48. Kapitel

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Carla und Theo empfingen mich fröhlich, während Adriana ihre Tasche durchsuchte.
"Elena, alles okay?", fragte mich Theo und ich nickte.
Als Antoine zu unserem Tisch kam, meckerte Adriana: "Ich will nach Hause. Hier ist es scheiße. Kommst du?" Sie zog ihren Mantel an.
Antoine sah kurz zu mir und dann zu Theo. "Fahr doch schonmal vor. Ich denke, Theo hat noch keine Lust zu gehen." Dieser nickte eifrig.
"Okay, aber morgen geht es wie versprochen in einen schicken Laden, ja?"
Sie verabschiedete sich knapp und verschwand aus dem Pub.
Theo atmete tief durch. "Puh... Und hat jemand Lust auf einen Schnaps?"
Carla nickte. "Ich rufe Logan an, ob er noch kommen möchte. Bin gleich wieder da." Sie stand mit Theo auf, der zur Bar ging.
Antoine nahm gegenüber von mir Platz. Seine Augen strahlten. Wie gern ich ihm in die Augen sah... Die Grübchen an seinen Mundwinkel...
Ich verlor mich komplett in seinen Augen. Wir sprachen kein Wort.
Theo unterbrach dann unseren Augenkontakt und stellte den Schnaps auf den Tisch. "Jetzt kann gefeiert werden."
Auch Carla kam zurück und lachte. "Logan liegt schon im Bett und kann sich nicht mehr aufraffen."
"Schwach." Antoine lehnte sich zurück. "Ich bin Anderes von ihm gewohnt."
Theo übergab uns jedem ein Glas und wir stießen an.
Wir hörten dem Musiker zu, der wie ich fand, großartig war. Theo sang lauthals mit und ich amüsierte mich köstlich über ihn. Irgendwann waren wir alle so betrunken, dass ich Theo aufforderte mit mir zu tanzen. Er wirbelte mich zur Musik hin und her und ich hatte wirklich riesen Spaß.
Auf einmal kam Carla und ich überließ Theo ihr. Da es ein irisches Lied war, versuchten die Beiden ihr Tanzen, wie Riverdance aussehen zu lassen, was ihnen nicht gelang. Ich lachte laut. Antoine stand nun neben mir und feierte die Beiden genauso sehr, wie ich.
"Hey, Theo, ich zeig dir mal, wie das geht!" Antoine schnappte sich meine Hand und wir tanzten zusammen. Das ließ Theo nicht auf sich sitzen und versuchte mit Carla sein Bestes. Dann schwenkte die Musik um auf ein langsameres Lied. Antoine kam näher auf mich zu. Ich spürte seinen Atem auf meiner Schulter und ich konnte nicht mehr klar denken. Vielleicht hätte ich mich einfach wieder hinsetzen sollen, aber mein Hirn setzte aus. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und genoss seine Wärme. Seine Hände berührten mich an meiner Taille und meine Arme lagen um seine Schultern. Im Inneren wusste ich, dass es ein Fehler war, da ich so niemals von ihm loskommen würde, doch es fühlte sich verdammt gut an.
Ich bemerkte gar nicht, wie das Lied zu Ende ging und ein schnelleres begann, bis Theo uns darauf hinwies. Dann erwachte ich aus meiner Trance.
"Ihr tanzt ja, als wärt ihr eingeschlafen," gab er uns zu bedenken.
Ich setzte mich und Antoine ging nach Draußen. Ich sah ihm nach und kurz bevor er raus trat, schaute er zu mir. Auch das, was ich als Nächstes tat, hätte ich wohl lassen sollen, denn ich folgte ihm. Als ich im Freien ankam, lehnte er an der Steinwand.
"Alles klar bei dir?", fragte ich und er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
"Ich brauchte nur etwas Luft."
Ich wollte wieder reingehen, doch dann sagte er meinen Namen und ich blieb stehen.
"Ja?", fragte ich und sah zu ihm.
"Ich....ich hatte nicht vor dir wehzutun." Er stieß sich von der Wand ab.
Dazu konnte ich nichts sagen, denn das was er hören wollte, war eine Lüge. Er tat mir jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde weh.
Ich blickte ihn also nur an, sagte nichts und öffnete die Tür zum Inneren.
Mein Herz schmerzte. Meine Füße trugen mich zurück zum Tisch, aber meine Gedanken verloren sich im Raum. Ich nahm meine Jacke und zog sie an.
"Du willst schon los?", fragte Theo. Carla stand auf.
"Ja. Es ist spät. Carla, du kannst noch hier bleiben. Wirklich. Ich laufe." Sie wollte den Mund aufmachen, doch ich ergänzte: "Und ja, es ist alles in Ordnung." Ich lächelte sie an, drückte ihr Geld in die Hand und sie setzte sich wieder.
Mit einer engen Umarmung verabschiedete ich mich von ihnen und ging vor die Tür. Ich versuchte nicht zu Antoine zu sehen, doch er sprach mich an.
"Du gehst nach Hause?", fragte er und kam auf mich zu.
"Sieht wohl so aus, ja."
"Allein?"
"Antoine, wie oft bin ich den Weg schon alleine gegangen? Da werde ich es heute auch schaffen!" Ich verschränkte die Arme vor der Brust. "Darf ich dich nach Hause bringen?" Er sah mich schüchtern an.
"Ich kann dich wohl kaum daran hindern." Ich drehte mich weg und ging los.
Den ganzen Weg nach Hause sagten wir nichts. Er ging mit den Händen in den Hosentaschen neben mir her und starrte auf den Boden. Als wir bei mir zu Hause ankamen, blieb er stehen und drehte sich um, um wieder zurückzugehen. Als er ein paar Schritte gegangen war, bedankte ich mich und ging rein. Von Innen sah ich ihm nach. Er ließ seinen Kopf hängen und ging langsam zurück. Ich brauchte echt Abstand.

Ein paar Wochen später arbeitete ich im Restaurant, als Carla durch die Tür hereinstürmte.
"Hey! Gibt's was Neues?" Sie setzte sich an den Tresen, an dem ich gerade Gläser spülte.
"Nö. Aber bei dir bestimmt!" Ich zwinkerte ihr grinsend zu, während sie hibbelig von einer Pobacke zur Anderen rutschte.
"Wir gehen heute nachmittag auf Brautkleidsuche! Habe schon Termine in den Geschäften gemacht."
"Wie cool! Ich freue mich!"

Einige Stunden später waren wir mittendrin im Geschehen. Sie sah toll aus. Ich bekam schon Freudentränen ins Augen weil sie so hübsch aussah.
Als sie in der Umkleidekabine stand, fragte sie, ob Antoine und ich Kontakt hätten und ich verneinte.
"Ist vielleicht ganz gut so," seufzte sie.
"Ja... Schließlich hat er mir wieder zu verstehen gegeben, dass er mich nicht liebt. Und ein weiteres Mal werde ich mir das nicht antun."
"Kann ich verstehen. Nur ihn verstehe ich gar nicht." Plötzlich klingelte ihr Handy und sie fragte, ob ich rangehen würde. Ich schaute nicht auf den Display. Was ein Fehler war.
"Hier ist Elena. Carla kann grad nicht," sagte ich fröhlich.
"Oh. Hey... Hier ist Antoine."
"Hi."
"Ich wollte nur erzählen, dass ich für die Nationalmannschaft nominiert wurde. Für die Weltmeisterschaft."
"Herzlichen Glückwunsch! Freut mich für dich!" Ich lächelte.
"Wirklich? Danke. Na ja, mehr wollte ich auch nicht. Was macht ihr denn gerade, so dass Carla keine Zeit hat?"
"Brautkleid kaufen," sagte ich knapp.
"Oh schön! Dann will ich nicht stören. Viel Spaß euch! Es war schön dich zu hören."
"Danke. Ich werde es weitergeben!"
Damit legten wir auf und der letzte Satz hallte in meinen Kopf nach, bis Carla mich aus meinen Gedanken holte.
"Was war los?"
"Ähm... Antoine. Er ist nominiert für die Weltmeisterschaft."
Carla freute sich und kam mit dem nächsten Kleid aus der Kabine. Sie sah umwerfend aus. Ein weißer Traum aus Tüll. Ich hatte Tränen in den Augen, weil sie so wundervoll aussah und weil ich ihn vermisste.
"Und was beschäftigt dich schon wieder?", fragte sie, als sie mich ansah.
"Nichts. Du siehst wunderschön aus."

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