: "Lass mich in Ruhe!"
Der Clown lachte nur noch lauter "Ohoho, du bist leicht zu verängstigen. Mmm köstliche Angst... Viel Spaß bei deinem kleinen Rückzug in's Warme". Mit diesen Worten ließ ES sich zurück in die Dunkelheit des Waldes gleiten, doch das Lachen hallte unaufhörlich in meinen Ohren nach.
Die Schatten des Waldes schienen mit meiner Wahrnehmung zu spielen.
Endlich spürte ich meine Beine wieder. Unkontrolliert rannte ich durch das Unterholz, nicht auf meine Umgebung oder die Richtung in die ich lief, achtend. Ich wollte bloß raus aus dem Wald und dann so schnell wie möglich nachhause.×××
Sobald ich das Haus betreten hatte, sprintete ich hinauf in mein Zimmer, erwartend, Patrick dort aufzufinden. Doch der Raum war leer. Ein Blick auf den leeren Sessel am Fenster, ließ meine Augen sich weiten. Sofort eilte ich zurück die Treppe hinunter in die Küche, durchsuchte jeden Raum, jeden Winkel des Hauses. Mein Atem wurde flacher, die Dunkelheit des Abends draussen verstärkte meine Ängste.
Jedes Mal, wenn ich eine Tür öffnete und keinen Hinweis auf Patrick fand, stieg meine Panik."Alles in Ordnung, Schätzchen?", fragte mich meine Mutter, die gestresst von meinem herumgewusel aus dem Wohnzimmer trat, eine Zeitschrift in der Hand haltend.
Meine Hände zitterten, während ich versuchte eine Antwort zu formen.
"Ja, Mama. Ich, äh.. ich suche nur mein Notizbuch. Das kleine rote mit den Sternen drauf, weißt du?"
"Hm", machte meine Mutter nur "Dann mach mal die Augen auf! Da liegt's doch". Sie deutete mit der zusammengerollten Zeitschrift auf die Kommode im Flur, auf welcher das Notizbuch lag, direkt neben der Porzellanschale mit meinem Hausschlüssel darin.
"Oh, ja", krächzte ich tonlos "Danke".
Den Kopf schüttelnd, schlurfte meine Mutter zurück in's Wohnzimmer um ihre Aufmerksamkeit erneut ihrer Zeitschrift zu widmen.Mein Kopf ein einziges Wirrwar aus Gedanken, langte ich nach den Notizbuch und ging damit in mein Zimmer.
Ich setzte mich auf den Sessel, den Patrick die letzten Tage über belegt hatte. Das Polster war noch immer leicht durchgesessen.
Wo nur konnte er sein? Und kommt er wieder? Und die wichtigste Frage: Warum kümmerte mich das?×××
Meine Gedanken kreisten zu sehr. Ich musste raus um zu sehen, ob er sich dort irgendwo versteckte. Schließlich hatte er ja keinen Hauschlüssel gehabt, um überhaupt in's Haus zu kommen. Also konnte es durchaus sein, dass er sich noch draussen aufhielt.
Nachdem ich die Haustür hinter mir geschlossen hatte, scannte ich mit den Augen die nähere Umgebung ab. Die Straßenlaternen warfen schwache Lichtkegel auf den Asphalt, während der Wind leise durch die Bäume rauschte. Bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, rief ich seinen Namen. Doch meine Rufe wurden vom nächtlichen Schweigen verschluckt.
Etwas strich um meine Knöchel. Ich erschrak und zuckte zusammen, dann aber sah ich nach unten und bemerkte, dass es bloß die getigerte Katze der Nachbarn war. Amüsiert über meine eigene Schreckhaftigkeit, kniete ich mich auf den Gehweg, um Evi, die dicke Katze mit dem grauen Fell zu streicheln. Dabei streifte mein Blick erneut durch die Dunkelheit. Wo war er nur?
Seufzend stand ich auf. Es nutzte nichts. Ich würde ihn nicht finden. Nicht heute. Also steuerte ich zurück auf das Haus zu, das Maunzen der Katze im Rücken.×××
Eine Woche war nun vergangen, seit Patrick wirklich verschwunden war. Die Vermisstenanzeigen hingen immernoch überall in der Stadt verteilt und inzwischen hatte auch ich die Bedeutung verstanden. Drei mal schon war ich zu Patrick nachhause gelaufen, hatte seine Eltern gefragt, ob es etwas neues von ihm gab, aber jedes mal kam bloß die gleiche, enttäuschende Antwort.
Aber wenn es doch nur das wäre.
Von Beverly hatte ich gehört, dass sich der Losers-Club entzweit hatte. Der Tag, an dem ich meine Freunde zuletzt gesehen hatte war auch der Tag gewesen, an dem sie sich zerstritten hatten. Seit dem kam Beverly regelmässig zu Besuch, um sich mit mir zu unterhalten.
Noch hatte ich ihr nicht's von meinen Bedenken über Patrick's verschwinden erzählt, aber so langsam konnte ich es nicht mehr für mich behalten.Meine Mutter war mal wieder Arbeiten und war aus diesem Grund nicht zuhause. Sie war vor ein paar Tagen im Auftrag der NewYork-Times verreist.
Ich saß am Kamin im Wohnzimmer. Die Flammen warfen einen warmen Schein auf mein Gesicht, doch mein Blick war verloren und abwesend. Beverly, die soeben das Zimmer betreten hatte, schien sofort die Unruhe in meinen Augen zu erfassen.
"Bev", begann ich zögerlich, den Blick noch immer ins Leere gerichtet "Halt' mich jetzt bitte nicht für verrückt... aber ich mache mir wirklich Sorgen um Patrick".
"Patrick Hockstetter? Ernsthaft?", kam es von Beverly. Nun richtete sich meinen Blick auf sie. Sie hatte eine Augenbraue hochgezogen und sah mich überrascht an. "Seit wann sorgst du dich um ihn?"
Das fragte ich mich auch. Von meinen Gedanken, die nur so umherwirbelten, überfordert, biss ich mir fest auf die Unterlippe."Ich weiß nicht.. aber ich habe ihn zuletzt mit dieser Verletzung am Arm gesehen. Was, wenn er Hilfe braucht? Was, wenn ihm was passiert ist?"
Beverly setzte sich neben mich auf den Teppich vor den Kamin. Im Versuch mich zu beruhigen, legte sie einen Arm um mich.
"Du machst dir zu viele gedanken, Allie. Der Typ ist ziemlich robust und außerdem nicht gerade ein Engel, der deine Fürsorge verdient".
Abwehrend schüttelte ich den Kopf. "Ich weiß. Aber trotzdem.. er ist auch ein Mensch mit Gefühlen. Und ich kann nicht anders, als mir vorzustellen, wie es ihm gerade geht".Tief atmete Beverly durch. "Du bist wirklich zu gut für diese Welt, Allie. Aber du solltest wirklich vorsichtig sein, wenn es um ihn geht. Hockstetter hat mehr Facetten, als wir vielleicht alle denken".
Ich ließ meinen Blick nicht von den Flammen abwandern. "Ich weiß, dass er seine dunklen Seiten hat. Aber das bedeutet nicht, dass ich mir keine Sorgen machen darf. Auch wenn ich selbst nicht so recht weiß, warum überhaupt". Ein seufzen kam von Beverly. "Ich versuche wirklich, dich zu verstehen. Es ist nur... schwierig, Verständnis für jemanden wie Hockstetter aufzubringen".
"Ich weiß, Bev", antwortete ich leise "Aber ich kann nicht anders, als mich zu fragen, was in seinem Leben schiefgelaufen ist, um ihn zu dem zu machen, was er heute ist".
Langsam nickte Beverly. "Vielleicht hast du recht. Aber versprich mir trotzdem, dass du vorsichtig sein wirst!"
"Wenn er denn wieder auftaucht...", flüsterte ich mit einen hauch von Sehnsucht in der Stimme und lehnte meinen Kopf erschöpft gegen Beverly's Schulter.🎈
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I wanna be real || Patrick Hockstetter {ES}
Fanfic𝙷𝚎 𝚜𝚎𝚝 𝚏𝚒𝚛𝚎 𝚝𝚘 𝚝𝚑𝚎 𝚠𝚘𝚛𝚕𝚍 𝚊𝚛𝚘𝚞𝚗𝚍 𝚑𝚒𝚖 𝚋𝚞𝚝 𝚗𝚎𝚟𝚎𝚛 𝚕𝚎𝚝 𝚊 𝚏𝚕𝚊𝚖𝚎 𝚝𝚘𝚞𝚌𝚑 𝚑𝚎𝚛. Angst. Jedes Mal, wenn er sie berührte, ihr an den Haaren zog, ihr hinterherlief. Angst, wenn er sie auch nur ansah und grinste...