Safraoui und ich redeten, glaub ich, noch 30 Minuten, bis er langsam gehen musste. Die Chance, dass meine Eltern uns erwischen würden, war zwar nicht hoch, aber riskieren musste man es trotzdem nicht.
„Danke, dass du gekommen bist", sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Er ist fast eine Stunde hierhergefahren, nur damit er mich für 35 Minuten sehen kann.
Er küsste meinen Kopf und fuhr mit dem E-Scooter weg.
Ich stand noch am Zaun, bis ich ihn weder hören noch sehen konnte.Ich schaute auf meine Tüte.
Auf meine Rosen.
Der Junge hatte wirklich einen Knax — für Rosen und 'ne Box hierher zu kommen.
Ich bewegte mich zum Hauseingang.
Ich kam drinnen an und zog meine Crocs aus.
Ich wollte in Richtung meines Zimmers gehen, als meine Mutter mir auf einmal gegenüberstand.
Sie hatte im Wohnzimmer geschlafen.
Sie hatte wohl Streit mit meinem Vater.„Wo warst du?", fragte sie mich.
Sie sah zu meiner Hand.
Direkt auf meine Blumen.
„Farah, das meinst du doch nicht ernst", sagte sie ruhig und leise.
Warum war sie so ruhig?
„Ich–" Meine Mutter drehte sich einfach weg und ging in Richtung Küche.Ich legte meine Sachen schnell ab und ging ihr nach in die Küche.
Sie saß dort und trank ein Glas Wasser.
Sie war so ruhig.
So passiv-aggressiv.„Mama, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht wütend machen", sagte ich und setzte mich ihr gegenüber.
„Farah, denkst du wirklich, deine Kinderliebe wird für immer halten?", fragte meine Mutter mich auf einmal.
„Ich weiß nicht", sagte ich verunsichert.
Ich kann doch nicht in die Zukunft sehen.
„Aber ich hoffe schon", sagte ich, um so optimistisch wie möglich zu wirken.
„Farah, ich kann deinen Vater nach 18 Jahren nicht mal mehr lieben. Ich verspüre nur Hass gegenüber ihm. Denkst du wirklich, du wirst es schaffen, einen Kriminellen für 50 Jahre zu lieben?", fragte sie mich.Sie sagte das so ohne Emotionen.
So, als würde sie selbst nicht wissen, wie sie auf ihre Aussagen reagieren wollte.
Ich selbst war sogar etwas verwirrt von dieser Aussage.
Meine Mutter war eine, die, wenn man sie gefragt hat, ob sie meinen Vater liebt, immer scherzhaft geantwortet hatte: „Nein, ich hasse ihn."
Aber ich wusste nie, dass dieser Scherz doch die Wahrheit ist.„Aber du magst Baba doch", sagte ich.
Ich wusste, meine Eltern würden sich nie scheiden lassen, aufgrund von uns Kindern.
Aber irgendwo dachte ich doch, dass sie sich lieben.
Zumindest ein bisschen.„Wenn ich könnte, würde ich direkt von ihm weggehen", sagte meine Mutter.
„Aber ich kann euch nicht ohne Vater aufwachsen lassen. Nicht so wie ich", sagte meine Mutter.
Meine Mutter verlor ihren Vater, als sie vier war, aufgrund eines Herzinfarktes.„Aber Mama, nur weil ihr nicht mehr verheiratet seid, heißt das nicht, dass er nicht mehr mein Vater sein wird", sagte ich.
„Denkst du, der Bastard wird sich irgendwie noch bei euch melden, wenn ich seinen Namen nicht mehr trage?", sagte meine Mutter.
Ich nickte nur.
Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.Schon wieder bin ich in dieser Position.
In der Position, mich als Kind um die Eheprobleme meiner Eltern zu kümmern.„Farah, ich hatte nie so etwas wie eine Jugendliebe oder so. Vielleicht verstehe ich dich deswegen nicht. Ich habe einen Mann geheiratet, bei dem man mir gesagt hat, er würde ein guter Ehemann sein. Aber ich versuche, dich zu verstehen. Aber warum ein Verbrecher?", sagte sie.
Ich weiß es doch selbst nicht, warum ich mich in ihn verliebt hatte.
Er war nicht meins.
Eher im Gegenteil: Er hat meine Spucke gespürt, bevor sich unsere Herzen trafen.„Mama, ich weiß es doch selber nicht", sagte ich verzweifelt.
Meine Mutter schnaufte und trank ihr Glas leer.
Sie sah mich an und stand plötzlich auf.
„Was ist los?", fragte ich sie, als sie ihr Glas neben das Waschbecken legte.
„Ich geh schlafen", sagte sie.Ich sah sie an.
Ich wollte noch mit ihr reden.
Ich wollte, dass sie mir zuhört.
Mich versteht.„Oh, okay", sagte ich.
Sie blieb vor mir stehen.
Sie war höchstens fünf Zentimeter größer als ich.„Farah, mir zuliebe: Halt dich fern von ihm. Vertrau deiner Yumma, wenn ich dir sage, in ein paar Monaten werden diese Gefühle verblassen", sagte sie und küsste meine Stirn.
Dann verließ sie die Küche und ließ mich verwirrt, aber auch verzweifelt, dort stehen.
Werde ich meine Gefühle für ihn wirklich verlieren?
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Die eine wird Bonze, der andere bleibt Block.//Safraoui FF
FanfictionEs heißt immer: "Im Block gönnt man jedem sein Glück." Aber was ist, wenn man den Block verlässt? Gönnt man dir dann noch dein Glück? Farah verließ mit zwölf Jahren den Block und findet doch immer wieder Platz darin. Aber wie es aussieht, gefällt es...