Kapitel 195 - Das ist Pflicht

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Normlerweise hasse ich ja Klischees, aber hier musste es mal sein.

Harry

Der Hochzeit meiner Mutter läuft wie am Schnürchen. Raven sieht toll aus, meine Mum ist glücklich, genauso wie der ganze Rest. Natürlich verläuft die Trauung nicht ohne, dass meine beiden Tanten Kerstin und Josephine laut aufheulen und die Aufmerksamkeit komplett auf sich ziehen, während Robin und Mum ihre Eheversprechen vorlesen.

Aber da jeder einzelne damit gerechnet hat, werden sie nicht mal weiterhin beachtet.

Dennoch muss ich zugeben, dass das Ambiente wirklich gut geworden ist. Raven und ich wurden heute Morgen schon von meiner Mutter um acht Uhr wachgeklingelt, damit wir bei den ganzen Vorbereitungen mithelfen, aber es hat sich gelohnt.

Robin und Mum stehen auf einer Art Bühne am Strand, im Hintergrund das Meer mit der Sonne, die langsam hinabsteigt.

Ich sitze mit Onkel Heath in der ersten Reihe der Sitzplätze und muss ab und zu mal einen dreckigen Spruch über ein paar Gäste über mich ergehen lassen, oder diesen unvergleichbaren Schweißgeruch, der durch die Hitze noch intensiver ist. Aber ich habe den perfekten Blick auf Raven.

Sie steht in ihrem Kleid und den hohen Schuhen neben meiner Mutter zwischen Kerstin und Josephine und lächelt die ganze Zeit über. Raven ist ganz klar die Schönste Frau hier, daran zweifle ich keinen Moment. Selbst Mum sieht neben ihr aus wie ein Mülleimer, auch wenn sie ein Hochzeitskleid trägt. Raven liebt es hier, das wusste ich schon von der ersten Sekunde an. Als Mum und Robin sich die Ringe überstreifen, verliert auch sie die Beherrschung und lässt die ein oder andere Träne fliesen. Ab und zu blickt sie zu mir und muss sich das Lachen verkneifen, weil ich ständig irgendwelche Gesichter ziehe, doch im Großen und Ganzen hätte ich nicht gedacht, dass alles so reibungslos verlaufen würde.

Der Abend kommt immer näher, die Sonne ist fast untergegangen und alle haben sich an den runden Tischen versammelt die auf einem Podest neben dem Strand aufgestellt wurden, damit das Buffet eröffnet werden kann und der ein oder andere eine Rede halten kann.

„Das ist wirklich die schönste Hochzeit auf der ich je war", flüstert Raven mir zu, als meine Mutter gerade auf die kleine Bühne steigt, um ein paar Worte zu sagen.

Ich lege meine Hand auf ihr Bein und sehe sie an. „Warst du denn jemals auf einer Hochzeit?"

„Nein, eigentlich nicht." Sie verdreht die Augen, weil ich sie mit erhobener Braue ansehe. „Aber wahrscheinlich wird es trotzdem die schönste Hochzeit sein, auf der ich je sein werde."

Ich kneife ihr kurz in den Schenkel. „Sei dir da mal nicht so sicher. Noch sind wir nicht verheiratet."

„So, ich bitte um eure volle Aufmerksamkeit!", dröhnt die Stimme meiner Mutter durch das Mikrofon.

Alle an den Tischen stellen die Gespräche ein und Raven rutscht nahe mit ihrem Stuhl zu mir ran und legt grinsend ihren Kopf auf meine Schulter.

„Okay", sagt meine Mutter, als komplette Stille herrscht. „Erst mal möchte ich jedem danken, der heute gekommen ist. Ich weiß, dass viele fast gefeuert wurden, weil sie einfach unter der Woche zu meiner Hochzeit gegangen sind, deswegen geht ein besonderer Dank an Josephine. Die hoffentlich nicht gefeuert wurde."

Josephine hebt ihr Sektglas in die Luft. „Und wie ich gefeuert wurde!"

„Josephine, das solltest du eigentlich erst nach der Hochzeit preisgeben!", meckert Kerstin und zieht Josephines Arm runter.

Alle lachen, Raven und mir eingeschlossen. Sie kuschelt sich noch enger an mich.

„Okay, gut zu wissen", lacht Mum und fährt fort: „Ich hoffe, dass euch die Hochzeit gefallen hat und es noch immer tut und ich hoffe auch, dass ihr Robin und mir euren Segen schenkt, damit wir glücklich werden, bis das der Tod und scheidet. Nicht wahr, Schatz? Doch auch, wenn wir alle hier beisammen sitzen, möchte ich, dass wir eine ganz besondere Person nicht außen vor lassen ... Meine Tochter Gemma. Sie hat immer gesagt, dass sie unbedingt möchte, dass Robin und ich heiraten und ich weiß, wie gerne sie heute Abend hier bei uns wäre." Ein paar Tränen bilden sich in Mums Augen. „Ich weiß nicht mal, ob ich diesen großen Schritt gewagt hätte, wenn sie nicht ständig gesagt hätte, dass ich Robin heiraten soll. Sie wollte immer, dass ich einen Mann finde, der gut mit mir umgeht und mich liebt, egal, was passiert. Und ich bin froh endlich diesen Mann gefunden zu haben. Robin, ich liebe dich über alles ... Ich hoffe, das alles war nicht zu emotional."

Die ganze Truppe klatscht, Tante Kerstin und Josephine heulen wieder und auch Raven neben mir schnieft und tupft sich eine Träne mit der Serviette weg.

„Du kannst doch nicht den ganzen Abend weinen", ziehe ich sie schmunzelnd auf und streichle ihr über ihr Bein.

Sie schnieft und lacht leicht. „Ich kann nichts dafür. Das kommt einfach so."

„Auf Robin und Anne!", ruft Onkel Heath und hebt sein Sektglas.

Wir tun es ihm gleich und stoßen alle an.

„So, jetzt wird der Brautstrauß geworfen!", freut sich Kerstin und springt auf, zupft sich an ihrem Kleid rum, dass ihr gefährlich hochgerutscht ist.

„Uh ja!" Josephine folgt ihr etwas weiter weg zu dem Tisch und auch Grandma, Marie, Katharina und Mum folgen ihr.

Ich stupse Raven an. „Du sitzt ja immer noch hier."

Sie sieht mich verwirrt an. „Was?"

„Na, los, stell dich zu ihnen. Du bist Brautjungfer, das ist Pflicht."

Sie sieht zu der Truppe. „Hach, das ist bescheuert. Kerstin und Josephine prügeln sich sowieso darum."

„Jetzt geh schon", sage ich mit rollenden Augen.

Widerwillig steht sie auf und geht zu der kleinen Gruppe an vorfreudigen Frauen.

Mum stellt sich fünf Meter von der Gruppe weiter weg. Raven stellt sich ganz an den Rand, neben Kerstin, die schon aufgeregt auf den Strauß starrt.

„Okay, ihr kennt ja die Regeln!", ruft meine Mutter. „Wer ihn fängt ist die nächste Braut! Oder muss einen Handstand machen, je nachdem, wer schon verheiratet ist!"

„Wirf schon!", rufen Kerstin und Josephine synchron und meine Mutter dreht sich um.

„Weiber", murrt Onkel Heath neben mir und trinkt sein Sekt alle.

Ich lache nur und beobachte Raven, die etwas unbeholfen dasteht und abwartet.

„1", ruft meine Mum. „2! 3!" Der Braut fliegt im hohen Bogen über ihren Kopf in die Truppe.

Und er landet genau auf Ravens Kopf und dann in ihren Händen. Sie scheint erst verwirrt, dann bildet sich ein breites Grinsen auf ihren Lippen. Glücklich hält sie den Brautstrauß hoch und ruft: „Gefangen!"

Alle klatschen und ich grinse Raven breit an. Wenn das mal kein Schicksal ist.

„Harry, Schatz, siehst du das?", ruft Kerstin mir zu und legt einen Arm um Raven. „Deine zukünftige Braut!"

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