24. Kapitel

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Am nächsten Tag war das Spiel. Wir waren alle aufgeregt, denn Antoine rief am Morgen an, um uns Bescheid zu geben, dass er von Anfang an spielte.
Wir freuten uns tierisch und als wir dann im Stadion ankamen, konnten wir es kaum glauben. Zwar war es nur ein Freundschaftsspiel, aber es war ein irres Gefühl Antoine's Namen auf der Leinwand zu lesen. Mit Namen wie zum Beispiel Benzema, Pogba oder Giroud.
Antoine hatte uns Karten im VIP-Bereich besorgt. Eigentlich mochte ich es nicht, aber ich machte das Beste daraus. Ein paar von den Spielerfrauen saßen an ihren Plätzen und ich schüttelte den Kopf, da sie zum Teil aufgedonnert mit ihren 'Luis Vitton'-Taschen auf ihre Handys starrten.
Theo flüsterte mir leise zu: "Schau mal da drüben, da sitzt David Beckham." Ich sah hin und war echt geflasht. So einen echten Star zu sehen, den man nur aus dem Fernsehen oder aus Zeitschriften kannte, war echt was Besonderes.
"Los, Theo, geh hin und hol dir ein Autogramm."
"Meinst du?" Das war wohl keine richtige Frage, da er schon auf dem Weg zu ihm war. Ich lachte laut.
Als ich mich umdrehte, stieß ich mit einer großen Person zusammen.
"Oh, es tut mir leid, ich habe...", fing ich an, aber dann sah ich in strahlend blaue Augen.
"Hi, was machst du denn hier? Ach was, eigentlich ist das nicht so überraschend, ihr seid ja jetzt zusammen." Simon stand vor mir und strich sich mit den Fingern unsicher über die Stirn.
"Und was machst du hier?"
"Nun ja, da unten spielt auch meine Mannschaft, auch wenn ich nicht mitspiele."
"Frankreich spielt gegen Dänemark?" Ich war überrascht, dass ich nicht wusste, wer gegen wen spielte. Bisher war ich nur damit beschäftigt gewesen, ob Anto spielt oder nicht.
"Ja, dann viel Spaß euch!" Er zwinkerte mir zu und ging ein paar Stufen weiter herunter und setzte sich zwischen zwei andere Männer, die in ihren Anzügen ziemlich wichtig aussahen.
Auch ich setzte mich hin. Carla neben mich.
"Was war das denn bitte? Du redest noch mit diesem Arschloch? Wie kommt das?"
"Also... nun ja, er hat sich entschuldigt."
"Nun ja, er hat sich entschuldigt? Das ist alles? Weiß Antoine davon?" Sie hörte sich sauer an.
Ich hatte zwar mit ihm gesprochen, nachdem Simon das erste Mal im Restaurant war, aber nicht mehr als er das zweite Mal aufgetaucht war. Wir hatten danach nicht so lange und oft telefoniert. Er trainierte viel und war so euphorisch.
"Das ist alles, Carla. Antoine weiß zwar noch nichts davon, aber ich erzähle es ihm. Es ist nichts dabei. Wir sind keine Freunde. Nichts sind wir." Ich wurde am Ende etwas lauter und fester in der Stimme, sodass von Carla nur ein nicken kam. Ich wollte auch nicht weiter darüber reden. Vielleicht war es dumm von mir mit Simon zu reden, und vielleicht auch naiv, aber er hat sich entschuldigt. Das fand ich positiv.

Beim Einlaufen der Mannschaften traten Tränen in Clarisse's Augen und ich streichelte ihren Arm. Sie war so stolz auf ihren Sohn. Auch ich hatte ein unglaubliches Kribbeln in meinem Bauch.
Antoine sah einmal kurz zu uns nach Oben und mein Herz setzte kurz aus. Er grinste kurz und dann ging es schon los.
Die ganze erste Halbzeit achtete ich nur auf ihn. Er spielte gut, doch beide Mannschaften bekamen nicht viel auf die Reihe. Dann beim Halbzeitpfiff ging mein Blick über die anderen Sitze und ich bemerkte, wie Simon mich ansah. Er lächelte kurz.

Theo und Logan holten uns Getränke und als die zweite Halbzeit weiter ging, war mein Blick wieder komplett auf Antoine gerichtet. Er war echt gut drauf. Immer wieder hatte er Chancen, die zu einem Tor geführt hätten, aber der Torhüter hatte seine Fingerspitzen immer im Weg.
Doch dann in der 73. Minute sprintete er alleine aufs Tor zu, dribbelte zwei Verteidiger aus und lupfte den Ball hinein ins Tor. Wir sprangen jubelnd auf. Antoine lief in unsere Richtung und schickte einen Luftkuss herauf. Seine Mutter machte das Gleiche zurück. Eine Gänsehaut überkam mich, als der Name 'Antoine Durant' gerufen wurde und er an der Leinwand aufleuchtete. Ich war so stolz auf ihn.
Auch bei dem zweiten Tor in der 89. Minute war er beteiligt. Er flankte den Ball von rechts in den Strafraum, wo Pogba stand und ihn nur noch einnicken musste. Die Spieler jubelten.

Kurz danach war das Spiel vorbei und das Stadion leerte sich.
Wir blieben noch etwas länger auf der Tribüne und Theo machte mit Logan noch ein paar Fotos.
"Komm her, Elena! Ich mache ein Foto von Theo und dir!", schrie Logan zu uns herüber und ich lief die paar Treppenstufen zu ihnen und legte den Arm um Theo, der grinsend da stand.
"Wie stolz du bist."
"Nicht nur ich," antwortete er und sah mich freudestrahlend an. Da kam Antoine in einem dunkelblauen Trainingsanzug die Treppe herunter gesprintet und sagte: "Ich möchte auch mit aufs Foto."
Er stellte sich hinter Theo und mich und grinste in die Kamera. Dabei streichelte er mir leicht und sanft über den Rücken. Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut.
"Okay. Jetzt noch eins von Theo und dir, Anto!"
Ich ging zu Logan und lächelte, als Theo stolz zu seinem Bruder aufsah, naja, eher runtersah. Schließlich war er fast größer als Antoine.
"So und jetzt noch eins mit Elena." Antoine lächelte mich an und winkte mich zu ihm. Theo und ich wechselten als die Plätze. Als ich bei Antoine in den Armen ankam, spürte ich seine Wärme und das Bauchkribbeln war wieder da.
"Es ist schön dich zu sehen," sagte er leise in mein Ohr. Ich drehte mich zu ihm.
"Du hast mir gefehlt." Wir sahen uns in die Augen und die Welt um uns herum existierte in diesem Augenblick nicht. Nur wir beide. Nein, nur er existierte für mich.
"So ihr Turteltäubchen, wir gehen jetzt was essen." Carla störte uns in unserer Zweisamkeit.
"Du hast recht, lass uns gehen. Ich hab mich extra geduscht. Nur für euch." Antoine nahm meine Hand und wir liefen die Treppen hinauf zu den Anderen. Im ersten Moment war ich enttäuscht, dass sie uns gestört hatte, aber im Zweiten musste ich zugeben, dass sie uns geholfen hatte, denn Jeder, wirklich Jeder in diesem Stadion, sah zu uns und wir hatten noch nicht darüber gesprochen, ob wir nun ein Paar waren oder nicht. Sie hatte uns geholfen. Uns sozusagen nicht geoutet.

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