95. Ohne Beweise

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3 Wochen später

Aiden P.O.V.

Die Tage vergehen und an jedem einzelnen davon muss Olivia kämpfen.

Die Erinnerungen der Nacht als Tyler sich umgebracht hat, sind wie eine Lawine auf sie eingestürzt. In ihren Therapiesitzungen lernt sie, sich nicht die Schuld zu geben und ich merke von Tag zu Tag eine Besserung. Ihr Schlaf wird ruhiger, die Panikattacken werden weniger und gemeinsam arbeiten wir jeden Tag daran, dass wir diese Meilensteine beibehalten.

Ich bin einfach froh sie in meiner Nähe zu haben. Jede Nacht schläft sie in meinen Armen ein und wacht in meinen Armen auf. Auch wenn mein Arm schon mehrfach gedroht hat, abzufallen, geniesse ich jede Sekunde davon.

Paul ist offiziell seit 3 Wochen im Urlaub. Abstand von seiner stressigen Arbeit...

Zumindest ist das die Geschichte die meine Mutter allen erzählt die nach ihm fragen. Im Hintergrund hat sie sich einen Scheidungsanwalt besorgt, der nun versucht, das Beste für sie aus der Sache herauszuholen.

Gleichzeitig legt sie mir nahe wieder in den Unterricht zu gehen. Sie drängt mich nicht, da sie weiß, dass sie mich nicht so einfach von Olivia wegbekommt. Aber selbst Olivia, sagt, dass ich ohne schlechtes Gewissen wieder zur Schule gehen kann. Immerhin habe ich in 1 Monat meine Abschlussprüfungen.

Montag 07:24 Uhr

Ich stehe unentschlossen in der offenen Eingangstür. Olivia lächelt mich sanft an.

„Aiden...du kannst fahren. Wirklich.", sagt sie, da sie sieht wie sehr ich zögere das Haus zu verlassen.

Meine Mutter kommt ein paar Schritte auf uns zu.

„Olivia und ich wollten ohnehin, das neue Blaubeermuffin Rezept ausprobieren, was ich letztens von Marcus Mutter zugeschickt bekommen habe...da stündest du doch nur im Weg.", sagt meine Mutter neckend.

„Siehst du..", sagt Olivia. „Wir sind beschäftigt. Also los! Und wenn du zurückkommst, kannst du unsere hoffentlich gelungenen Muffins verkosten.", sagt sie lächelnd.

Ich atme tief ein und sehe sie an. Ich möchte das Bild festhalten. Wie sie Lächelnd vor mir steht. In dem Wissen, dass niemand hier ist der ihr wehtun kann.

Sie sieht so wunderschön aus. Ich denke es mir jeden Tag. Jede Sekunde in der ich sie ansehe. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass man jemanden so sehr lieben kann, wie ich Olivia liebe.

„Ich liebe dich, Süße..," flüstere ich ihr zu, woraufhin ihre Augen zu funkeln beginnen.

„Okay das war wohl mein Stichwort.", sagt meine Mutter und geht wieder, um uns Raum zu lassen.

Olivia entkommt ein süßes Kichern. Sie stellt sich vorsichtig auf ihre Zehenspitzen und kommt mir langsam näher. Ich schließe meine Augen, als ich im nächsten Moment ihre Lippen auf meinen spüre. Der Kuss verpasst mir sofort ein Kribbeln in meiner Magengrube.

Langsam löst sie sich wieder, ihre Augen verweilen in meinen.

„Ich liebe dich auch Aiden..", flüstert sie mir sanft zu.

Ich verliere mich in ihrem Augen. Ich hätte kein Problem damit sie den ganzen Tag einfach nur anzusehen.

„Und jetzt los..du kommst noch zu spät.", sagt sie schließlich und holt mich aus meinem tranceähnlichen Zustand.

„Okay okay...ich checks ja..ihr wollt mich loswerden, damit ihr in Ruhe euren Tag geniessen könnt, während ich in der stickigen Schule irgendetwas über imaginäre Zahlen lernen darf.", sage ich zwinkernd, beuge mich zu ihr und drücke ihr einen sanften Kuss auf ihre Wange.

„Genau so ist es.", sagt sie frech grinsend.

Ich lächle ihr noch einmal zu, bevor ich mich dazu zwinge in mein Auto zu steigen und zur Schule zu fahren.

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10:37 Uhr

Olivia P.O.V.

„Moment waren die 250 Gramm Zucker oder Mehl?", frage ich Aidens Mutter, während wir in der Küche stehen.

„Ach..so genau geht das nicht.", sagt sie überzeugt und winkt ab, woraufhin ich lachen muss.

„Hier sind die Blaubeeren die rühren wir jetzt einfach unter..", sagt sie und lässt die Blaubeeren langsam in die Schüssel fallen, während ich konzentriert umrühre. Sofort blitzen meine Erinnerungen an meinen Vater auf, welcher mir so gern Blaubeerenpfannkuchen gemacht hat. Ich halte einen Moment inne, den Kochlöffel noch immer in der Hand. Das Bild meines Vaters vor meinem inneren Auge ist klar und lebendig, als wäre es erst gestern gewesen.. Ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Herzgegend aus.

„Laut Rezept würde das schon reichen, aber ich finde umso mehr Blaubeeren umso saftiger.", sagt sie.

Ich rühre weiter den Teig, während ich versuche, meine Stimme möglichst beiläufig klingen zu lassen. „Wie läuft es eigentlich mit dem Anwalt?"

Aidens Mutter, die gerade die letzten Blaubeeren in die Schüssel fallen lässt, hält kurz inne. Sie atmet tief durch, und ich kann die Anspannung in ihren Schultern sehen. „Es ist... schwierig," sagt sie schließlich. „Paul weiß genau, wie er sich vor anderen verhalten muss, um wie der perfekte Vater zu wirken. Es ist meine Aussage gegen seine, und das reicht einfach nicht. Er hat genug Geld um sich den bestem Anwalt der Stadt zu besorgen. Dagegen anzukommen ist nicht einfach.."

Ich nicke und versuche, ruhig zu bleiben, obwohl mein Herz vor Wut gegenüber der Ungerechtigkeit schneller schlägt.

„Mein Anwalt sagt, ohne Beweise hätte ich vor Gericht keine Chance.", fügt sie noch beiläufig hinzu.

Sofort stoppe ich in meiner Bewegung.

„Beweise?", frage ich, als ob ich sie nicht verstanden hätte.

Sie nickt schwach. „Fotos, Video, Sprachaufnahmen..irgendetwas was meine Aussage unterstützt. Ohne Beweise, dass er gewalttätig war, wird die Anzeige zu nichts führen und auch bei der Scheidung gehe ich im schlimmsten Fall mit leeren Händen aus. Ich wünschte ich könnte wenigstens das Haus behalten."

Ich lege den Schneebesen beiseite und wische meine Hände an einem Geschirrtuch ab. „Was wenn ich dir sage, dass ich die Beweise habe die dir fehlen?"

OliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt