94. Verschwinde

1.7K 74 41
                                    

Aiden P.O.V.

Plötzlich ertönt ein lauter Knall aus dem Fernseher – ein Schuss. Im selben Moment fällt der Löffel aus Olivias Hand klirrend auf den Teller.

Olivias Gesicht verliert schlagartig jegliche Farbe, ihre Augen weiten sich, und ihr Atem geht plötzlich schneller.

„Olivia?" Meine Stimme ist bereits von Angst durchdrungen. Sie reagiert nicht. Stattdessen starrt sie ins Leere, ihr Körper angespannt. Ich sehe es in ihren Augen, sie ist gerade nicht hier bei uns.

Die Geräusche im Hintergrund scheinen für sie nur noch lauter zu werden, und ich spüre, wie die Sorge in mir aufsteigt.

„Paul dreh den verfickten Fernseher ab!", brülle ich.

„Mom bitte du musst ihm sagen, er muss es abdrehen..", sage ich ruhiger zu meiner Mutter.

Doch bevor sie reagieren kann, steht Olivia plötzlich auf. Sie stößt bei der aprupten Bewegung den Stuhl zurück, der krachend zu Boden fällt, während sie sich die Hände an ihre Ohren presst, als könnte sie die Geräusche damit abwehren.

„Nein, nein, nein...", murmelt sie. Tränen füllen ihre Augen, und es zerreißt mir das Herz, sie so zu sehen.

Olivia taumelt rückwärts, ihre Hände fest an die Ohren gepresst. Abrupt laufe ich zu ihr und halte sie von vorne an den Schultern fest. „Olivia! Hey..sieh mich an!", sage ich laut.

„Tyler... bitte... hör auf...", flüstert sie panisch. Ihr Körper zittert heftig, ihre Beine drohen unter der Belastung nachzugeben .

„Olivia, du bist hier, bei mir. Sieh mich an." Ich versuche ruhig zu sprechen, doch ich weiß, dass sie meine Worte kaum erreichen.

Ihre Augen sind weit geöffnet und voller Panik, sehen durch mich hindurch, als ob sie mich gar nicht wahrnimmt.

„Olivia, bitte...konzentriere dich auf meine Stimme", flehe ich, doch es ist, als würde ich gegen eine unsichtbare Mauer sprechen. Ihre Panik scheint nur noch weiter anzusteigen, und bevor ich es realisiere, entreißt sie sich meinem Griff mit einer plötzlichen Kraft, die ich nicht erwartet habe. Sie dreht sich um und läuft zur Treppe.

„Olivia!", rufe ich und laufe ihr nach, doch sie ist schneller als ich erwartet habe. Sie hastet die Treppe hinauf, ihre Schritte taumelnd.

Fuck bitte tu dir nicht weh.

„Nein, nein, nein...", höre ich sie immer wieder flüstern, während sie die Treppe zu meinem Zimmer hochläuft.

Bevor ich sie erreichen kann, knallt die Tür vor meiner Nase zu, und ich höre das laute Klicken des Schlosses, das zuschnappt. „Olivia! Mach die Tür auf! Bitte!", rufe ich verzweifelt und klopfe gegen die Tür.

Drinnen höre ich ihre gequälten Atemzüge und wie sie sich anscheinend in die Ecke drückt. „Nein nein nein nein nein...", murmelt sie wieder und wieder und die Hilflosigkeit, die ich empfinde, droht mich zu überwältigen.

„Olivia, bitte...", sage ich nun leiser, meine Stimme zittrig vor Sorge. „Du bist sicher, du bist hier, bei mir. Bitte, mach die Tür auf."

Doch es kommt keine Antwort, nur das leise Geräusch ihrer unregelmäßigen Atmung, vermischt mit unterdrücktem Weinen. Ich drücke meine Stirn verzweifelt gegen die Tür, meine Hände flach dagegen gepresst, als könnte ich sie so erreichen.

„Bitte, Olivia... ich will dir nur helfen", flüstere ich verzweifelt. Die Stille, die darauf folgt, ist unerträglich, jede Sekunde fühlt sich an wie eine Ewigkeit.

Bitte tu dir einfach nicht weh

Dann, nach mehreren Minuten, höre ich leise Schritte von der anderen Seite. Aufmerksam lausche ich den Geräuschen als ich schließlich höre, wie sich der Schlüssel im Schloss dreht. Die Tür öffnet sich einen Spalt, gerade weit genug, dass ich ihr tränenüberströmtes Gesicht sehen kann.

OliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt