2. Kapitel

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Nun stand ich also da: in einem engen blauen Kleid, dass kurz vor den Knien aufhörte. Und das in einem der schicksten und angesagtesten Restaurants der Stadt. Es war kurz vor 20 Uhr.

Ich hasste Nico dafür.

Er trat neben mir nervös von einem Fuß auf den Anderen. Schon süß, dass er so aufgeregt war. Sie musste etwas Besonderes sein, sonst wäre er nie so hibbelig.

Ich sah ihn an, als er plötzlich die Augen aufriss und sich seine Mundwinkel zu einem riesigen Lächeln nach oben bogen.

Seinen Blick folgend, stockte ich kurz mit meinen Gedanken, als ich die wunderschöne Frau sah, die auf uns zu kam. Ihr dunkelbraunen welligen Haare federten leicht hin und her. Nicolas hatte definitiv Recht. Sie war echt heiß. Ich konnte mir ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen.

Erst jetzt, wo sie Nico mit einer stürmischen Umarmung begrüßte, viel mir ihr Begleiter auf.

Groß, muskulös, blonde Haare, die er hinter seine Ohren klemmte und unglaublich blaue Augen. Er trug ein Jeanshemd, dazu eine schwarze Hose und weiße Sneaker. Ich bemerkte plötzlich, dass ich ihn anstarrte und mir wurde bewusst, dass ich nicht mitbekam, dass mich Nico's Date ansprach.

"Hey?", fragte sie schüchtern.

"Oh hey, hi, du musst Maria sein." Ich hörte mich echt bescheuert an. Was war nur los mit mir?

"Ja, genau. Und du bist Elena? Habe schon viel von dir gehört." Wir schüttelten uns die Hände. Aus dem Augenwinkel, konnte ich sehen, wie mein Bruder den Cousin von Maria mit einem festen Handschlag begrüßte.

"Wenn du nur Dinge über mich von Nico gehört hast, dann waren es keine Guten." Sie lachte herzhaft.

Ich fragte mich, ob sie das wirklich so lustig fand oder nur so aufgeregt war.

"Na klar, Schwesterherz, ich erzähle nur Gutes über dich!" Jetzt mischte sich Nico mit ein.

Maria drehte sich so hin, dass ich nun freie Sicht auf ihren Cousin hatte.

"Elena, das ist Simon. Simon, Elena," stellte sie uns vor.

Da er seine Hände in den Hosentaschen vergrub, wusste ich nicht so recht, wie ich ihn begrüßen sollte.

Ich hob die Hand, winkte kurz und sagte: "Hi."

Zwei Gesichter vor mir sahen mich komisch an. Simon grinste mich arrogant an.

Bin ich von allen guten Geistern verlassen? Der peinlichste Mensch im ganzen Laden: ich. Ach was, der ganzen verdammten Welt! Winken? Wirklich? Oh man...

Am Liebsten wäre ich im Erdboden versunken.

Nico sagte schnell so etwas wie: "Lass uns setzen." Maria und Nico gingen vor. Simon ging nach ihnen und dann kam ich. Er sah ziemlich heiß aus in der Hose und sein Gang erinnerte mich an den meines besten Freundes Antoine. Er spielte Fußball und hatte diesen typischen o-beinigen Gang.

Als wir an unserem Tisch ankamen, fingen Nico und Maria sofort ein Gespräch an. Sie passten echt gut zueinander. Mein Bruder saß mir gegenüber, während Maria rechts und Simon links von mir ihren Platz gefunden hatten.

Simon schien recht schweigsam zu sein. Er starrte in seine Speisekarte und rührte sich nicht. Ich versuchte ihn zu beobachten, ohne, dass man es merkte.

Klappte wohl schlecht, da er mir nach einiger Zeit direkt in meine Augen sah. Ein paar Sekunden schauten wir uns in die Augen, als würden wir ein Spiel spielen, wer zu erst wegguckte. Dann sprach Maria ihren Cousin an und ich trank etwas Wein, der gerade eingegossen worden war. Vieleicht konnte ich mit dem Genuss von Alkohol diesen Abend schneller überstehen.

"Simon ist Fußballspieler und wechselt jetzt hierher zum FC Valencia. Simon, erzähl doch mal," sagte sie stolz und lächelte ein Zahnpastalächeln.

Ich verschluckte mich, als ich dies hörte!

Er spielte bald in dem gleichen Verein, wie Antoine! In dem Verein, den mein Vater so liebte.

Ich konnte die Blicke auf mich regelrecht spüren. Langsam erholte ich mich von meinem Hustanfall.

Dann erschrak ich mich, als Simon zum ersten Mal anfing zu sprechen. Er hatte eine ruhige, dunkle, warme Stimme. Ich wusste nicht was ich erwartet hatte, aber bestimmt nicht so eine Stimme.

"Ja," sagte er. "In einer Woche werde ich ins Training einsteigen." Seine Stimme überraschte mich wirklich. Ich zuckte leider so sehr zusammen, dass ich mit meiner Hand beinahe mein Weinglas umstieß, es aber gerade noch auffing. Sah garantiert toll aus.

Und wieder hatte ich die volle Aufmerksamkeit und sechs Augenpaare sahen mich an.

Nicolas rettete mich: "Das ist ja cool. Elenas Freund Antione spielt dort auch. Nicht wahr?" Simon sah zu mir und seine Augen funkelten. Ich wusste nicht, wie ich den Blick deuten sollte. Dann sah er weg.

Ich nickte nur. Bloß nichts Dummes sagen oder anstellen.

"Etwa Antoine Durant?" fragte Maria aufgeregt.

"Ja, einer, meiner besten Freunde." Im Augenwinkel sah ich Simon, wie er sich wieder zu mir drehte und verschmitzt lächelte.

"Das ist ja interessant. Er ist echt gut. Ich bin ein Fan." Maria strahlte mich an.

Oh man, dieses Fangirling fand ich anstrengend. Immer wenn man mit Antoine unterwegs war, musste man gackernde und pubertierende Mädchen aushalten. Meine beste Freundin Carla fand das immer sehr amüsant, alle Anderen waren genervt. Irgendwann hatte man einen ignorierenden Blick dafür.

"Oh ja, sie nervt schon die ganze Zeit, dass ich ihn ihr vorstellen soll. Aber dann kannst du den Part ja übernehmen." Simon trank von seinem Wein und sah mich dann an. Er verdrehte die Augen als er das sagte.

"Ich...", fing ich an, wurde aber von Nico unterbrochen: "Nee, das kommt nicht in Frage." Er zwinkerte Maria zu und sie hing wieder an seinen Lippen.

Ich wollte mit Simon ein Gespräch anfangen, doch mir fiel nichts Besseres ein, als: "Freust du dich schon?"

Am Liebsten hätte ich mir ganz kräftig mit meiner eigenen Hand gegen die Stirn gehauen. Freust du dich schon? Dämlichste Frage aller Zeiten, von dem peinlichsten Mensch des heutigen Abend. Wahnsinn.

"Klar." Er sah dabei nicht wirklich glücklich aus, als er das sagte.

Aber klar, was hätte er sonst auch sagen sollen.

Ich guckte auf mein Armband am Handgelenk. Immer wenn ich nicht wusste, was ich machen sollte, spielte ich daran rum.

Nico und Maria redeten gerade übers Studium und ich kam mir mal wieder dumm vor. Da saß man in diesem tollen Restaurant und ich machte mich zum Vollidioten. Eigentlich die Schuld meines Bruders. Er hatte mich schließlich gezwungen heute Abend mitzukommen. Gezwungen war falsch. Er hatte mich so lange genervt, bis ich nachgegeben hatte. Typisch Nico halt.

Nachdem wir bestellt hatten, das Essen gekommen war und wir gegessen hatten, wurde mein Weinglas schon 4 mal befüllt. Eindeutig: dieser Abend war nix für mich. Ein tutelndes Fastpärchen und ein Nicht-sprechender-gutaussehender-Fußballer.

Gerade wollte ich mein 4. Glas ansetzen, als ich bemerkte, wie die Person links neben mir, also Simon, aufstand und zu Maria sagte: "Ich denke, ich bin hier überflüssig. Schönen Abend noch!" Er drehte sich um und ging. Ich sah ihm mit offenem Mund hinterher.

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