Kapitel 51

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*Zeitsprung - nächster Morgen*

(immer noch Andre)

Ich klopfe an Jans Zimmertür. „Komm rein, Andre!"

Verdutzt drücke ich die Klinke herunter und öffne die Tür. „Woher weißt du, dass ich es bin?" Ich betrete sein Schlafzimmer. Er bezieht gerade sein Bett neu.

Er wirft mir einen kurzen Blick zu, wendet sich aber sofort wieder seinem Spannbettlacken zu.

„Das höre ich."

Ich verstehe das immer noch nicht so recht. „Wie denn?"

Er bleibt still und ich denke schon, dass ich ihm auf die Nerven gehe und er mir nicht mehr antworten wird, doch dann sagt er leise: „Naja... deine Schritte... Ich erkenne sie am Klang."

Ich bin ziemlich verwirrt. Er kennt mich so genau, dass er bereits durch meinen Gang weiß, ob ich das bin oder nicht? Mich von Cengiz zu unterscheiden anhand der Gangart dürfte nicht schwer sein. Aber es könnte ja auch Cheng sein. Oder Stephan. Sarah, Melina, Regina...

„Was wolltest du denn?" Mir fällt auf, dass ich schon wieder in meinen Gedanken versunken bin und dabei wohl mit einem wenig geistreichen Blick vor mich hingestarrt habe. Jan ist inzwischen mit dem Beziehen seines Bettes fertig und seine blauen Augen ruhen auf meinem nackten Oberkörper. Ich erwische ihn, wie er weiter nach unten schaut und schluckt, weil ich nur eine Boxer trage.

„Ich wollte eigentlich nur fragen... ob du mir ein T-Shirt leihen kannst, mein Schrank ist was das angeht nämlich leider komplett leer gefegt."

„Warte, ich schau mal..." Er öffnet seinen Kleiderschrank und wühlt zwischen den Klamotten herum. Seine Mutter würde ausrasten, wenn sie sehen könnte, was er da macht.  Aber ich bin im Ordnung halten wirklich keinen Deut besser.

„Sieht leider auch nicht grade gut aus. Ist wahrscheinlich auch noch einiges in der Wäsche."

„Shit...", murmele ich.

„Ist doch eigentlich egal. Zieh doch ne Hose an und dann passt das... So wie sonst auch immer." Er legt einige bei seiner Suche heraus geholten Sachen wieder zurück.

„Ja schon, aber ich sollte gleich noch ein Geburtstagsgeschenk für meine Mutter kaufen. Aber ich schaue mal, ob ich bei Cengiz was finde..." Ich drehe mich um und steuere schon die Tür an, als er mir nachruft.

„Warte mal, du kannst ja meins haben."

„Was?"

„Du bekommst das Shirt, was ich grade anhabe. Ich meine, natürlich nur, wenn es für dich ok ist."

„Ähm... klar." Ich nicke. Er greift nach dem Saum des Stoffes und streift ihn sich über den Kopf. Diesmal bin ich derjenige, der starrt. Und zwar auf sein Sixpack, das sich unter seinen Bewegungen leicht anspannt. Ich beobachte das Spiel seiner Bauchmuskeln unter der ebenmäßigen, leicht gebräunten Haut. Ein seltener Anblick, denn normalerweise läuft Jan fast nie ohne T-Shirt herum so wie ich. Doch offenbar hat auch er ordentlich trainiert. Er holt mich zurück in die Realität, indem er flucht, weil er mit seinem Armband an einem der Ärmel hängen geblieben ist.

„Warte, ich helfe dir!" Ich trete an ihn heran und versuche, den silbernen Anhänger zu befreien, der sich in dem Stoff verheddert hat. Doch das kleine Ding erweist sich als hartnäckiger, als ich gedacht hätte. Zudem macht mich Jans Blick immer nervöser, weil er mich aufmerksam von der Seite betrachtet. Nach einigem Ziehen und Zupfen bekomme ich das Ding endlich frei, ohne das Armband oder das T-Shirt zu zerstören. Ich schaue auf. Direkt in Jans tiefblaue Augen. Ein Schauder durchläuft mich. Wie kann man so schöne Augen haben?

Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt