35. Kapitel

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"Okay, lasst mich ruhig alleine!", schrie Simon uns hinterher.
"King ist doch noch da," sagte Anton pfiffig und achtete gar nicht weiter auf seinen Vater. Ich stapfte ihm hinterher, bis er plötzlich stehen blieb, sich bückte und mir in seiner Hand einen Seestern zeigte.
"Wow! Der ist ja schön." Er legte ihn mir in meine Hände. Er bewegte sich in meiner Handfläche.
"Den schenke ich dir." Er sah mich mit seinen strahlend blauen Augen an.
"Danke! Aber wenn ich ihn mitnehme, dann vertrocknet er und er stirbt. Wollen wir ihn ins Meer zurückbringen?"
"Ja!" Wir liefen zum Wasser an einem verwirrt aussehenden Simon vorbei und ich nahm Antons Hände.
"Komm, wir machen das zusammen, ok?" Langsam legten wir den Seestern ins Wasser und ich sah, wie Antons Augen vor Freude leuchteten.
"Was macht ihr beiden denn da?", fragte Simon hinter uns.
"Elena und ich haben einen Seestern gerettet. Sonst stirbt er."
"Das ist ja toll!" Simon grinste über beide Ohren. "Wollen wir nun wieder zurück zum Haus?"
"Nein!", sagte Anton bestimmt.
"Wie nein?" Dann jagte Simon den Kleinen lachend über den Sand. Dann stolperte Anton, fiel und Simon auf ihn drauf. Lachend wälzten sie sich auf dem Sand.
Ich ging langsam auf die Beiden zu.
"Komm her!", rief mir Simon zu und ich schüttelte den Kopf.
Dann sahen er und Anton sich verstohlen an und plötzlich zogen sie mich zu sich herunter in den Sand, kitzelten mich, bis ich kapitulierte.
Anton lief wieder los und spielte mit King, der wild auf und ab sprang. Doch Simon und ich lagen weiter dort. Ich war vollkommen außer Atem und lachte noch immer. Auf dem Rücken liegend sah ich Simon direkt in die Augen, da er über mir gebeugt lag und hörte auf zu lachen, da er mich neutral anstarrte. Seine Augen leuchteten. Dann strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht und kam näher. Seine Hand umfasste mein Kinn und dann ganz langsam berührten sich unsere Lippen. Nach einiger Zeit lösten wir uns und wir schauten uns tief in die Augen. Er hatte ein so ebenmäßiges Gesicht. Seine harten Gesichtszüge bildeten sanfte Kanten. Auf einmal kamen King und Anton und schreckten uns aus unserer Trance.
"Ich glaube, Oma wartet." Anton lief den Strand zurück hinauf zum Haus, dicht gefolgt von King. Simon half mir hoch, nahm meine Hand und wir traten den Weg zurück an.
Ich hätte so gerne etwas gesagt, nur ich wusste nicht was.
Dann hielt ich die Stille nicht mehr aus.
"Ich...," fing ich an, doch Simon blieb stehen, zog mich an sich und küsste mich erneut.
"Du brauchst nichts sagen," murmelte er gegen meine Lippen. Sein warmer Atem fühlte sich gut an und ich strahlte ihn an.
"Eigentlich möchte ich noch nicht wieder zurück, aber wir sollten." Simon streichelte meinen Handrücken und wir gingen Hand in Hand zum Haus.

Wenige Stunden später verabschiedeten wir uns aus Horsens und flogen mit dem privaten Flugzeug zurück nach Valencia.
Als wir wieder Boden unter den Füßen hatten und Simon mich nach Hause brachte, war ich traurig. Traurig, dass das Wochenende vorbei war und ich hatte Angst vor dem Alltag. Der Alltag, der immer alles komplizierter machte.

Simon und ich verabschiedeten uns mit einem langen Kuss. Er sagte, dass er anrufen würde und, dass er mich jetzt schon vermisste. Ich stieg aus und sah nochmal zurück, als er wegfuhr.
Nun ging ich ins Restaurant, in dem mein Vater auf mich zulief und mich lange umarmte.
"Das hat sich angefühlt wie 4 Wochen, die du weg warst! Schön, dass du wieder da bist."
"Ist alles klar hier?" Ich hatte ein komisches Bauchgefühl, bei dem ich nicht wusste, woher es kam.
"Klar. Ich muss weiter bedienen. Wollen wir heute Abend zusammen essen?" Mein Vater strahlte übers ganze Gesicht.
"Gerne. Ich geh dann erstmal duschen," grinste ich und verschwand nach oben in die Wohnung, um mich frisch zu machen.
Als ich aus der Dusche kam, hörte ich, wie mein Handy klingelte. Ich lief nur im Handtuch bekleidet zu meinem Bett, auf dem es lag.
Die Nummer war unterdrückt.
"Ja bitte?", sagte ich und wartete auf die Antwort, doch ich hörte nur ein leises Schluchzen.
"Elena? Hey, ehm... Hier ist Antoine. Ich... Ich weiß, ich hätte nicht anrufen sollen,..."
"Antoine? Was ist los?" Mein Herz fing an laut zu pochen. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen.
"Mein Bruder... Er hatte einen schweren Unfall. Ich wusste nicht wen ich anrufen sollte. Ich...", stockte er.
"Wo bist du?"
"In Lyon, im Krankenhaus. Meine Mutter ist auf dem Weg hier her." Ich hörte ihn leise weinen.
"Ich werde so schnell ich kann kommen."
"Du bist... Du... Danke."
Ich legte auf und rief Logan an, ob er mich zum Flughafen fahren könnte. Er bot mir an, dass Carla mir ein Ticket für den nächsten Flug buchen könnte und ich willigte ein.
Mein Vater war geschockt, als ich ihm erzählte, was passiert sei. Ich fing an zu zittern bei dem Gedanken, dass Theo etwas passiert sei. Ich hatte zu wenig Informationen, um zu wissen, was passiert war und welche Verletzungen er hatte. Logan hatte nur von seinem Gespräch mit Antoine erzählt, dass Theo einen Autounfall hatte und mit Lebensgefahr im Krankenhaus lag. Er gab mir die Adresse des Hospitals und die Flugtickets, die Carla mir besorgt hatte.
Wenig später saß ich im Flieger nach Frankreich. Vollkommen aufgelöst.

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