26. Kapitel

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Als wir wieder zu Hause waren, ging der ganz normale Alltag weiter. Normal, nicht wirklich, denn Antoine und ich sahen uns jeden Abend. Somit war jeder Abend etwas Besonderes. Entweder waren wir bei ihm und saßen stundenlang auf dem Balkon oder wir waren bei mir, sahen Fernsehen oder kochten zusammen.

Die Zeit verging und dann begann die Saison.
Antoine hatte an den Wochenenden Spiele und ich versuchte, so oft wie es mir möglich war, ins Stadion zu gehen. Zwischen den Trainingszeiten kam er zu uns ins Restaurant. Das war für mich die schönste Zeit am Tag.
Er saß gerade am Tresen und quatschte mit meinem Vater über das letzte Ligaspiel in dem er zwei, der insgesamt vier Tore, schoss. Er hatte wirklich einen Lauf.
"Das war echt klasse von dir gemacht," sagte mein Vater. Auch er war stolz. Er hatte Antoine ins Herz geschlossen und er freute sich, dass wir ein Paar waren.
"Die Freistoßentfernung und Position waren einfach perfekt. Den hätte Jeder rein gemacht." Antoine schlürfte an seiner Cola.
"Hey, Elena, fandest du das Tor am Wochenende auch Weltklasse?", fragte mich mein Vater.
Ich murmelte nur ein 'Ja' und arbeitete weiter. Es war nicht so, dass ich nicht stolz auf ihn war oder ich nicht gut fand, was er machte. Es war nur so, dass sein Fußballspielen gerade über Alles stand.
Als wir noch Freunde waren und kein Paar, da hatte er kaum etwas über seinen Job erzählt. Es war nie wichtig, was er beruflich machte, doch jetzt war Jeder total begeistert. Nicht nur seine Freunde oder seine Familie, sondern auch Fans und auch Presse. Ich hatte Angst. Angst davor, dass er sich veränderte.
"Anto, wie wäre es, wenn wir am Samstagabend etwas mit Logan und Carla machen würden? Vielleicht gehen wir mal wieder zu Eddy?", fragte ich lächelnd. Wir hatten schon lange nichts mehr zu Viert gemacht. Ich sehnte mich nach einem Abend zusammen. Wie Früher.
"Das wäre klasse," antwortete er. "Aber nach dem Spiel am Samstag sollte ich schlafen gehen. Schließlich habe ich dann Sonntag früh Training. Das verstehst du doch. Wir könnten das verschieben." Er küsste mich auf die Wange und meine Haut fing sofort an zu kribbeln.
"Okay." Nein, eigentlich war es nicht okay. Früher hätte er immer 'Ja' gesagt, egal, ob er Training hatte oder nicht.
"So, ich muss jetzt wieder los. Ich komme heute Abend erst später."
"Wieso das?"
"Interviews mit ein paar TV-Sendern."
"Dann bis später!" Ich gab ihm einen Kuss und mein ganzer Körper wurde mit Wärme durchflutet.
"Ich werde den ganzen Tag an dich denken." Er streichelte mir übers Haar und verließ dann das Restaurant.
"Ihr Turteltäubchen," sagte mein Vater und ging zurück an die Arbeit.
Ich nahm mir sein leeres Glas und spülte es gedankenverloren aus.
"Elena, alles klar?" Paula stand neben mir und stütze ihre Hand in ihre Hüfte.
"Na klar," log ich. Es war nichts klar. Ich hatte Angst.
"Lügnerin. Was ist los? Was beschäftigt dich?" Sie sah entschlossen aus.
"Nichts."
"Elena, sag schon!"
"Es verändert sich grad alles."
"Inwiefern?"
Mir kamen die Tränen. Paula nahm mich an die Hand und ging mit mir zur Treppe. Wir setzten uns und es sprudelte nur aus mir heraus: "Ich bin eine schlechte Freundin. Antoine ist so erfolgreich und ich habe Angst, dass sich alles verändert. Es geht gerade nur darum, wann das nächste Spiel ist und wie gut er spielt. Und das sollte ich schön finden, aber es dreht sich gerade alles nur um den Fußball. Er ist nicht mehr so...locker."
"Er ist halt erfolgreich. Das wollte er schon immer sein. Das musst du verstehen, Elena," gab sie zu bedenken.
"Ja, ich verstehe das auch, nur ich habe Angst, dass ich ihm irgendwann nicht mehr wichtig genug bin."
"Das wirst du nicht sein. Nur seine Karriere entwickelt sich und das ist sein Traum."
"Du hast Recht. Ich bin egoistisch."
"Nein, du bist nicht egoistisch. Du hattest schon immer Angst vor Veränderungen. Du wirst das schon hinbekommen. Ihr werdet das hinbekommen. Rede mit ihm über das, was du denkst. Er wird das verstehen. Komm," half sie mir hoch. "Wir müssen. Mach dir nicht immer so viele Gedanken."

Am Abend schickte mir Antoine eine SMS, dass er nun zu Hause war. Ich hörte ihm an, dass er müde war, aber ich wollte zu ihm, also machte ich mich auf den Weg zu seiner Wohnung.
Draußen fing es an zu tröpfeln und ich versuchte mich mit meiner Strickjacke zu wärmen, obwohl es nicht wirklich kalt war. Ich hatte ein komisches Gefühl. Bedrückend.
Die Klingel läutete und ich stand wippend von einem Fuß zum Anderen vor seiner Tür.
Er machte sie verschlafend auf. Mein schlechtes Gewissen meldete sich.
"Elena, was machst du denn hier?" Verwirrt, aber lächelnd, bat er mich herein.
"Ich...es tut mir leid. Ich weiß, du bist müde, aber ich wollte dich sehen."
"Du bist süß. Du kannst bei mir schlafen, wenn du möchtest. Komm her." Er nahm mich in seine Arme und ich fühlte mich sofort geborgen.
"Ich liebe dich." Mein Herz stockte. Was hatte ich gesagt? Ich habe mich von meinen Gefühlen leiten lassen.
"Ich liebe dich auch, Elena. Und wie, ich dich liebe." Er küsste mich.
"Danke."
"Wofür bedankst du dich denn?"
"Dafür, dass ich bei dir sein darf."
Er lächelte und zog mich in sein Schlafzimmer. Aber wir schliefen nicht miteinander, sondern wir kuschelten. Es war toll seine Wärme an meinem Körper zu spüren.   Irgendwann fielen uns die Augen zu.

Am nächsten Morgen wurde ich von Kaffeegeruch, der mir in die Nase stieg, geweckt. Ich musste lächeln, als Antoine mit einem Tablett ins Schlafzimmer kam. Darauf erkannte ich eine Tasse Kaffee und eine Rose.
"Wie im Film." Grinsend über beide Ohren, setzte ich mich auf.
"Nicht ganz, ich hatte keine kleine Vase." Er deutete auf das Wasserglas, in dem die Rose schwamm.
"Du bist süß." Er kam näher und ich küsste ihn.
"Ich muss jetzt leider los. Training. Es war schön, dass du die Nacht hier warst."
"Danke, dass ich hier sein durfte und danke für das filmreife Frühstück."
"Immer wieder gerne." Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und ließ mich allein.

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