Kapitel 152 - Raven und ich sind nicht so

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Findet ihr meine Kapitel eigentlich zu kurz? Oder wollt ihr lieber weniger aber dafür längere Kapitel oder so wie jetzt und halt mehrmals am Tag? I'm confused.

Harry

Meine Laune ist mittlerweile an ihrem Tiefpunkt angelangt, doch trotzdem bin ich mit meinem Mietwagen auf dem Weg in die Fourth Avenue. Immerhin kann Angie auch nichts dafür, dass meine Freundin ein widerspenstiger Sturkopf ist.

Schlecht gelaunt stehe ich an einer Ampel und stütze genervt meinen Kopf mit meiner Hand an der Tür ab. Ab und zu sehe ich immer mal wieder auf mein Handy, um nachzusehen, ob Raven mir schreibt. Tut sie nicht.

Ich hoffe, dass sie mittlerweile einfach in ihrem Bett liegt und schläft, denn bei ihr sollte es mittlerweile zwei Uhr nachts sein. Ich will mir einfach sicher sein können, dass alles okay mit ihr ist. Vielleicht sollte ich Cate anrufen und sie fragen, ob sie weiß, wo Raven steckt und ob sie nicht nach ihr sehen könnte.

Nein, besser nicht. Wahrscheinlich würde das Raven nur noch mehr aufbrausen.

Ich reibe mir über die Stirn, als ich in die Fourth Avenue fahre. Von Weitem sehe ich schon Angie am Straßenrand vor einem mexikanischen Restaurant stehen. Ich halte am Straßenrand und sie entdeckt mich sofort und kommt mit schnellen zu mir. Sie sieht sehr ungewohnt elegant gekleidet aus, sie trägt ein hellrosa Kleid, dass bis zu ihren Schienbeinen geht.

„Tut mir wirklich leid, dass du wegen mir hier her fahren musst", sagt sie und sieht mich entschuldigend an.

Ich starte wieder den Motor und fahre auf die Straße. „Ist schon in Ordnung, ich hatte sowieso nichts zu tun." Ich zwinge mich zulächeln, denn ich würde nichts besser machen, wenn ich Angie mit meiner miesen Laune einschüchtern würde. „Was hast du denn hier gemacht? Stehst du auf mexikanisch?"

Sie seufzt. „Ganz und gar nicht."

„Okay? Hast du das gerade erst rausgefunden, als du davon probiert hast?"

„Nein... Meine Verabredung wollte unbedingt mexikanisch Essen gehen." Ihr Blick ist deprimiert auf ihre Finger gerichtet.

Meine Lippen formen sich zu einem O. Sie muss versetzt worden sein, deswegen trägt sie wahrscheinlich auch das Kleid. Sogar ihre Haare trägt sie offen und sie fallen ihr in Wellen über die Brust. Sie sieht wirklich schön aus. Doch darauf kann ich mich keine Sekunde konzentrieren, denn meine Gedanken kreisen um Raven.

„Er ist ein Arschloch, wenn er dich versetzt."

Angie sieht mich fast erschrocken an. „Was?", fiept sie.

„Ja, wirklich. Du siehst klasse aus, ich weiß nicht, wie man so blind sein kann. Deswegen muss er wohl ein Arschloch sein."

Sie errötet sofort und sieht aus dem Fenster, ein kleines Lächeln spiegelt sich auf ihren Lippen.

Wenigstens sie kann ich zum Lächeln bringen, auch, wenn es nur solche kleinen Worte sind.

„Also", sage ich halb lachend, „wo wohnst du denn?"

„Da vorne musst du links."

Ich nicke und sehe zum hundertsten Mal auf mein Handy, um sicher zu gehen, dass ich auch keine Nachricht oder gar einen Anruf von Raven verpasst habe. Wieder nichts.

Viel zu fest lasse ich das Handy wieder in der Ablage zwischen Angie und mir fallen, wodurch Angie kurz aufzuckt.

„Sorry", seufze ich deshalb. „Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich habe nur – Ach scheiß drauf."

Schüchtern beugt sich Angie leicht nach vorne, weil ich mich wieder von ihr abwende. „Ist alles okay?"

„Was meinst du?"

„Du wirkst sehr... angespannt."

Ich tippe mit meinem Finger auf dem Lenkrad rum, als wir wieder an einer Ampel stehen. In so Momenten verflucht man die New Yorker Straßen. „Ich bin angespannt."

„O", macht Angie und lehnt sich wieder zurück. Ich merke, dass sie mich gerne mehr fragen würde, doch sie traut sich nicht.

Deshalb fange ich einfach an. Wahrscheinlich kotzt sich Raven auch gerade bei irgendwem aus, wieso also sollte ich das nicht auch tun? „Ich habe mich eben mit meiner Freundin am Telefon gestritten und jetzt ist die Stimmung zwischen uns beiden – wie soll ich sagen? – beschissen."

„Darf ich fragen, wieso ihr euch gestritten habt?"

Bei dem Gedanken an Ben zerquetsche ich jede Sekunde das Lenkrad. „Da ist so ein Kerl, weißt du? Ich kann ihn keinen Millimeter ausstehen und sie verbringt ständig Zeit mit ihm. Heute Abend war sie mit ihm auf einem beschissenen Ball, ohne mir etwas davon zu sagen. Tja, so war eine nette Konversation aussichtlos."

„Ich verstehe." Sie seufzt. „Das haben Fernbeziehungen so an sich. Diese ständigen Streitereien."

„Nein", erwidere ich mit fester Stimme. „Raven und ich sind nicht so."

Angie sieht wieder betroffen aus dem Fenster. Sie ist aber auch echt verletzlich. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wäre sich mit ihr zu streiten, wahrscheinlich würde sie ständig weinen.

„Tut mir Leid", sage ich deshalb. „Fühle dich bitte nicht angegriffen. Diese ganze Sache geht mir momentan einfach nur an die Nerven. Wenn du etwas zu meiner Situation sagen möchtest, dann kannst du das tun. Ich höre dir zu."

„Ich möchte mich nicht einmischen."

„Tust du nicht. Ich frage dich nach deiner Meinung."

Nach kurzem Schweigen sagt sie einfach: „Deine Freundin muss blöd sein, wenn sie dich mit irgendjemanden betrügen würde."

Ich hebe überrumpelt von ihren Worten die Brauen. Wow, das hätte ich jetzt als letztes erwartet.

„Aber wenn sie dich liebt, dann wird sie das nicht tun. Ich gönne dir nicht so ein Fehlschlag, wie ich ihn damals erleben musste." Angies Miene fällt.

Ich schürze die Lippen. „Danke."

„Aber vielleicht solltest du dir Gedanken darüber machen, was dir wichtiger ist. In einer Fernbeziehung über so eine massive Entfernung muss man meist Prioritäten setzen. Egal, wie sehr sie auch wehtun können. Hier wohne ich", sagt Angie und zeigt auf ein Hochhaus an einer Kreuzung vor uns.

Ich halte davor und mache den Motor aus. „Also glaubst du, dass Fernbeziehungen allgemein keinen Sinn machen?"

„Nein", sagt Angie. „Fernbeziehungen können funktionieren, solange beide dazu bereit sind, sie auch mit allen Mitteln zu führen. Das beinhaltet auch das Vertrauen des anderen nicht auszunutzen. Ich kenne deine Freundin nicht, aber so wie du immer von ihr sprichst, muss sie eine tolle Frau sein, deswegen glaube ich, dass du ihr vertrauen kannst. Aber Prioritäten zu setzen war noch nie falsch in solchen Situationen. Du musst wissen, was du wirklich möchtest." Das ist wahrscheinlich der längste Satz, den Angie je mit mir am Stück gesprochen hat und trotzdem macht es Sinn was sie sagt.

Aber ich weiß was ich möchte, das wusste ich schon die ganze Zeit und das ist Raven. Da geht nichts drüber und wird es auch nicht. Ich frage Angie das nur, um eine zweite Meinung einzuholen.

„Auf jeden Fall", sagt Angie leise, „wäre sie wirklich blind, wenn sie dich betrügen würde." Ihr Mund verzieht sich zu einem schüchternen Lächeln.

Ich lächle ebenfalls. „Danke. Du solltest öfters mehr reden, das steht dir viel besser."

Sie muss leise kichern. „Ich gewöhne mich daran. Möchtest du noch mit nach oben kommen?"

Mir klappt fast die Kinnlade runter. Das hat sie sich gerade wirklich getraut mich zu fragen?

„Ähm", stottert Angie wieder unsicher, als sie meine Reaktion sieht. „Nur wegen den C-Covern. Ich könnte dir noch ein paar zeigen."

Sie tut mir Leid, weil sie versetzt wurde, doch trotzdem kann ich nicht mit ihr nach oben gehen. Das würde die Situation zwischen Raven und mir mit keiner Sekunde verbessern und das ist mir momentan am wichtigstenö

„Nein, tut mir Leid. Ich würde mich irgendwie unwohl gegenüber Raven fühlen... Wir sehen uns ja sowieso morgen an der Arbeit, nicht wahr?"

Errötet und beschämt nickt Angie und steigt aus dem Auto. „Ja. Ja, natürlich. Gute Nacht, Harry."

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