Kapitel 21

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Jan

Wie erwartet ist die Disco proppenvoll. Wir quetschen uns durch die Menge an tanzenden Menschen zur Bar durch. Da es kein Vortrinken gab, müssen wir das jetzt erst mal nachholen. Ich lasse mich auf einem Barhocker direkt neben Andre nieder und wir bestellen beide einen Shot. Ich stürze das kühle prickelnde Getränk auf einen Schluck herunter und spüre, wie der Alkohol mir warm die Kehle herabrinnt.

Wir trinken immer weiter, einen nach dem anderen, bis ich beschließe, eine kurze Pause einzulegen. Ich lasse meinen Blick über die Tanzfläche streifen. Kein Gesicht, das mir irgendwie bekannt vorkommt oder ins Auge sticht. Ich spüre Andres Blick auf mir und frage mich, was er wohl denkt, als er mich mit einer Mischung aus Bedauern und Aufforderung ansieht. Ich bleibe in seinen grünen Augen hängen wie so oft in letzter Zeit. Die Reflektionen von den bunten Lichtern auf der Tanzfläche spiegeln sich darin und lassen sie noch größer und dunkler wirken. Ich bin wie gefangen in seinem intensiven Blick, nehme nichts war außer ihm. Wie macht er das nur? Wie kann ein Mensch solche Augen haben? Ich merke kaum, dass ich mich ein wenig zu Andre hinüberbeuge. Auch er kommt mir leicht entgegen. Unsere Gesichter bewegen sich unaufhaltsam aufeinander zu wie der Nordpol und der Südpol eines Magneten. (Ham wir ja alle schon in Physik gelernt :D)

„Hey, wollt ihr noch was bestellen? Oder was wird das hier?" Der Barkeeper reißt mich so plötzlich aus Andres Bann, dass ich beinahe von meinem Hocker kippe. Ich spüre, wie ich augenblicklich rot werde. Zum Glück ist es hier so dunkel.

„Vielleicht solltet ihr zwei euch lieber nen Hotelzimmer nehmen..." Er grinst anzüglich.

Oh Gott, wie muss das denn bitte ausgesehen haben?! Zwei Typen die betrunken am Tresen sitzen und sich verliebt in die Augen sehen. Nein, eigentlich muss man bei uns eher von starren sprechen. Wahrscheinlich hätten wir uns im nächsten Moment sogar geküsst. Und dabei war mein Plan für heute Abend doch im Grunde ganz anders gewesen. Ich hatte mich selbst von Andre ablenken wollen und auch ihn von mir.

Vielleicht ist das mit der Sache zwischen uns ja nur eine seltsame Phase, weil wir beide total untervögelt sind. Jedenfalls habe ich versucht, mir das einzureden, weil ich merke, dass Andre das Ganze ziemlich belastete. Ich hatte austesten wollen, ob ich mich noch genauso für Frauen interessiere wie früher, ob ich auch ein so unglaubliches Gefühl spüre, wie wenn ich Andre küsse. Aber stattdessen ist es in die gegensätzliche Richtung abgedriftet. Na ganz toll.

Ich entscheide, dass es an der Zeit ist, sich mal kurz zu verdünnisieren, da ich unbedingt ungestört nachdenken muss.

„Ich geh mal eben aufs Klo, ok?" Ohne Andres Antwort abzuwarten, rutsche ich von meinem Barhocker und begebe mich schnellstmöglich zur Toilette. Dort schließe ich mich in einer der Kabinen ein und atme tief durch. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, mit Andre allein hierher zu gehen? Was hätten wir gemacht, wenn der Barkeeper uns nicht unterbrochen hätte? Ich vergrabe das Gesicht in den Händen. Ich bin definitiv noch nicht betrunken genug, um mir das vorzustellen.

Nachdem ich weitere zehn Minuten tatenlos auf dem Klodeckel rum gesessen bin, erhebe ich mich seufzend, weil jemand gegen die Tür hämmert.

„He, mach mal sneller, isch glaub isch muss...", nuschelt jemand.

Ich reiße die Tür auf und sehe ein Mädchen vor mir, dass sich eine Hand vor den Mund presst. Bevor sie sich auf direkt auf meine Schuhe übergibt, springe ich schnell zur Seite und ergreife die Flucht. Mann, was macht die überhaupt auf dem Männerklo?! Schon schlimm, wenn man so besoffen ist wie die. Ich verstehe echt nicht, wie man es dermaßen übertreiben kann.

Als ich wieder die Tanzfläche betrete und mich zwischen den Leuten durch zu Andre schiebe, sehe ich schon von Weitem, dass er nicht alleine ist. Eine junge Frau mit langen blonden Haaren lehnt neben ihm am Tresen. Ich höre ihr helles Lachen bis zu mir herüber schallen, als sie sich zu Andre vorbeugt. Ich spüre einen tiefen Stich in der Magengegend, als ich sehe, dass er ebenfalls lächelt. Jetzt greift sie nach seiner Hand, um ihn auf die Tanzfläche zu ziehen. Er wehrt sich nicht. Leicht schwankend lässt er sich von ihr mitreißen. Ich verfolge die beiden mit meinen Augen, doch schon bald sind sie in der Menge aus meinem Blickfeld verschwunden.

Eigentlich sollte ich mich jetzt freuen. Andre ist auf dem besten Weg, mich zu vergessen und mir stehen alle Möglichkeiten offen, mir einen schönen Abend zu machen. Nur die allerschönste bleibt mir verwehrt. Ich könnte mich selbst ohrfeigen für das, was ich da denke. Für meine beschissene Eifersucht. Ja, ich bin wirklich eifersüchtig. Anders kann man das, was ich empfinde nicht beschreiben.


 


Tut mir wahnsinnig leid, dass das Kapitel nicht wie versprochen gestern kam. Aber dafür ist es ein bisschen länger. War heute in Stuttgart Geschenke einkaufen - ja ich weiß ich bin früh dran :)


Und ihr so? Wünsche euch auf jeden Fall frohe Weihnachten und schöne Feiertage!!! Vergesst nicht am 25.12. vorbeizuschauen. :)



Memories never die | JandreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt