59. Kapitel

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Am Morgen darauf frühstückten wir alle gemeinsam. Nur Antoine musste zum Training, daher sah ich ihn gar nicht, aber Logan richtete mir einen Gruß aus.
Fernando fuhr mich danach nach Hause und abends gingen wir ins Kino.
Als wir aus dem Kino kamen, redete ich gerade noch über den Film, doch er stoppte mich.
"Dir hat der Film also gefallen, ja?" Ich nickte und er sprach weiter: "Elena, darf ich dich etwas fragen?"
Mein Lächeln erfrierte. "Ja, klar."
"Ich spreche das jetzt einfach an: Wir kennen uns jetzt seit drei Monaten. Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob ich eine Chance bei dir hätte. Also ich will kein Druck ausüben, aber ich muss einfach wissen, ob das realistisch wäre mit uns." Er sah mich mit einem erwartungsvollen Blick an.
"Ich weiß nicht," murmelte ich.
"Wie du weißt nicht? Du hast nach drei Monaten keine Ahnung, ob du dir etwas vorstellen kannst oder nicht?"
"Ich... Ich...", stammelte ich. "Ich mag dich. Du bist toll, wirklich!"
"Aber...?", fragte er und sah auf den Boden.
"Fernando, ich..."
"Du liebst ihn noch, oder? Antoine, du liebst ihn immer noch."
Ich konnte nichts dazu sagen und schwieg.
"Also, ja. Ich hätte es wissen müssen..." Er schüttelte den Kopf. "Und ich versuche alles, alles um dich glücklich zu machen."
"Du machst mich glücklich, wirklich, doch ich bin ehrlich. Ich habe noch Gefühle."
Er ging einen Schritt zurück. "Oh man... Ich bin so blöd."
"Nein, das bist du nicht. Ich bin schrecklich. Es tut mir Leid!"
"Elena, ich wusste vom ersten Augenblick an, dass es schwer werden würde. Ich habe seinen Blick zu dir und deinen Blick zu ihm gesehen. Ich fragte mich auch immer, wieso das mit Simon und dir nicht geklappt hat, aber es war der gleiche Grund oder?"
Tränen stiegen mir in die Augen und ich nickte.
"Puh... Okay. Ich fahre dich nach Hause."
"Nein. Lass, bitte. Ich werde mir ein Taxi holen."
"Lass mir Zeit, vielleicht ist eine Freundschaft realistisch, wenn du das möchtest." Er lächelte gequält.
"Gerne. Freunde hört sich gut an." Ich versuchte zu lächeln, aber er tat mir so leid. Ich hatte ein schlechtes Gewissen.
"Gut. Ich gehe nun. Gute Nacht." Er drehte sich um und ging die Straße herunter.
Ich sah ihm nach, doch als ich ihn nicht mehr sehen konnte, drehte ich mich auch um.
Ich schmiss mein Rest Popcorn weg und lief die Straße in der anderen Richtung als Fernando herunter.
Um den Kopf frei zu bekommen, wollte ich kein Taxi holen, sondern laufen.
Ich hatte Fernando, genauso wie Simon, verletzt.
Tief durchatmend bog ich in die nächste Straße links ein und lief genau in Jemanden hinein.
"Oh, tut mir Leid." Dann sah ich rauf und sah in blaue Augen und ein typisches Grinsen. Mein Herz fing wieder anzuklopfen.
"Elena, was machst du denn hier?"
"Antoine... Ich war im Kino. Was machst du hier?"
"Du warst im Kino? Allein?", fragte er.
"Nein, mit Fernando."
"Und er lässt dich im Dunkeln nach Hause laufen? Ich rufe ihn an!" Er holte sein Handy aus der Tasche.
"Nein! Nein. Ich wollte Laufen."
Er runzelte die Stirn. "Wieso? Alles klar?"
"Ja," lügte ich.
"Elena, was ist los?"
"Nichts. Wir haben nur festgestellt, dass eine Freundschaft besser zu uns passt, als mehr. Darüber wollte ich nachdenken."
"Oh... Das... Das tut mir Leid. Ich dachte...Ihr wart zusammen," sagte er verwirrt.
"Nein. Wieso dachtest du das?"
"Ihr wart ständig zusammen, da dachte ich... Ach egal, soll ich dich nach Hause bringen?"
"Brauchst du nicht. Ich komm' schon klar," wiegelte ich ab.
"Okay, schreib mir, wenn du zu Hause angekommen bist. Sonst mache ich mir Sorgen."
"Und dann holst du die Polizei, schon klar," lachte ich, weil er das immer sagte.
"Genau." Er schaute mir so tief in die Augen, dass ich mich fast darin wieder verlor, aber ich brach den Blickkontakt ab.
"Ich gehe dann mal. Wir sehen uns!"
"Als Erstes schreibst du mir!", zwinkerte er mir zu und ging dabei schon ein paar Schritte zurück.
"Bis dann!" Er drehte sich um, ging um die Ecke und war nicht mehr zu sehen.

Zu Hause lag ich in meinem Bett und schrieb eine kurze SMS an ihn, dass ich gut angekommen sei.
Ich bekam ein 'Gut' zurück.
Den ganzen restlichen Abend bis in die Nacht grübelte ich darüber nach, was Fernando sagte. Um mich davon abzulenken, surfte ich im Internet.
Erst las ich nur unwichtiges Zeug, doch dann konnte ich es nicht fassen, was ich da las: 'Wechselt Antoine Durant im Sommer zu Arsenal London?'
Ich öffnete den Link augenblicklich.
'Durant wurde mit dem Manager von Arsenal in einem Restaurant in Valencia gesichtet. Steht dort ein Wechsel im Raum? Sicher ist, dass Durant vor seiner Verletzung in einem Formtief war und nun um sein Comeback kämpft. In der Hinrunde schoss er zwölf Tore und gab zehn Vorlagen. Kein Wunder, dass er Begehrlichkeiten erweckt. Doch in der Rückrunde wirkte er oft kaputt und unglücklich. Vielleicht wäre ein Wechsel eine neue Herausforderung.'
Ich starrte auf den Bildschirm. Antoine will nach London? Meine Atmung wurde schneller. Das konnte er nicht tun!
Ich holte mein Handy heraus und wollte ihn anrufen, ließ es dann aber sein. Er sollte es mir persönlich sagen.
Der Gedanke, dass er nicht mehr hier wohnen würde, machte mich traurig. Ich kuschelte mich in meine Bettdecke und versuchte zu schlafen. Das letzte Mal als ich auf die Uhr sah, war es vier Uhr nachts.

In den nächsten Tagen wartete ich auf eine Erklärung von Antoine, doch nichts kam. Die Zeitungen waren voll mit den Wechselgerüchten, weshalb ich am Tag circa 25 Fragen darüber beantworten musste, wieso er denn wechseln möchte. Mich nervte es tierisch und ich verdrehte nur die Augen, wenn wieder ein Kumpel von meinem Vater auf mich zu steuerte.
Dann sagte ich meinen Standardspruch auf: "Ich weiß nichts."
Ich fühlte mich wie eine lebendige Bandansage.
Paula war der Meinung, dass ich ihn einfach darauf ansprechen sollte, schließlich waren wir Freunde. Doch ich wollte nicht. Er sollte es uns allen erklären.

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