Kapitel 4

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Jan

Das erste, das ich wahrnehme, sind zwei warme Hände, die auf meinem Bauch liegen. Sie gehören zu zwei Armen, die mich festhalten. Nanu, ich kann mich gar nicht erinnern, gestern irgendeine Frau mit nach Hause gebracht zu haben. Ich öffne ein Auge und spähe umher. Moment mal, das ist doch gar nicht mein Zimmer, sondern... Andres. Und ich liege in seinem Bett, wo er mich gestern Abend massiert hat und... danach bin ich wohl eingeschlafen.

Ich drehe den Kopf so weit es geht nach hinten und blicke in Andres leicht zerknautschtes Gesicht. Die Haare fallen ihm verwuschelt in die Stirn. Das sieht unglaublich süße aus. Ich drehe mich langsam in seinen Arme, damit ich ihn nicht aufwecke. Dann streiche ich ihm behutsam eine Strähne aus dem Gesicht. Er sieht so unschuldig und kindlich aus, wenn er schläft. Ich betrachte seine weichen Gesichtszüge, die Nase, den Bart und seine blassen Lippen. Unsere Körper sind nur wenige Millimeter voneinander entfernt. Wie gern würde ich diesen Abstand überbrücken, um ihn zu küssen. Wie es sich anfühlt, wenn seine Lippen meine berühren?

Oh Mann, habe ich das gerade wirklich gedacht? Ich muss verrückt sein. In dieser Sekunde öffnet Andre die Augen und ich verliere mich in dem unergründlichen Grün. Ein Lächeln zaubert sich in sein hübsches Gesicht.

„Wie geht es dir?" Seine Stimme klingt tief.

„Dsche?" Da ich nicht antworte, zieht er seine Hände weg. Doch ich stoppe ihn auf halbem Weg und ziehe sie wieder zu mir her. Jetzt sieht er verwirrt aus. Sein Blick ruht fragend auf mir. Na toll, jetzt hab ich alles vermasselt. Ich stehe wortlos auf, gehe ins Bad und stelle mich unter die eiskalte Dusche. Das hilft ein wenig, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Was ist nur los mit mir?


 

Andre

Jan ist duschen. Ich hätte ihn gestern Abend wecken sollen. Ich hätte mit ihm darüber reden sollen. Ich hätte ihn niemals massieren dürfen. Ich hätte mich niemals in ihn verlieben dürfen. Ich HÄTTE; HÄTTE; HÄTTE...

Vom vielen Nachdenken bekomme ich Kopfschmerzen. Ich drehe mich auf den Bauch und vergrabe meinen Kopf in dem Kissen, auf dem zuvor Jan lag. Sein Duft beruhigt mich, gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit. Warum kann er jetzt nicht hier neben mir liegen. Ach ja richtig: weil er verdammt noch mal nicht so ein schwuler Versager ist wie ich. Ich könnte mich selbst ohrfeigen. Warum gerade ich?!

Ich ziehe mir die Decke über den Kopf, um die Realität für eine kurze Weile zu vergessen. Das klappt eigentlich immer. Ich spüre Jans Wärme, die noch immer an meiner Bettdecke klebt wie ein Eis in der Sonne, das langsam aber sicher zu schmelzen beginnt, bevor es ganz verschwindet. Ich will nicht, dass die Wärme verschwindet, ich will nicht, dass Jan verschwindet. Ich atme seinen Duft tief ein und schließe die Augen. Ich muss ihn vergessen.

Im selben Augenblick wie ich das denke, merke ich auch schon, wie lächerlich und einfach unmöglich das ist, wenn man jemandem, mit dem zusammen wohnt und den man mindestens 18 Stunden an sieben Tagen pro Woche um sich hat, vergessen will. Ganz toller Plan, Andre. Dazu müsste ich wohl ausziehen oder zumindest „Urlaub" nehmen, falls es so was bei einem Youtuber überhaupt gibt. Aber voraussichtlich würde das eh nichts ändern. Wir können unseren Kanal und unsere Fans nicht enttäuschen, nur weil ich verwirrt bin. Kommt gar nicht in Frage.

Lasst gerne Sternchen da, das würde mich sehr freuen und zeigen, dass ich noch weiter hochladen soll. :)


Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt