53. Kapitel

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Der Arbeitstag ging schnell vorbei und ich hatte noch etwas Zeit bevor Fernando mich abholen wollte. Also ging ich duschen und machte mich fertig. Da ich noch eine halbe Stunde hatte, ging ich runter und setzte mich an die Theke.
"Na, Süße, was hast du heute noch vor?", fragte mein Vater. Ich hatte ihn heute morgen nur kurz gesehen. Danach war er auf den Markt gegangen, während ich gearbeitet hatte.
"Ich gehe noch was trinken."
"Mit Antoine?"
Ein Stich ging durch meine Brust, als ich seinen Namen hörte.
"Nein. Das ist erledigt. Ich wurde von jemandem eingeladen. Fernando heißt er."
Ich sah meinem Vater eine gewisse Enttäuschung an. Dann jedoch Neugier.
"Ich hoffe nicht wieder ein Fußballspieler." Er lachte.
"Nein, aber erst Trainer einer Jugendmannschaft."
"Hauptsache er macht dich nicht unglücklich." Mein Vater hatte bemerkt, wie mich die Trennung fertig machte und sorgte sich.
"Na ja, noch kennen wir uns gar nicht. Also abwarten," wiegelte ich ab.
"Dann werde ich ihn ja gleich kennenlernen." Mein Vater zwinkerte mir zu.
"Halt dich zurück," lachte ich und er stieg mit ein.
"Ich sage kein Ton, versprochen. Ist er das?" Er zeigte auf die Tür, wo gerade Fernando im Türrahmen stand und schüchtern zu mir sah. Er kam auf mich zu. Hände in den Hosentaschen und die Schultern hochgezogen.
"Hey, du siehst toll aus."
"Danke. Fernando, das ist mein Vater." Er gab ihm die Hand und lächelte.
"Wollen wir dann?", fragte ich und nahm meine Tasche vom Tisch, während er nur nickte.
"Bis dann und viel Spaß!" Mein Vater grinste vielversprechend.

Als wir rausgingen, wollte ich grad fragen, wo sein Auto steht, als er mir zuvor kam.
"Wir laufen," sagte er und ich grinste. Ich fand es echt gut, dass wir spazieren gingen. "Es ist übrigens das erste erste Date, bei dem ich den Vater kennenlerne." Er sah mich von der Seite an.
"Und war es sehr schlimm?"
"Nein, gar nicht. Nur außergewöhnlich. Willst du gar nicht wissen, wo wir hingehen?"
"Ich lasse mich überraschen. Außerdem kenne ich diese Gegend auswendig."
"Das heißt, du weißt es schon?"
"Nun ja, du sagtest, wir gehen etwas trinken, also kommen drei Bars in Frage."
"Bars? Nee, ich wollte auch etwas Außergewöhnliches mit dir machen," lachte er und ich schaute ihn verwirrt an.
"Wir gehen aber was trinken ja?"
"Ja, und wir sind gleich da."
Ich überlegte, aber es viel mir einfach nicht ein. Wo wollte er mit mir hin?
Und da blieb er dann plötzlich stehen.
"Meinem Kumpel Chris gehört der neue Laden. Ich wusste nicht, dass ihr ein Restaurant besitzt."
Ich sah herüber auf die andere Straßenseite, da er dort hinzeigte. Klar, hatte ich davon gehört, dass da ein neuer Laden aufmachen sollte, aber was es für einer wird, wusste ich nicht.
"Was ist das für ein Laden?", fragte ich neugierig. "Hat er schon geöffnet?"
"Der erste Abend. Es gibt Kuchen und Kaffee und so. Also eher ein Café, aber morgens möchte er auch Frühstück anbieten."
"Hört sich gut an. Das gab es hier im Viertel lange nicht mehr."
"Na dann, komm!" Er nahm meine Hand und ging mit mir in den Laden. Er war sehr stilvoll und modern eingerichtet. Es gefiel mir dort.
Fernando zeigte mir einen freien Tisch, auf dem ein kleines Schild mit dem Wort 'Reserviert' lag.
Wir setzten uns und er gab mir eine Speisekarte. Es gab wirklich eine riesige Auswahl an Desserts, Kuchen und Milchshakes.
"Ich glaube, ich kann mich nicht entscheiden. Das ist hier wie im Paradies!" Ich sah ihn über meine Speisekarte an und lächelte.
"Freut mich, dass es dir gefällt."
Er war mir wirklich sehr sympathisch, da er unkompliziert und zuvorkommend wirkte.
Plötzlich kam ein etwas dicklicher Mann zu unserem Tisch. Fernando stand sofort auf und begrüßte ihn freudig.
"Elena, das ist Chris. Wie gesagt, ihm gehört das Café. Chris, das ist Elena."
"Oh, das Mädchen, von dem du erzählt hast. Schön, dich kennenzulernen." Chris streckte mir die Hand entgegen und ich schüttelte sie, während Fernando ein leises 'Chris' zischte.
Ich müsste darüber schmunzeln.
"Ganz meinerseits. Es ist wirklich sehr schön hier. Und diese Speisekarte! Ich kann mich gar nicht entscheiden."
Chris schüttelte den Kopf. "Wenn es für euch okay ist, würde ich euch meine Empfehlung geben."
"Oh ja, aber dann als Überraschung! Ich habe gelernt, dass Elena Überraschungen mag." Fernando zwinkerte mir zu und ich nickte. Chris bedankte sich und verschwand in der Küche.
"Woher kennst du ihn?", fragte ich und legte die Karte weg.
"Aus der Schule. Wir sind schon lange befreundet. Er hat damals eine Ausbildung zum Konditor gemacht und  ich wollte Profifußballer werden." Sein Blick senkte sich.
"Du hast selber gespielt?" Ich hatte Angst eine falsche Frage zu stellen.
"Ja. Ich habe mich kurz vor meinem ersten Erstligaspiel verletzt. So stark, dass ich meine Karriere beenden musste, noch bevor sie angefangen hatte. Der Clubboss bot mir dann an, einen Trainerschein zu machen."
"Das tut mir Leid."
"Muss es nicht. Es war eine kluge Entscheidung. Wenn ich sehe, wie sich die Jungs teilweise kaputt machen, bin ich froh, dass ich nicht auf dieser Welle mit schwimmen muss." Er grinste mich an.
"Da hast du allerdings Recht." Ich musste an Antoine denken, da er sich zu viel Druck macht.
"Ich weiß, an wen du denkst, aber irgendwann, wird er zu Vernunft kommen. Spätestens, wenn sein Körper ihm Anzeichen gibt und ich denke, dass passiert schon."
Ich dachte darüber nach und ich musste ihm Recht geben, beziehungsweise hoffte darauf, dass Antoine es auch verstand.
"Lass uns das Thema wechseln. Bist du hier in Valencia geboren?"
Er nickte. "Und du?"
"Auch."
"Meine Familie und ich waren öfter bei euch essen, aber ich war leider lange nicht mehr da, sonst wären wir uns schon früher begegnet. Arbeitest du dort oder machst du etwas Anderes?"
"Nein, ich arbeite dort. Ich kann mir auch nichts Anderes vorstellen. Im Gegensatz zu meinem Bruder. Er studiert und war noch nie dafür zu begeistern. Hast du Geschwister?"
Irgendwie fühlte ich mich richtig wohl. Es war, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen.
"Einen großen Bruder. Er hat schon eine eigene Familie."
Wir redeten über unsere Familien und unseren Job bis Chris mit der Süßspeise zu unserem Tisch kam.
"Wow, das sieht fantastisch aus."
"Danke, einen Erdbeershake und ein Himbeermousse mit einem Weißeschokoladenkuchen und Maracujastückchen. Auch Sonnenuntergang genannt." Er hatte Recht, es sah aus, wie ein Sonnenuntergang. Die Farben spiegelten genau das dar.
"Das sind genau meine Lieblingsfrüchte. Woher weißt du das?"
"Intuition. Lasst es euch schmecken!"
Und das taten wir.

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