Kapitel 56

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Andre

Wir sitzen zu dritt in der Sonne am Rhein, die Boards lehnen an einer Mauer. Es ist warm und die Luft riecht nach Frühling. Die Vögel zwitschern, ansonsten ist es ruhig, obwohl wir mitten in Köln sind. Es könnte nicht schöner sein. Ok, vielleicht doch. Zum Beispiel mit Jans Kopf auf meiner Schulter und seinen Haare, die meine Wange kitzeln. Aber man kann nicht alles haben. Schließlich ist Cengiz dabei.

Ich frage mich schon seit längerem, was er wohl sagen würde, wenn ich wir ihm erzählen würden, was letzte Nacht passiert ist. Ich werfe Jan einen verstohlenen Blick zu. Er liegt zwischen uns im weichen Gras, trägt meine Sonnenbrille und schaut in den , strahlendblauen, wolkenlosen Himmel. Dabei summt er leise vor sich hin. Ich weiß, dass er gerade genau so zufrieden ist wie ich. Ich lasse mich neben ihm ins Gras fallen, gerade so nah, dass Cengiz keinen Verdacht schöpft. Zum Glück ist er gerade eh mit seinem Handy beschäftigt. In Gedanken versunken fahre ich mit meinen Fingern durch die grünen Grashalme, reiße ein kleines Büschel aus der Erde und lasse es über Jans Gesicht regnen. Lachend hält er eine Hand nach oben, um das Gras abzufangen, was ihm nicht recht gelingt. Die Halme verfangen sich in seinen Haaren und verteilen sich auf seinem T-Shirt.

„Du bist so ein Depp!"

„Bin ich das?", frage ich, wobei meine Stimme fast schon verträumt klingt.

Er gibt mir einen Knuff mit dem Ellbogen, was mich nur noch mehr zum Lächeln bringt.

In diesem Moment klingelt Cengiz Handy. Er meldet sich und hat damit meine und Jans Aufmerksamkeit. Am anderen Ende der Leitung hört man mehrere Leute durcheinander reden. Ich forme ein lautloses „Wer?" mit den Lippen, worauf Cengiz jedoch nicht reagiert. Da ich und Jan außer Cengiz Antworten nichts mitbekommen, wird uns das zuhören bald wieder langweilig und ich zücke mein Handy.

„Der Depp hatte gerade eine nice Idee für heute Abend. Was hältst du davon, wenn wir gemeinsam essen gehen. Nur wir zwei?"

Ich stecke mein iPhone wieder in die Hosentasche und beobachte grinsend, wie Jan mit ahnungslosem Blick seins herausholt, weil es vibriert hat. Ich sehe seinen verwirrten Blick, als er sieht, dass ich es bin, der ihm geschrieben hat, obwohl wir keine zwei Meter entfernt voneinander liegen. Die Verwirrtheit wicht aber schnell wieder aus seinem Gesicht und verwandelt sich in ein Lächeln. Er tippt. Dann steckt er wiederrum das Handy weg und wirft mir einen unauffälligen Blick zu. Mein Herz klopft wie wild, als ich so gleichgültig wie möglich wieder mein iPhone aus der Hosentasche fische und das Display entsperre.

„Soll das etwa ein Date sein?", hat er geschrieben und dazu diesen anzüglich grinsenden Smiley, den wir beide in letzter Zeit ständig verwenden, wenn wir uns was über Whatsapp schicken.

Ich überlege kurz und antworte: „Das hättest du wohl gerne..."

Als ich zu Jan schaue, hat dieser schon sein Handy in der Hand. Wir bleiben einfach beide online, dann ist es eh viel weniger auffällig. Bestimmt beobachten uns wieder "heimlich" irgendwelche Fans, da können wir fast sicher sein. Aber es sieht bestimmt so aus, als ob wir nur zufällig beide mit unseren Handys beschäftigt sind. Muss ja keiner wissen, dass wir uns gegenseitig schreiben.

„Stimmt, hätte ich wirklich gerne." Mein Herz macht einen Satz, als ich das lese und ich muss einfach zu Jan gucken, der in genau der gleichen Sekunde aufschaut. Unsere Blicke treffen sich und seine blauen Augen strahlen mich an. Mal wieder verliere ich mich in ihnen, ohne etwas dagegen machen zu können. Das geht mir in letzter Zeit wirklich ständig so, sodass ich langsam echt Angst habe, Cengiz könnte irgendwas bemerken und uns auf der Stelle zur Rede stellen.

„Jungs, ist es ok, wenn Nico, Sascha, Ju und Vince nachher noch bei uns vorbei kommen, um nen paar freshe Videos zu drehen?" Auch diesmal reißt der Cengole mich aus meinen Gedanken und zerstört den Moment zwischen mir und Dsche.

„Ähhhhm, was?" Jan blinzelt und starrt etwas verwirrt zwischen mir und Cengiz hin und her.

„Ob Nico, Sascha, Ju und Vince später zu uns kommen können für Videos und so...?", wiederholt Cengiz bereitwillig noch mal seine Frage. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er was gecheckt hat, aber er lässt sich nichts anmerken, sondern tut so, als wäre alles vollkommen normal. Seltsam, vor Kurzem war er noch so neugierig und jetzt...

„Natürlich!", Jan nickt eifrig, „Wir brauchen eh noch ein TV Video."

Mein Blick klebt immer noch an ihm, während ich mir darüber den Kopf zerbreche, was zu Cengiz Sinneswandel geführt haben könnte. Hat Jan ihm etwa was erzählt? Das wäre ziemlich... Oder hat er uns gestern Abend gehört? Aber warum hat er uns dann bisher nicht darauf angesprochen? Vielleicht ist er irgendwie anders dahinter gekommen. Oder er hat einfach das Interesse an der Sache verloren. Das wäre aber eher unwahrscheinlich, so wie ich ihn kenne, kann er echt hartnäckig sein, wenn es um so was geht...

„Kommst du, Andre?", Jan drückt mir mein Board in die Hand und stellt sich auf die Zehenspitzen. Seine Lippen sind meinem Ohr und meiner Wange sehr nahe, wodurch sich mein Herzschlag sofort beschleunigt. Er wird doch nicht... Nein, doch nicht hier in der Öffentlichkeit... 

„Starr mich nicht so auffällig an!", raunt er mir zu und genauso schnell und überraschend wie die Nähe zwischen uns entstanden ist, hat er sich auch schon wieder von mir entfernt und schnappt sich sein Longboard. Der Cengole ist, wie mir erst jetzt auffällt, schon ein Stück voraus gelaufen und telefoniert immer noch.

„Ich weiß doch, dass du dich an mir nicht satt sehen kannst, aber wenn du so weiter machst, kannst du dir gleich ein Schild umhängen mit der Aufschrift Für mich ist Jan Meyer das geilste Sahneschnittchen, das es gibt..." Er bricht in schallendes Gelächter aus, während ich krampfhaft versuche, nicht rot zu werden. Wahrscheinlich sehe ich aus wie eine Tomate.

„Na warte!" Noch immer glucksend, springt er blitzschnell auf sein Board, als ich ihn mir schnappen will. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als ihm hinterher zu fahren und ihn mit bösen Blicken zu bombardieren.


„Andre läuft schon das Wasser im Mund zusammen!", ruft er mir zu, indem er sich umdreht.

„Stimmt ja gar nicht!"

„Stimmt doch!" Sein Lachen ist so ansteckend, dass ich automatisch mitlachen muss.

„Tut es nicht! Und außerdem hast du immer noch Gras in den Haaren, du kleiner Spast..."


 


 

Leute, was soll ich sagen... hatte MEGA Spaß an dem Kapitel und habe mich unglaublich über die Kommis zur Info gefreut. :D Anscheinend haben mich ja doch ein paar Leutchen vermisst... ;)



 

Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt