Kapitel 38

700 61 12
                                    

Jan

Andre telefoniert schon eine ganze Weile mit Ado. Scheint irgendwas Wichtiges zu sein. Schließlich kommt er ins Arbeitszimmer, wo Melina und ich an den neuen Videos für die jeweiligen Kanäle arbeiten.

Er stellt sich hinter meinen Stuhl und schaut mir über die Schulter, wobei er mir so nahe kommt, dass ich sein After Shave riechen kann. Konzentriert starre ich weiter auf den Bildschirm, um mich nicht schon wieder von ihm ablenken zu lassen.

„Gut machst du das!", sagt er nach einer Weile. So was habe ich aus seinem Mund noch nie gehört. Da kommt eher was wie „Jan, unser Master-Cutter". Ich freue mich über das schlichte Lob und lächle, jedoch ohne ihn dabei anzusehen, denn sonst würde jeder Blinde merken, wie verschossen ich in ihn bin. Und gerade wenn Melina im Raum ist, wäre das nicht unbedingt vorteilhaft.

„Ich fliege morgen nach Berlin." Diese Neuigkeit raubt mir sofort das kleine Bisschen der von Andre ohnehin schon stark geschwächten Konzentration. Ich löse meinen Blick vom Bildschirm und sehe ihm nun doch in die Augen. In ihnen suche ich nach einem Anzeichen seiner Gefühle. Ich kann jedoch nichts erkennen, was mir irgendetwas über seine Meinung oder seine Haltung mir gegenüber verrät. Typisch Andre. Er lässt fast nie jemanden an sich heran oder zeigt keinem, was er wirklich denkt. Ich kann nicht sagen warum, doch auf der einen Seite stört mich das und auf der anderen Seite finde ich diese Eigenschaft an ihm besonders anziehend. Noch immer schauen wir einander in die Augen und keiner unterbricht den Blickkontakt. Langsam muss das echt komisch wirken, denn Melina räuspert sich.

„Was machst du denn in Berlin, Andre?"

Kurz huschen seine dunklen Augen zu ihr, doch fast sofort kehrt sein Blick wieder zu mir zurück.

„Ich und Ado haben einen Live-Auftritt beim ZDF Frühstücksfernsehen."

Er fährt sich durch die Haare und ich erwische mich dabei, wie ich nervös mit den Fingern auf der Tischplatte herum trommle.

„Soll ich dir ein Hotelzimmer buchen?", frage ich mit einem leichten Unterton, um herauszufinden, ob er an das Gleiche denkt wie ich.

Er beißt sich auf die Unterlippe und schüttelt den Kopf. „Ne, das hat Ado schon gemacht." War da vielleicht ein Hauch von Bedauern in seiner Stimme oder bilde ich mir das nur ein?

„Aber ich würde mir das Hotel gern mal im Internet anschauen, damit ich weiß, wo es ist."

Aha, so sieht es aus. „Würdest du mal für mich googeln?"

Ich nicke und tippe den Namen ein. Vor uns erscheint eins dieser super noblen Dinger, mit Sicherheit schweineteuer. Andre wirkt zufrieden.

„Sieht ja ganz nice aus, würde ich mal sagen." Ich kann ihm nur zustimmen.

Melina schiebt sich neben uns. „Junge, Junge, das nennt ich mal ein fünf Sterne Hotel. Ich komme mit dir mit, ok? Ich gebe mich einfach als Groupie aus..." Wir lachen alle drei, obwohl mir nicht zum Lachen zu Mute ist.


 

Andre

Jan sitzt immer noch am Computer und lädt gerade das fertige Video hoch. Ich verziehe mich in mein Zimmer, um schon mal meine Tasche zu packen. Eigentlich mache ich das immer auf den allerletzten Drücker, aber im Moment habe ich eh Langeweile. Also stopfe ich Unterwäsche, einen Pulli, eine Jogginghose, eine Jeans und Socken in meinen Rucksack. Dann hole ich Duschgel, Deo und Haarspray aus dem Badezimmer. Das Handyladekabel und Kopfhörer sind auch wichtig. Und natürlich mein iPhone.

„Am liebsten würde ich mitkommen." Ich habe gar nicht gemerkt, dass Jan im Türrahmen lehnt und mir zusieht.

„Aber dann würden die anderen uns noch weiter mit seinen Fragen löchern und Ado hat auch nur für mich gebucht..."

„Du hast ja recht!" Er seufzt tief, dreht sich um und will mein Zimmer wieder verlassen, doch ich halte ihn am Arm zurück.

„Hey, es sind ja nur zwei Tage. Ich werde so schnell wieder zurück sein, dass du wirst gar nicht merken wirst, dass ich weg war." Ich greife nach seiner Hand und streiche mit meinem Daumen sanft über seinen Handrücken.

„Schön wär's!" Seine blauen Augen wirken matt und ihnen fehlt jeder Glanz.

„Wir telefonieren einfach, ok? Ich verspreche es dir!" Damit nehme ich ihn in den Arm. Lange stehen wir so da und keiner will diesen Moment der körperlichen Nähe unterbrechen. Schließlich löse ich mich zögerlich von ihm und sehe ihm wieder in die Augen.

„Ich werde dich vermissen, Dsche." Endlich kann ich ihm doch ein Lächeln entlocken.

„Ich dich auch...", murmelt er und schlägt den Blick nieder.

Wie er da so mit hängendem Kopf vor mir steht, fühle ich mich total schlecht. Aber was soll ich machen? Zwei Tage werden wir das schon schaffen.

*Zeitsprung*

Ich umarme Sarah und Melina, danach Cengiz und zuletzt Jan. Er lächelt mich tapfer an, obwohl wir beide ziemlich traurig sind. „Es sind ja nur zwei Tage!", sage ich mir immer wieder. „Nur zwei!"

Ich hole tief Luft und ziehe ihn an mich. Sein schmaler Körper an meinem fühlt sich warm an. Da ich von den anderen abgewandt stehe, erlaube ich es mir, kurz die Augen zu schließen, um das wohlige, vertraute Gefühl von Glück noch besser wahrzunehmen, das er in mir hervorruft. Wir wissen beide, dass wir uns nicht zu lange in den Armen liegen dürfen, weil es sonst verdächtigt wirkt. Cengiz beobachtet uns sicher schon mit kritischem Blick. Darum lasse ich Jan schweren Herzens los und schultere meinen Rucksack. Ich greife nach meinem Skateboard, das neben Jans Longboard im Flur an der Wand hängt und drehe mich noch einmal um.

„Machts' gut, Waixrs! Bis in zwei Tagen!" Ich winke ihnen zu, mein Blick streift flüchtig ihre Gesichter und bleibt an Jans hängen. Seine tiefblauen Augen wollen mich nicht loslassen. Doch ich reiße mich fort und trete zur Tür hinaus. Es kommt mir vor, als wäre es ein Abschied für immer.


Trauriges Kapitelende, dabei bin ich grade mega happy!!! *-*

Grund 1: Hab die Fahrprüfung bestanden :D (endlich!), Grund 2: Heute Abend gehen wir essen zur Feier des Tages, Grund 3: Meine Freundin kommt nachher noch vorbei, um mich zu beglückwünschen und wir backen Cookies, Grund 4: Es sind Ferien!!! Besser kann das Leben echt nicht sein!!!

Ich hoffe es geht euch auch so gut wie mir grade und wünsche euch viel Spaß mit dem Kapitel... :) (war übrigens vorgeschrieben, daher passt es nicht zu meiner derzeitigen Stimmung)


 

Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt