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Am nächsten Morgen wachte ich mit einem schlechten Gewissen auf. Alles was gestern Abend passiert war, war nicht richtig gewesen. Zwar hatte ich mich in diesem Moment so frei gefühlt, doch im Nachhinein merkte ich, dass ich leichtsinnig gehandelt hatte. Und ich konnte diese Situation nicht einfach so stehen lassen. Letzte Nacht ist etwas zwischen Patrick und mir passiert, was wir nicht ignorieren sollten. Ich musste dringend mit ihm darüber reden.

Mit wackeligen Knien und wirbelnden Gedanken stand ich auf, um mich fertig zu machen, damit ich anschließend zu Patrick gehen konnte. Mein Kopf war zu voll mit anderen Dingen, dass ich mich nicht darauf konzentrieren konnte, mir ein gutes Outfit zusammen zu stellen. Also zog ich mir bloß schnell ein zerknittertes weißes Hemd und einen schwarzen Rock über und dachte mir 'passt schon', als ich in den Spiegel sah.
Mein Frühstück würgte ich bloß halbherzig herunter und es fühlte sich an, als wäre der Toast ein Stück Teppich, auf dem ich rumkaute.
Dann endlich, machte ich mich auf den Weg zu Patrick. Heute Morgen war es recht kühl, weshalb ich mir eine dünne Jacke überzog, bevor ich das Haus verließ.

×××

Schließlich stand ich vor Patrick's Haustür und spürte einen Kloß im Hals, als ich die Klingel drückte. Kurz darauf öffnete Patrick's Mutter die Tür. Überrascht sagte sie: "Oh, Allison. Du bist's! Schön dich zu sehen. Wie kann ich dir helfen?"
Ich rang nach Worten, bevor ich nervös antwortete: "Ja, äh.. ich wollte nur kurz mit Patrick reden. Es ist wirklich wichtig".
Mrs. Hockstetter lächelte freundlich. "Natürlich, komm rein. Sein Zimmer ist oben, die zweite Tür rechts. Du kannst es gar nicht verfehlen".
Zögernd betrat ich das Haus und folgte ihren Anweisungen. Tatsächlich konnte man die Tür nur schwer verfehlen. Überall klebten rote und gelbe Schilder mit Totenköpfen und Warnungen wie 'Keep out!' oder 'Danger!!'. Ich musste leicht schmunzeln, dann klopfte ich. Von drinnen kam ein rumpelndes Geräusch, als würde Patrick gerade hastig etwas verstauen. Schließlich war ein gedämpftes "Herein", zu hören und ich öffnete die Tür.

Sein Zimmer war größer, als ich es mir vorgestellt hatte und war in schlichten Farben gehalten. Auf seinem unordentlichen Schreibtisch vor dem Fenster, stand ein alter Computer, von dem ein leises Rauschen kam. Auf dem Boden vor dem Kleiderschrank lagen unzählige Klamotten, darunter das gelbe T-Shirt mit der Katze darauf, welches ich ihm zurück gebracht hatte. An sich war es ein normales Teenie-Zimmer, nur eine Sache verwirrte mich etwas; An der Pinnwand über seinem Bett, hingen mehrere selbstgemalte Bilder, die alle gleich aussahen. Braune und schwarze Kreise, unordentlich über das ganze Papier geschmiert. Ich versuchte mich von diesem Anblick loszureissen und richtete meine Aufmerksamkeit auf Patrick, der auf seinem Bett saß und mich verschmitzt anlächelte.

"Hey, Prinzessin. Was machst du hier?"
Nervös schluckte ich und begann: "Wir müssen wegen gestern Abend reden. Es fühlt sich nicht richtig an, das zu ignorieren".
Patrick runzelte die Stirn. "Was meinst du, es war doch alles super". Einen Moment lang sah er mich intensiv an und schien meine Unsicherheit nicht zu verstehen. Ohne weitere Worte bewegte er sich näher und versuchte erneut, mich zu küssen. Jedoch wich ich zurück, meine Hände schützend von mir gestreckt.
"Patrick, hör auf!", sagte ich mit unsicherem Ton in der Stimme. "Wir müssen darüber reden, nicht... das".
"Was ist los, Prinzessin?" Patrick wirkte irritiert, als ob er nicht verstehen konnte, warum ich plötzlich so zögerlich war. "Gestern war doch alles in Ordnung".
Ich seufzte und versuchte, meine Gedanken klar auszudrücken. "Gestern war... anders. Wir haben überstürzt gehandelt. Das fühlt sich nicht richtig an. Wir sollten darüber sprechen, bevor wir weiter machen".

Er hob die Augenbrauen, schien meine Worte jedoch nicht vollständig zu akzeptieren. "Komm schon, wir hatten Spaß zusammen. Also warum so ernst?"
Im Versuch, ruhig zu bleiben, erklärte ich beharrlich: "Weil es wichtig ist. Wir können nicht einfach so weiter machen, als wäre nicht's passiert. Lass uns darüber reden um zu verstehen, was zwischen uns steht".
Einen Moment schaute er mich schweigend an, bevor er schließlich widerstrebend nickte. "In Ordnung, wenn es dir so wichtig ist". Erleichtert atmete ich auf, doch Patrick fuhr fort: "Aber später, okay? Jetzt möchte ich einfach Zeit mit dir verbringen".
Ich seufzte erneut, unsicher, wie ich mit der Situation umgehen sollte. "Wir müssen das jetzt klären, Patrick. Nicht später".
Noch immer schien er meine Worte nicht akzeptieren zu wollen, denn er versuchte weiterhin, mich zu berühren und zu küssen. Ich fand mich in einem inneren Konflikt wieder, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, die Dinge zu klären, und der Anziehungskraft, die von Patrick ausging.

"Ich verstehe, dass du darüber reden möchtest", sagte Patrick und hielt mich sanft an den Schultern. "Aber manchmal ist Reden einfach überbewertet. Manchmal sollte man einfach im Moment leben".
Ich spürte die Wärme seiner Hände auf meiner Haut, was meine Verwirrung verstärkte. Alles was ich wollte, war Klarheit, aber ich konnte nicht leugnen, dass die Nähe zu Patrick mich emotional beeinflusste.
"Patrick, bitte", bat ich leise. "Ich brauche das gerade nicht. Lass uns einfach kurz darüber sprechen, und dann können wir entscheiden, wie es weiter geht".
Patrick schien frustriert, aber er ließ schließlich von mir ab und setzte sich wieder auf sein Bett. Unschlüssig blieb ich stehen, die Spannung zwischen uns hing spürbar in der Luft.

×××

Frustriert riss ich seine Zimmertür auf und stapfte die Treppe hinab.
"Das hat doch alles keinen Sinn", murmelte ich. Er hörte mir einfach nicht zu...
"Allison, warte!", rief Patrick mir hinterher und sprintete ebenfalls die Treppe hinab in den Flur, doch ich hatte bereits die Haustür geöffnet und war bereit zu gehen. Seine Worte hallten in meinem Kopf wider, und die Unsicherheit über das, was zwischen uns passiert war, ließ mich nicht mehr zur Ruhe kommen. Draussen hatte es begonnen zu regnen, aber davon ließ ich mich nicht aufhalten.
Ich spürte den Regen auf meinem Gesicht, während ich frustriert den regennassen Kiesweg entlang lief. Patrick eilte mir hinterher, ignorierte die Rufe seiner Mutter, und versuchte mich aufzuhalten. "Allison, es tut mir leid- ich... komm zurück und wir können wirklich reden!", rief er mir nach. Jedoch blieb ich nicht stehen und setzte meinen Weg fort. Der Regen wurde stärker und die Tropfen verschmolzen mit meinen Tränen, während ich versuchte, den Gefühlsturm in meinem Inneren zu bewältigen.

Schließlich holte Patrick mich doch ein und griff nach meinem Handgelenk. "Allison, bitte hör mir zu", sagte er, und wirblete mich zu ihm herum, sodass ich ihn ansehen musste. Sein Blick war ernst, als er die nächsten Worte sprach die so klangen, als hätte er sie schon vor Ewigkeiten aussprechen wollen: "Ich liebe dich, Allison".

Mein Atem stockte und meine Augen suchten nach Antworten in den Augen des Jungen, der mein Herz auf den Kopf stellte. Der Regen umhüllte uns wie eine Kulisse für diesen entscheidenden Augenblick, in denen seine Worte den Sturm der Unsicherheiten zu beruhigen versuchten. Ich spürte den Regen, der über mein Gesicht rann, und Patrick's ehrliche Worte durchdrangen meine Gedanken. Ich sah in seine Augen, erkannte die Ernsthaftigkeit in seinem Blick.
"Was...?", hauchte ich Tonlos und mit zitternden Lippen. Vorsichtig strich er mir eine nasse Haarsträhne aus den Augen und sah mir weiterhin tief in die Augen. "Ich liebe dich!"
Zwar spürte ich, dass seine Worte wahr waren, doch ich hatte zuvor schon genug enttäuschende Erfahrungen mit ihm gemacht, weshalb ich mich dagegen sträubte, ihm zu glauben.

"Lass mich bitte los", sagte ich, mit noch immer bebender Stimme. "Patrick, bitte lass mich gehen!"
Etwas trauriges lag in seinem Blick, als sich sein Griff um mein Handgelenk lockerte. Der Regen tropfte ihm von den Haaren und selbst seine Wimpern hatten die Tropfen vom Himmel aufgefangen. Einen Augenblick lang standen wir uns schweigend gegenüber und ich konnte in Patrick's Gesicht erkennen, dass seine Gefühle zwischen Traurigkeit und Zorn zu schwanken schienen.

Wann würde der Tag kommen, an dem ich diesen Jungen verstehen konnte..?

Seine blau-grünen Augen fixierten mich und er schien zu versuchen in meine Seele zu blicken um zu verstehen, was in mir vorging. Doch das wusste selbst ich nicht.
Dann ließ er mein Handgelenk endgültig los.
"Bitte lass mich jetzt nicht alleine", bat er mit schwacher Stimme, doch meine Beine bewegten sich wie von selbst. Kurz sah ich ihn noch an, während ich stolpernd ein paar Schritte rückwärts ging, bis ich mich dann umdrehte und im Regen zurück zu mir nachhause lief.

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I wanna be real || Patrick Hockstetter {ES}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt